Elf Anklagen gibt es in der Causa Wienwert – darunter nicht nur ÖVP-Landeschef Karl Mahrer, sondern auch SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy – und das nur wenige Wochen vor der vorverlegten Wien-Wahl am 27. April.
Bekannt wurde das am Donnerstag über eine Aussendung von Strafverteidiger Norbert Wess, dessen Mandant Stefan Gruze auch zu den Angeklagten zählt. „Wir werden die Anklageschrift nun sorgfältig studieren. Wir sind aber bereits sehr zuversichtlich, dass keinesfalls schwerwiegende strafrechtliche Vorwürfe gegenüber Herrn Stefan Gruze aufrechterhalten werden können“, sagt Wess über den ehemaligen Chef der Wien-Wert.
Dass ÖVP-Wien-Chef Mahrer und seine Ehefrau angeklagt werden könnten, hat sich bereits vergangene Woche abgezeichnet. Kurz darauf, dass es auch SPÖ-Bezirksvorsteher Nevrivy erwischen könnte. Ein entsprechender Erlass aus dem Justizministerium war publik geworden, die WKStA hat die anstehenden Anklagen aber vorerst nicht kommentiert.
Bei den Mahrers geht es um den Vorwurf der Untreue. Die PR-Agentur seiner Frau soll von der Wienwert rund 70.000 Euro erhalten haben. Laut WKStA ohne erkennbare Gegenleistung.
Mahrer will Spitzenkandidat bleiben
Der Wiener ÖVP-Chef kam, als die anstehende Anklage publik wurde, auch parteiintern unter Druck. Wiens Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck erklärte in der Presse, man könne „nicht zur Tagesordnung übergehen“, die Anklage werde im gesamten Wahlkampf Thema sein. Ingrid Korosec, stellvertretende Landesparteichefin in Wien, stärkte Mahrer unterdessen den Rücken: „Wir haben schon viele Anklagen erlebt, wo nichts herausgekommen ist“, sagte sie zum KURIER.
Morgen, Freitag, ist für Mahrer jedenfalls Tag der Entscheidung: Im Landesparteivorstand wird die Liste für die Wahl – und damit auch die Spitzenkandidatur – beschlossen.
Nevrivy „ist sich keiner Schuld bewusst“
Bei SPÖ-Bezirksvorsteher Nevrivy geht es um einen angeblichen Insider-Tipp in Bezug auf einen Grundstückskauf und ein Sponsoring. Ermittelt wurde wegen des Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses, der Bestechlichkeit, des Beitrags zur Untreue und der Vorteilsannahme zur Beeinflussung.
Am Donnerstag erklärt seine Sprecherin, Nevrivy werde auf jeden Fall bei der Wien-Wahl am 27. April antreten. „Er ist sich keiner Schuld bewusst und vertraut auf die unabhängige Justiz.“
Auch bei der SPÖ Wien sieht man keinen unmittelbaren Handlungsbedarf: „Jetzt ist die Justiz am Zug. Wir warten ab, wie sie entscheidet.“
31 Millionen Euro Schaden
Die WKStA hatte in dem Fall seit 2017 ermittelt. Die Immobilienentwicklungsgesellschaft Wienwert war 2018 insolvent geworden. Geschädigt wurden vor allem Anlegerinnen und Anleger, die Anleihen des Unternehmens gezeichnet hatten. Ein von der Ermittlungsbehörde beauftragter Sachverständiger soll einen Schaden von bis zu 31 Mio. Euro festgestellt haben.
Neben den vier Wienwert-Managern, dem Donaustädter Bezirksvorsteher Nevrivy und dem Ehepaar Mahrer wurden zwei Rechtsanwälte, ein Wirtschaftsprüfer und ein Investor angeklagt. Es geht unter anderem um den Vorwurf der Untreue, des schweren Betrugs, der betrügerischen Krida, der Bilanzfälschung, der Bestechlichkeit und der Verletzung des Amtsgeheimnisses.