Hören ist komplex
Sorgen, dass der US-Riese seine Hörakustik-Studios überflüssig macht, hat er nicht. Hören sei sehr komplex, ein Standardgerät könne den Einstieg zwar erleichtern, jedoch die Qualität von maßgefertigten Geräten nicht erreichen. Neuroth kooperiert dabei mit vielen Herstellern.
Um schwindende Kundschaft muss sich Schinko ohnehin keine Sorgen machen. Bis 2030 werden allein in der EU 60 Millionen Menschen hochgradig schwerhörig sein, verweist er auf Marktprognosen und älter werdende Gesellschaft.
8 bis 9 Jahre bis Hilfe gesucht wird
Noch würden aber acht bis neun Jahre vergehen, bist eine Hörminderung auch behandelt wird. „Das ist immer noch zu lange.“ Im Schnitt kämen Kunden erst mit 69 Jahren ins Hörstudio. Dabei könne bei Aufrechterhaltung der Hörleistung Demenz verzögert werden.
Der Grazer Familienbetrieb mit 117-jähriger Tradition ist dank steigender Nachfrage und Expansion in der Schweiz und Südosteuropa auf Wachstumskurs. Im Vorjahr stieg der Umsatz gegenüber 2023 um 6 Prozent auf 177 Millionen Euro.
Gehörschutz boomt
Ein stark wachsendes Segment ist der Hörschutz gegen ein lärmendes Umfeld aller Art; egal ob zu Hause, am Arbeitsplatz, im Großraumbüro, Flugzeug oder im Zug. „Mit unserer Gehörschutzmarke earwear konnten wir ein Plus von 9 Prozent erzielen“, berichtet Schinko, der das Unternehmen in vierter Generation leitet. „Das Abschirmen von Lärm wird ein immer wichtigeres Thema, wir haben auch Spezialanwendungen für Musiker“.
Die Neuroth-Gruppe beschäftigt aktuell 1.350 Mitarbeitende an 280 Standorten, davon 850 in Österreich. Mit der Übernahme der Schweizer Misenso kommen weitere 200 dazu. Man könnte noch mehr Filialen aufsperren, doch der Fachkräftemangel bremse die Expansion. Aktuell gibt es im Unternehmen 36 offene Stellen, es werden zehn Lehrlinge ausgebildet. Um mehr Bewerber – auch im zweiten Bildungsweg – zu finden, schuf Neuroth mit dem Hörberater ein eigenes, niederschwelliges Berufsfeld.
Produktion in Serbien
Geografisch will sich das Hörakustikunternehmen noch stärker in Südosteuropa, vor allem in Serbien und Bosnien engagieren. Das Wachstum in Serbien führte auch zur Entscheidung, bis Ende des Jahres in Belgrad einen zweiten Produktions- und Logistikstandort neben Lebring in der Steiermark zu errichten. Dort werden Anpassungen vorgenommen und Ohrpassstücke für Hörgeräte, sogenannte Otoplastiken, gefertigt. „Künftig werden unsere Märkte in Bosnien und Serbien von Belgrad aus beliefert“, erläutert Schinko. Begonnen wird zunächst mit fünf bis zehn Beschäftigten. In Bosnien ist Neuroth seit 2022 vertreten und verfügt inzwischen über acht Hörcenter – darunter ein neuer Flagship-Store in der Hauptstadt Sarajewo.