Startseite Kultur Aus dem Underground in den Pop-Olymp: 50 Jahre Blondie

Aus dem Underground in den Pop-Olymp: 50 Jahre Blondie

von Max

New York City in den 1970er Jahren war eine räudige Metropole kurz vor dem Zusammenbruch: Rund um den dicht befahrenen Times Square lagen Dutzende Pornokinos, niemand dachte an die dünnen Glashochhäuser, in denen heute die Milliardäre am Südende des Central Parks leben. In diesem Klima im Spätsommer und Herbst 1974 tauchten die später zur Kultband avancierten Blondie um Frontfrau Debbie Harry in der Klubszene auf.

Im East Village spielten sich Mitte der 70er an der Bowery eine Reihe aufregender neuer Bands in winzigen Clubs wie dem „CBGB“ die Wut aus dem Bauch. „Country, Bluegrass and Blues“ gab es hier nicht, stattdessen wurde der von Tausenden Stickern und Schmierereien übersäte Mini-Club zur Brutstätte des Punks.

Eröffnet im Dezember 1973, wenige Monate nach dem Ende des Vietnam-Krieges und ein halbes Jahr bevor sich Richard Nixon wegen der Watergate-Affäre als Präsident zurückzieht, war der Club gerade in den ersten Jahren stilprägend für Acts wie Patti Smith, die Talking Heads und Television. Geschichte schrieb er diesen Sommer vor 50 Jahren.

Am 16. August 1974 dröhnte die Vorband den nur wenigen Gästen erstmals in Viererbesetzung ihre Musik um die Ohren – die Geschichte der Ramones nahm ihren Lauf. Nach ihnen betraten Angel and the Snake die Bühne, ein ebenfalls junges Projekt, bei dem von Anfang an Leadsängerin Debbie Harry wegen ihrer auffälligen Haare die Blicke auf sich zieht. Sie spielten unter diesem Bandnamen nur noch ein einziges weiteres Mal am 31. August 1974.

Im Oktober benannte sich die Gruppe um und hieß fortan Blondie. Später erzählte Harry in einem Interview, dass ihr Männer auf der Straße immer wegen ihrer Frisur „Hey, Blondie!“ hinterhergerufen haben – „Ich habe mir da gedacht: Nun, das ist wirklich ein verdammt eingängiger Name.“

So begann die Geschichte von einem der erfolgreichsten Crossover-Acts in der Musikhistorie, keine andere Band brachte New Wave, Punk und Pop so gut zusammen. Neben Harry gehören zu diesem Zeitpunkt Gitarrist Chris Stein und Fred Smith am Bass zur Band, Ivan Kral stößt als zweiter Gitarrist hinzu.

1976 veröffentlichte die Band ihr erstes Album „Blondie“, doch es fand kaum Beachtung. Erst 1978 gelang mit „Parallel Lines“ weltweit der große Durchbruch. Die Gruppe verschmolz darauf den „CBGB“-Sound mit Klängen einer anderen New Yorker Institution, mitten im Zentrum Manhattans: der aufkommenden Disco-Musik im „Studio 54“.

Mit dem treibenden „One Way or Another“ und der Hymne „Heart of Glass“ gelangen der Band zwei Welthits auf einem Album. Schnell folgten „Call Me“ für den Soundtrack von „American Gigolo“ und das Reggae-Cover „The Tide is High“ für das 1980 erscheinende Album „Autoamerican“.

Ein Jahr später beginnt das MTV-Zeitalter und Blondie verstanden schnell, wie Videoclips rund um die faszinierende Harry zu einem noch größeren Erfolg beitragen können. In der alternativen Punk-Szene brachte der immer größere kommerzielle Erfolg die Band in Verruf.

Harry gab sich zu diesem Zeitpunkt auf der Bühne zwar noch rebellisch und wild, posierte aber auch als Fotomodell, die Musik veränderte sich weiter und besonders die Frontfrau wurde nun zum Idol einer neuen Musikrichtung: New Wave.

Ihren Ruhm wollte Harry kurz darauf für eine parallele Solokarriere nutzen, doch ihre Projekte hatten keinen großen Erfolg und kurz darauf wurde es auch um Blondie still. Schon 1982 löste sich die Band auf. Harry war inzwischen mit Gitarrist Stein liiert und kümmerte sich jahrelang während einer schweren Hautkrankheit um ihn.

Sie arbeitete auch als Schauspielerin und fand Rollen in David Cronenbergs „Videodrome“, „Für immer Lulu“ an der Seite von Hanna Schygulla und als Velma Von Tussle in John Waters‘ „Hairspray“.

1999 gelang der Band ein Comeback. Das siebte Album „No Exit“ wurde von der Kritik als banal abgetan, doch „Maria“ mit Debbie Harrys charakteristischem Schrei des Songtitels bescherte Blondie noch einmal einen Welthit.

Danach wurde es wieder etwas stiller, das bisher jüngste Album „Pollinator“ erscheint 2017. Zum Bandjubiläum veröffentlichte Chris Stein im Juni 2024 seine Autobiografie „Under a Rock“. Für kommendes Frühjahr haben er und Harry ein neues Album angekündigt.

Schon im März 2006 aber wurden Blondie in die „Rock and Roll Hall of Fame“ in Cleveland (Ohio) aufgenommen – wegen einer exorbitanten Mieterhöhung schloss der Club „CBGB“ im Oktober desselben Jahres für immer die Türen. In dem einstigen Punk-Club steckt heute ein teures Modegeschäft, doch noch immer zieren die Original-Graffiti und Sticker die Wände.

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