Dänemark, Schweden, die Niederlande, aber auch Großbritannien und die Schweiz gelten international als vorbildliche Länder, wenn es um kapitalgedeckte Elemente im Pensionssystem geht. Der Sinn und Zweck dahinter: Das traditionelle staatliche Umlageverfahren, bei dem Beiträge der Arbeitnehmer die Renten der Pensionisten decken sollen, wird ergänzt um Erträge aus Aktien und Anleihen. So sollen die staatlichen Budgets entlastet werden, aus denen Jahr für Jahr höhere Beiträge zugeschossen werden müssen, damit das schwer unter Druck geratene Umlageverfahren aufrecht erhalten werden kann.
Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Chef der Vienna Insurance Group (VIG), und Ex-Banker Andreas Treichl als Vertreter der Erste Stiftung haben am Mittwoch ihre Initiative vorgestellt, die eine Neuausrichtung des österreichischen Pensionssystems zum Ziel hat. Die beiden Manager haben dazu als Diskussionsgrundlage eine umfangreiche Vergleichsstudie über elf europäische Pensionssysteme bei Monika Köppl-Turyna, Chefin des Forschungsinstituts Eco Austria, in Auftrag gegeben und die Ergebnisse präsentiert.
Der Kern ist: Auch die staatliche, erste Pensionssäule in Österreich könnte, wie in Schweden, um kapitalgedeckte Elemente ergänzt werden, um das Budget zu entlasten und die Höhe der Pensionen auch in Zukunft abzusichern. Denn aktuell sind Österreichs öffentliche Ausgaben für Pensionen die vierthöchsten in der OECD und liegen auch deutlich über dem EU-Durchschnitt. Und wegen des demographischen Wandels ist Besserung nicht in Sicht.
Dafür müsste laut Treichl in einem ersten Schritt die zweite, betriebliche Pensionssäule in Österreich saniert werden. Die Erträge der dafür zuständigen Pensionskassen blieben aufgrund eines engen gesetzlichen Rahmens bisher weit hinter den Möglichkeiten zurück. Gelingt hier eine Reform, könnte man über eine Verzahnung und Ergänzung mit der ersten, staatlichen Säule nachdenken.
Positive Debatte in Alpbach
Auch Löger ist optimistisch bis überzeugt, dass eine umfassend gedachte Reform des Pensionssystems – im Gegensatz zu Einzelelementen wie dem Vorsorgedepot – Eingang finden könnte in das nächste Regierungsprogramm. Eine Debatte in Alpbach unter Sozialpartnern und Pensionsexperten sei diesbezüglich sehr ermutigend gewesen, berichtete Treichl. Insbesondere hätten sich auch Gewerkschafter und eher linke Experten offen gezeigt für die Debatte über das Kapitaldeckungsprinzip. Allen sei sinngemäß bewusst, dass gewissermaßen der „Pensionshut“ brennt.
Wirtschaftsforscherin Köppl-Turyna unterstrich die Vorzüge der internationalen Pensionsmodelle. So haben Länder wie Dänemark oder die Niederlande wesentlich geringere Ausgaben für die Pensionen, die einzelnen Pensionisten bekommen aber durch die kapitalgedeckte Vorsorge wesentlich mehr heraus.
Das zeigt die sogenannte „globale Ersatzrate“ in Prozent des Durchschnittslohns. Die im Englischen „Benefit Ratio“ genannte Ersatzrate liegt in Österreich bei 56 Prozent, in Dänemark beträgt sie 61 Prozent, in den Niederlanden gar 67 Prozent. Aufgrund des demographischen Wandels und weil die Löhne stärker steigen als die Pensionen wird bis 2050 diese Ersatzrate in Österreich von 56 Prozent auf 47 Prozent sinken (und weiter auf 45 Prozent bis 2070).
Eile ist geboten
Der Aufbau eines Kapitalstocks, aus dessen Erträgen später das staatliche Umlagesystem ergänzt werden könnte, dauert freilich ein paar Jahrzehnte. Mittel aus dem ohnehin angespannten staatlichen Budget müssen dafür in den Ansparjahren zur Verfügung gestellt werden. Dennoch sei Eile geboten. Treichl und Löger appellieren daher auch Politik und Sozialpartner möglichst rasch in eine umfassende Debatte einzusteigen, denn jedes ungenutzte Jahr sei wie in der Klimakrise ein verlorenes Jahr, das nicht mehr aufzuholen sei.
Treichl sagt: „Wie die Länderbeispiele zeigen, können kapitalgedeckte Komponenten im Pensionssystem den Wohlstand sichern. Sie haben einen sehr positiven Nebeneffekt: Indem im Budget weniger Geld für Pensionen reserviert werden muss, wird mehr für andere Themen wie die grüne Transformation frei.“ Er will wie Löger das aktuelle „gute“ System „erheblich verbessern“, und sich nicht weiterhin „bei der Diskussion ums Pensionsantrittsalter im Kreis drehen“.