Ein knappes, gerade einmal vier Sätze langes Statement. Mehr gab es von ÖVP und SPÖ nicht am Mittwoch. „Die Verhandlungen sind konstruktiv und sehr intensiv verlaufen“, heißt es da. Und weiter: „Am Montag soll eine weitere Gesprächsrunde zwischen den beiden Parteien folgen.“ Dann solle auch der weitere Fahrplan sowie „die Involvierung anderer Parteien geklärt werden“.
Karl Nehammer und Andreas Babler haben also wieder sondiert; wieder hatten sich ihre Teams im Wiener Palais Epstein getroffen. Doch anders als Dienstag, als man vor Kameras von „konstruktiven Gesprächen“ berichtete, hielten sich die Parteichefs am Tag darauf zurück.
Worauf deutet das hin? Ist die Stimmung zwischen dem Zweit- und Drittplatzierten doch nicht so gut wie angenommen? Wird es möglicherweise doch nicht zu Koalitionsgesprächen zwischen Volkspartei und Sozialdemokratie kommen?
In Verhandlerkreisen bestätigt man dem KURIER, dass das Statement vor allem eines zeigt, nämlich: Die viel zitierte Beziehungsarbeit zwischen den potenziellen Regierungspartnern benötigt vorerst noch Zeit. „Auf Ebene der Sozialpartner und Länder hat es zwischen ÖVP und SPÖ in den vergangenen Jahren zwar Kontakt gegeben“, sagt ein Verhandlungsteilnehmer unter dem Schutz der Anonymität. Das gelte aber nicht für die Bundes-Ebene: „Seit der ÖVP-FPÖ-Regierung haben sich die beiden distanziert, das reicht bis hin zu offener Ablehnung. Das müssen Nehammer und Babler nun aufarbeiten, begradigen.“
Atmosphäre und Auseinandersetzung
Die Atmosphäre zwischen der Kanzler-Partei ÖVP und der Oppositionspartei SPÖ ist demnach noch nicht dort, wo sie für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sein muss.
Hinzu kommt, dass – abgesehen von den Auseinandersetzungen im Wahlkampf – nun ein externer Faktor hinzugekommen ist, der die Gespräche mehr belastet, als ursprünglich gedacht: das Budget oder genauer: dessen Entwicklung.
Wie berichtet, rechnet der Fiskalrat laut jüngster Schnellschätzung mit einem Konsolidierungsbedarf von 4,4 Milliarden Euro – und das allein im Jahr 2025. Hierbei handle es sich aber um eine Untergrenze. Die Verhandler gehen von eher zweistelligen Summen aus.
„Und das wiederum bedeutet“, so erzählt ein ÖVP-Stratege, „dass wir uns nicht nur darauf einigen müssen, was wir an großen Reformen umsetzen, sondern vor allem, wie wir es in dieser durchaus herausfordernden Situation finanzieren wollen.“
Der Spardruck ist beiden Parteien mehr als bewusst.
Als wäre die Lage nicht komplex genug, sorgt insbesondere in der SPÖ noch ein Thema für Zurückhaltung und Verunsicherung. Und das ist die Steiermark-Wahl, die – sollte die ÖVP auch dort abstürzen – aus Sicht der Sozialdemokraten eine ganz eigene Dynamik in die Sondierungen oder Koalitionsgespräche bringen könnte.
Ein SPÖ-Stratege fasst es so zusammen: „Wir spüren schon jetzt, dass Teile der Industrie auf eine ÖVP-Koalition mit der FPÖ drängen. Dieser Druck könnte sich verstärken – und die Stimmung bei den Gesprächen über Regierungsverhandlungen drücken.“
Trotz allem beteuern sowohl SPÖ als auch ÖVP am Mittwoch, dass man nach wie vor auf gutem Weg sei.
Wer sich unter den Verhandlern umhört, der wird unter anderem auf die Rhetorik verwiesen: So verzichte die SPÖ darauf, die Volkspartei auf ihre Versäumnisse beim Budget und den frühzeitigen Warnungen des Fiskalrats zu erinnern. Und auch die Volkspartei sei längst davon abgegangen, Andreas Babler und sein Team in die Nähe des Marxismus zu rücken oder deren Wirtschaftskompetenz öffentlich infrage zu stellen.