Gescheitert sind die Verhandlungen zwischen Freiheitlichen und Volkspartei in den vergangenen Tagen ja nicht an Sachfragen. Dabei gibt es viel zu tun.
Es sind, man muss es so sagen, nicht die dankbarsten Zeiten für einen sachpolitischen Newsletter. An sich hättest du an dieser Stelle eine spannende Analyse zum österreichischen Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit lesen sollen – und dann platzten gestern die blau-schwarzen Regierungsverhandlungen. Also: Entwicklungshilfe geschoben, folgt kommende Woche, reden wir über das hier und jetzt und darüber, was jetzt kommen müsste.
Gescheitert sind die Verhandlungen zwischen Freiheitlichen und Volkspartei in den vergangenen Tagen ja ehrlicherweise nicht nur an Sachfragen – zur Analyse, wo sich die Parteien zuletzt noch uneinig waren, ist in den vergangenen Tagen ja etliches geschrieben worden -, sondern vor allem auch daran, wer Innen- und Finanzminister:in stellen darf.
Warum gerade diese beiden Ämter? Nun: Ich will den Verhandler:innen nicht unterstellen, nicht ausschließlich inhaltliche Motive gehabt zu haben; natürlich geht es beim Innenministerium um Expertise und Verantwortung für die innere Sicherheit und Migration und beim Finanzministerium um die Oberhoheit über unsere Budgets. Aber es ist halt so, dass diese beiden Häuser auch viele öffentliche Posten zu vergeben haben, zusammen reden wir da von mehr als 40.000 Stellen.
Und anders als im Bildungsministerium, in dem eine Reihe föderaler Zuständigkeiten zwischengeschaltet sind, im Bundesheer oder in der Justiz mit ihren jeweiligen Dienstrechten hat man in der Finanzverwaltung und der Polizei als Minister auch faktisch viel Macht – unmittelbarer wird die Bundesverwaltung nicht als in diesen beiden Häusern.
Aber wie gesagt, ob jetzt Programm- oder Postenfragen im Vordergrund gestanden haben: vergossene Milch. Schauen wir in die Zukunft. Denn Regierung hin oder her, es gibt viel zu tun. Und, auch wenn das manchmal in Vergessenheit gerät: An sich haben wir am 29. September 183 Abgeordnete gewählt und beauftragt, Gesetze zu beschließen und so weiter.
Damit ist bisher unter Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen nicht viel weitergegangen. Gut möglich, dass die Damen und Herren Abgeordneten sich jetzt dann doch an die Arbeit machen. Hier eine unvollständige Liste an anstehenden Aufgaben:
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Budget: Derzeit schreibt die Republik mangels eines aufrechten Budgets für 2025 einfach den Finanzplan von 2024 weiter – das sogenannte „Zwölftelbudget“ wird aber irgendwann unangenehm, wenn dank hoher Gehaltsabschlüsse kein Geld mehr für die letzten Monate des Jahres eingetaktet ist. Spätestens Mitte des Jahres braucht es ein neues Budget – idealerweise eines, das den EU-Budgetregeln entspricht.
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ORF-Gesetz: Der Verfassungsgerichtshof hat die Besetzung des ORF-Stiftungsrats für verfassungswidrig erklärt – und zwar schon im Oktober 2023. Weil die vorige Regierung eine Reparatur aber unterlassen hat, brennt jetzt der Hut: Eigentlich müsste eine Neuregelung schon im März stehen. Das wird knapp.
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Wirtschaftspolitik: Österreich steckt weiter tief in der Rezession. Fiskal- und Produktivitätsratschef Christoph Badelt hat dazu vor einigen Wochen zwölf Vorschläge übermittelt, wie man zurück auf den Wachstumskurs kommen könnte – doch ohne Ansprechpartner:innen wird die Umsetzung schwer.
Und dann sind da noch Kleinigkeiten wie eine Bildungsreform, Herausforderungen im Pensions– und Pflegewesen, steigende Kriminalität und die Frage nach der Zukunft Europas im Machtvakuum zunehmenden US-Isolationismus‘.
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Infos und Quellen
Genese
Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.