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Anekdote zum Sonntag (237) – Lang lebe der König! » abseits.at

von Max

Die letzten Wochen der Saison 2023/24 waren für Andreas Heraf eine Zeit zum Vergessen: Nachdem seine Lustenauer Austria nur mehr mit Minimalchancen den Kampf um den Klassenerhalt führen musste, stand der ganze Verein unter Strom. Beim 1:1 gegen seinen Ex-Verein Rapid vergriff sich Heraf gegenüber einem Fan dann im Ton und musste – mitten im Abstiegskampf – vor dem Bundesliga‑Strafsenat antanzen. Letztendlich wurde das (kaum) Unabwendbare auch Realität und Lustenau beendete die Saison auf dem letzten Tabellenplatz. Heraf packte daraufhin seine Koffer und siedelte nach Berlin über, wo er nun den DDR-Rekordmeister BFC Dynamo in der vierten Liga betreut.

Als Trainer ist Andreas Heraf bis jetzt eher ein Wandervogel, seine Spielerkarriere dagegen gestaltete sich konstanter: Rapid Wien war für den damals 11-jährigen erst sein zweiter Jugendverein; mit 18 Jahren unterschrieb er bei den Grün-Weißen einen Profivertrag. 1988 wechselte Heraf zur Vienna um über Salzburg, Steyr und Hannover 96 schließlich wieder bei seinen Grün-Weißen anzuheuern. Die erfolgreiche Rapidmannschaft der 90er ist ohne den langmähnigen Defensivkicker undenkbar: Als SCR-Profi wurde Heraf in dieser Zeit (wieder) Meister, Cupsieger und Europokalfinalist. 2001 beendete der elffache Nationalspieler seine Karriere in Kärnten und beehrte danach (bislang) 22 Vereine oder Nationalmannschaften als Trainer. Dabei musste der gebürtige Wiener schon tiefe Täler durchwandern, etwa, als man in Neuseeland seine Menschenführung mit jener des Massenmörders Hitler verglich oder als der deutsche Drittligist Türkgücü München in seiner Amtszeit Insolvenz anmeldete. Erfolge hat der Trainer Heraf aber auch zu verbuchen: So hielt er mit Ried die Klasse oder stieg mit Schwarz-Weiß Bregenz in die Zweite Liga auf.

Die heutige Anekdote spielt in jener Zeit als Andi Heraf noch Spieler von Rapid war und eine denkwürdige Champions-League-Partie gegen Manchester United anstand: Im Old Trafford fingen sich die Grün-Weißen im September 1996 eine 0:2-Niederlage gegen die Red Devils ein. Das war für viele Rapidler aber kein Grund zu großer Trauer: Der Großteil der Mannschaft des österreichischen Rekordmeisters fand es aufregend genug gegen den Kultverein und seine Stars kicken zu dürfen, sodass sich vor Anpfiff einige SCR-Profis in die Schlange vor dem Fanshop eingereiht hatten, um Mitbringsel zu kaufen.

Die beste Erinnerung an dieses Spiel sollte aber die damalige Nummer 20 der Hütteldorfer ergattern und das, ohne auch nur ein britisches Pfund für sie zu bezahlen: Nach Abpfiff des Spiels fragte Heraf niemand Geringeren als Éric Cantona nach seinem Trikot. Doch der französische Stürmer schüttelte zunächst den Kopf. „Unser Zeugwart hat uns das Tauschen verboten.“, meinte er bestimmt. Andi war jedoch nicht auf den Mund gefallen. Mit spitzbübischem Grinsen entgegnete er: „Aber Éric, du bist der König von Manchester und hast alle Rechte!“ Diese Schmeichelei verfehlte ihre Wirkung nicht: Manchester Uniteds hängende Spitze zog sich postwendend die verschwitze Dress über den Kopf und drückte sie dem freudigen Wiener in die Hand. „King Éric“ – wie er tatsächlich gerufen wurde – ließ sich nicht lumpen, entledigte sich auch seiner weißen Shorts und händigte sie Heraf ebenfalls aus. Dann drehte er sich um und ging nur in Unterhosen in die Umkleidekabine des Heimteams. Zurück blieb ein – trotz Niederlage – überglücklicher Andi Heraf.

Beim Rückspiel in Wien, das Rapid auch verlieren sollte, tauschte der spätere Trainer dann sein Trikot mit jenem von Jordi Cruyff. Andis „Beute“ vom Auswärtsspiel konnte dieses „Tauschgeschäft“ aber nicht schlagen; seine Mitspieler waren neidisch. Zu guter Letzt bleibt nur eine Frage: Wie korreliert diese Geschichte mit jener Legende, die besagt, dass Éric Cantona sein Trikot in Manchester einem gewissen Trifon Ivanov überreicht hat. Tja, worüber frau nicht reden kann, darüber muss frau schweigen.

Marie Samstag, abseits.at

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