Keine Barauszahlung mehr
Zunächst aber zum Pilotprojekt des Bundes: 52 Karten wurden an Asylwerber, die sich in Bad Kreuzen in Bundesbetreuung befinden, ausgegeben, 82 gingen an Asylwerber in sieben Quartieren der Landesbetreuung.
Auf die „Sachleistungskarte“ wird ein Guthaben gebucht – das ist Geld für Verpflegung, sofern diese im Quartier nicht bereitgestellt wird, ein Taschengeld von rund 40 Euro im Monat sowie die Remuneration für gemeinnützige Arbeit. Das Taschengeld kann vom Asylwerber in bar abgehoben werden. Der Transfer vom Bund bzw. Land an den Asylwerber ist aber vollständig bargeldlos.
Das ist ein Punkt, den sogar die eher kritisch eingestellten Asyl-NGOs befürworten. In den meisten Ländern muss das Geld in bar organisiert, transportiert, in einem Tresor gelagert und dann händisch an alle Asylwerber ausbezahlt werden. Für jede Auszahlung gibt es dann noch eine schriftliche Bestätigung. Der Verwaltungsaufwand ist enorm – und fällt mit der Bezahlkarte weg.
Kein Geld an Schlepper
Andreas Achrainer, Chef der Bundesbetreuungsagentur (BBU), hob diesen Aspekt bei der Pressekonferenz am Dienstag besonders positiv hervor: Die Grundversorgung sei „digitalisiert“ worden.
Im Testbetrieb habe man aber auch gesehen, dass Nachbesserungen und Vereinfachungen notwendig seien. Ein Beispiel: „Viele Asylwerber haben noch nie in ihrem Leben einen Bankomat gesehen. Ihnen musste erst gezeigt werden, wie das geht.“
Karner fokussiert als Innenminister mehr auf den Missbrauchsaspekt: Die Bezahlkarte hat eine eingeschränkte Funktion. So ist beispielsweise kein Online-Shopping oder Glücksspiel möglich, zudem können keine Auslandsüberweisungen getätigt werden.
Damit soll verhindert werden, dass Asylwerber Geld an ihre Familien in die Heimat oder an Schlepper schicken, die ihre illegale Einreise organisiert haben. Zahlen und Fakten konnte der Innenminister nicht nennen. Man „höre“, dass das immer wieder vorkomme, sagte er. Hinweise gebe es auch in der Kriminalstatistik.
Missbrauch geschehe aber auch in dem Sinne, dass der „Patriarch“ in der Familie alles Geld an sich nehme und für Frau und Kinder nichts mehr bleibe, meinte Karner. Das soll unterbunden werden, indem die Bezahlkarte personalisiert ist – jede Frau und jeder Jugendlicher ab 14 Jahren bekommt eine eigene Karte mit einem Guthaben.
Nach den positiven Rückmeldungen will man nun die bundesweite Ausrollung starten. Im Oktober gibt es eine Ausschreibung für das Projekt, um einen Partner zu finden.
Länder entscheiden frei
Ab 2025 soll die Karte in ganz Österreich zum Einsatz kommen – bzw. kommen können. Die Grundversorgung von Asylwerbern ist Ländersache, wie auch Karner betont, als er vom KURIER auf das niederösterreichische Modell angesprochen wird: „Wir sehen, dass unser Modell praktikabel ist und legen es auf den Tisch. Es ist Angelegenheit der Länder, ob sie es annehmen.“
Für das nö. Modell, das sich schon seit Juni im Testbetrieb befindet, gab es viel Kritik: Die „Pluxee-Karten“ bezeichnete etwa Lukas Gahleitner-Gertz von der „Asylkoordination“ als Modell, das „an Niedertracht nicht zu überbieten“ sei. Im ländlichen Bereich werde die Karte in kaum einem Geschäft akzeptiert. Asylwerber würden einen Großteil ihres Taschengeldes für die Öffis verbrauchen, um in die nächste Stadt zu kommen.
NÖ-Modell „ein voller Erfolg“
Im Büro des zuständigen Landesrats Christoph Luisser (FPÖ) lässt man sich davon nicht beirren: „Die Kritik ist unbegründet. Unser Modell ist ein voller Erfolg, deshalb wird es jetzt auch auf ganz Niederösterreich ausgerollt.“ Und zwar ohne Nachbesserungen, wie es auf Rückfrage heißt. Details werden am Donnerstag in St. Pölten präsentiert.
Heißt das, das türkis-blaue Niederösterreich pfeift auf das Modell des ÖVP-Innenministers und bleibt beim eigenen?
Im Büro Luisser verweist man auf die Nationalratswahl: Es sei ja nicht sicher, ob das angekündigte Modell von einer neuen Regierung wirklich umgesetzt wird. Deshalb: „Schauen wir einmal, ob der Bund etwas Brauchbares liefert, dann reden wir weiter.“