Startseite Kultur Als Nena einem russischen Juden von Perestroika erzählte

Als Nena einem russischen Juden von Perestroika erzählte

von Max

Die ist wichtig, denn man muss sich genau anhören, wie Nena zu Hermann Leopoldi hinübergleitet. Herausfordernd wird das deshalb, weil Biz, auch „Pawlatschen-Paganini“ genannt, nicht nur ein begnadeter Musiker, sondern ein ebensolcher Kabarettist ist, dem seine Freunde schon oft gesagt haben, dass er sich „zwischen den Musikstücken auf der Bühne immer so aufführt“.

Diesmal aber: Stille statt Bühnenschmähs. Man soll die Lieder, die er mit dem Akkordeonisten Alexander Shevchenko und der Sängerin Christiane Beinl aufgenommen hat, wirken lassen. Dabei gäb’s über diese CD viel zu erzählen. Sie verbindet Wiener Lied mit dem, was man Weltmusik nennt.

Herrgott aus Staa

Wer sich das anhört, begreift, dass dieses Konzept logisch, ja, zwingend ist. Da ist etwa Karl Hodinas wunderschönes Liebeslied „I liassat Kirschen fia di wachsen“. Eine russische Version davon schenkte Biz, gebürtiger Russe mit Wiener Wurzeln, dem gebürtigen Ottakringer Hodina einst zum Geburtstag. Und weil man heute in Ottakring nicht nur Wienerisch, sondern auch das eine oder andere Wort Türkisch hört, folgt dem Hodina-Klassiker hier gleich das türkische Lied „Yali Yali“. Apropos Hodina: Seinen „Herrgott aus Staa“ hört man auch in Biz’ Version der „Reblaus“ heraus. Herzzerreißend dann das darauffolgende Stück „Friling“.

Aliosha Biz, 1970 in Moskau geboren, stammt aus Wien. Seine Großmutter kommt von hier, konnte mit ihrer Mutter in letzter Minute vor den Nazis fliehen, die beiden waren die einzig Überlebenden ihrer Familie. „,Friling‘ ist all jenen gewidmet, für die der Frühling nie gekommen ist“, sagt Biz.

Und wie kommt Nena auf diese CD? Ihr „Leuchtturm“ gehört zu Biz’ Lieblingssongs. Als das Lied 1985 bei uns populär war, drang es auf geheimen Wegen auch nach Moskau zum Teenager Aliosha vor. Ein Freund hatte eine Kassette mit Westmusik, „Take On Me“ von A-ha und Ähnliches war darauf zu hören, und eben Nena, die Aliosha rauf und runter spielte. „Da war etwas in diesem Lied, das mir sagte, dass bald bessere Zeiten kommen würden. Es erzählte von Perestroika und ich spürte, dass sich viele Dinge bald ändern würden.“ Und das taten sie. Wenig später stand Aliosha Biz mit nichts als einem Geigenkoffer in Wien. 19 Jahre war er damals, hatte Violine am Tschaikovskij-Konservatorium studiert und wollte eigentlich nach Amerika.

Die Kärntner Straße, wo er sich als Straßenmusiker verdingte, kam dazwischen. Dort wurde er tatsächlich entdeckt, und zwar vom Musikerkollegen Hans Tschiritsch. Seither arbeitete er mit Musikern wie Krzysztof Dobrek (Dobrek Bistro), Alegre Corrêa oder Roland Neuwirth. Amerika geriet in Vergessenheit, denn die große weite Welt, die befindet sich ohnehin in Wien. Und nun auf Aliosha Biz’ erster CD.

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