Der stark unter Druck geratene Markt für Gewerbeimmobilien stelle zwar für einzelne Banken ein erhöhtes Risiko dar, jedoch kein „Systemrisiko“ auf europäischer Ebene. Der Preisverfall bei Gewerbeimmobilien, so sehr er für deutsche und österreichische Banken und ihre Aufseher ein heikles Thema sein mag, werde auch „keine neue Finanzkrise“ auslösen. Diese tröstliche Ansicht vertrat der Vorsitzende der EU-Bankenaufsicht (EBA), der Spanier José Manuel Campa, bei einem Arbeitsbesuch in Wien.
Daran änderten auch einzelne Megapleiten in diesem Bereich, allen voran die Implosion des Signa-Konglomerats von René Benko, nichts. Laut Ansicht von Campas Gastgeber, FMA-Vorstand Helmut Ettl, war die Signa-Pleite seitens der heimischen Aufsicht im engen Austausch mit den Instituten gewissermaßen antizipiert worden und war deshalb vom Risiko her auch stets beherrschbar.
Die Gründe für die Probleme bei Gewerbeimmobilien
Als Hauptauslöser der Probleme bei Gewerbeimmobilien gilt der rekordverdächtig schnelle Anstieg der (Leit-) Zinsen in den vergangenen beiden Jahren im Kampf gegen die Rekordinflation.
Trotz der nun sinkenden Zinsen sei hier für Banken weiterhin Vorsicht geboten, sagen Campa und Ettl unisono. Das zeige die überdurchschnittlich hohe Rate an uneinbringlichen Krediten, die auf fünf Prozent gestiegen ist. Und generell das höhere Kreditvolumen in diesem Teil des Gesamtkreditmarkts.
Maßnahmen der Finanzmarktaufsicht, wie der zuletzt angeordnete höhere Eigenkapitalpuffer für Gewerbeimmobilien-Kredite, verteidigte Ettl wenig verwunderlich als „angebracht“ gegen die Kritik aus Bankenkreisen. In Europa stellten auch jene Länder, die keine solche Maßnahmen ergriffen hätten, eine sehr kleine Minderheit dar, argumentiert Ettl.
Fix oder variabel
Jedes Land in Europa sei aber anders, jede große Bank müsse einzeln betrachtet werden, sagt Campa. In seinem Heimatland Spanien werden die meisten Kredite variabel vergeben. Der Profit der Banken sei daher in der Phase des Zinsanstiegs enorm gestiegen. In Frankreich, wo die EBA ihren Sitz hat und Campa lebt, seien hingegen rund 90 Prozent der Kredite fix verzinst. Die Gewinne der Banken hätten sich kaum bewegt, und würden jetzt angesichts großer Investitionserfordernisse, etwa in der Digitalisierung, tendenziell fehlen.
Andere Themen für die europäischen Bankenaufseher sind die zunehmenden Cyberattacken oder beispielsweise das indirekte Exposure der Banken in China. Die direkte Kreditvergabe nach China sei gering, aber große europäische Konzerne wie Volkswagen wären stark in China engagiert. Die gegebenen Probleme bei VW könnten auf diesem Umweg auch Banken in der EU treffen, sagt Campa.