Angesichts jüngster verbaler Angriffe des Präsidenten der bosnischen Republika Srpska, Milorad Dodik, auf Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos), ist der Botschafter von Bosnien-Herzegowina, Siniša Bencun, am Freitag ins Wiener Außenamt (BMEIA) zitiert worden. Auf der Internet-Plattform „X“ wurde seitens des Ministeriums betont, Dodiks Handlungen würden „die Stabilität, die verfassungsrechtliche Ordnung und die territoriale Integrität von Bosnien-Herzegowina“ gefährden.
Im März hatte die gesamtstaatliche Staatsanwaltschaft Bosnien-Herzegowinas Haftbefehle gegen den separatistischen serbischen Ultranationalisten Dodik und zwei weitere hochrangige Politiker der Republika Srpska erlassen. Ihnen wird vorgeworfen, gegen die verfassungsmäßige Ordnung Bosnien-Herzegowinas verstoßen zu haben. In Österreich darf Dodik seither nicht mehr einreisen.
Dodik kritisierte Meinl-Reisingers Besuch in Sarajevo
Dodik kritisierte in Interviews in diesem Zusammenhang Meinl-Reisingers Besuch in Sarajevo, der Hauptstadt des Gesamtstaats Bosnien-Herzegowina, Anfang April. „Wenn eine Ministerin, die erst ein paar Tage im Amt ist, nach Sarajevo reist und dort der Atmosphäre des Schulterklopfens erliegt, zeugt das davon, dass es in Österreich auch unseriöse Minister gibt“, sagte er. „Was ist das für eine Art, was für ein Verhalten, sich erst beim Abendessen von den Muslimen negatives Gerede über das Monstrum Dodik einflüstern zu lassen und aufgrund dessen mit einer politischen Stellungnahme aufzuwarten?“, wurde Dodik in der Presse zitiert.
„Ich kann sehr gut zwischen dem österreichischen Volk und bestimmten Politikern unterscheiden“, so Dodik. „Ich bin dankbar, dass unsere Leute dort arbeiten können – mit dem Wissen, dass sie dort manchmal auch Idioten als Minister haben“, wurde er von der Tageszeitung zitiert.
Gegenüber der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins profil erklärte der 66-jährige Politiker der serbischen „Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten“ weiters: „Die österreichische Außenministerin glaubt wohl, sie gehört einer höherwertigeren Rasse an. Das tut sie nicht. Ich werde alles dafür tun, dass sich unsere serbische Gemeinschaft in Österreich organisiert und dass sie ihren Willen ausdrückt.“
Die Muslime in Bosnien-Herzegowina würden Krieg wollen, am liebsten Jihadisten ins Land bringen und die „Scharia durchsetzen“, polterte Dodik. „Und offenbar passt es einigen in Europa gut ins Konzept, denn sie würden sich am liebsten des eigenen Abschaums entledigen und sie alle hierherbringen.“
Neos-Brandstätter: „Dodik schadet Serbinnen und Serben“
Helmut Brandstätter, Neos-Delegationsleiter im EU-Parlament, hatte bereits erklärt, Dodik schade mit seinen Verbalattacken vor allem den Serbinnen und Serben. „Es zeigt, dass er mit dem Rücken zur Wand steht“, sagte Brandstätter am Freitag gegenüber der APA. Die Beschimpfungen Dodiks seien „unerträglich“ und eine „unfassbare Frechheit“.
Bosnien und Herzegowina seit Dayton-Vertrag 1995 geteilt
Bosnien-Herzegowina wurde 1995 nach einem dreijährigen Krieg im Zuge des Zerfalls der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien mit mehr als 100.000 Toten gemäß dem Dayton-Friedensabkommen in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina aufgeteilt. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung verbunden. Festgeschrieben ist im Dayton-Abkommen auch das einflussreiche Amt eines Hohen Repräsentanten der UNO, der über den Friedensvertrag wacht.
Seit Dezember 2022 hat Bosnien den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Die Europäische Union beschloss im März des vergangenen Jahres die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Österreich unterstützt die graduelle Integration des Westbalkans in die EU, wofür es sich auch in der Staatengruppe der „Freunde des Westbalkans“ einsetzt. Der Gruppe gehören neben Österreich die Länder Italien, Kroatien, Tschechien, Griechenland, Slowakei und Slowenien an.