Zunächst zur Frage, worum es beim Buwog-Verfahren gerade geht: Nachdem die Verteidiger ihre Einwände gegen das „unerträglich falsche Urteil“ (Grasser-Anwalt Norbert Wess) vorgetragen haben, ist nun die Generalprokuratur am Wort.
Als höchste Staatsanwaltschaft der Republik ist sie die „Hüterin des Rechts“.
Im konkreten Fall hat sie eine Stellungnahme, das „Croquis“, verfasst. Das ist nicht unüblich. Ungewöhnlich ist, dass das Croquis erstmals von einem Team erstellt wurde. Und das wiederum liegt an den Dimensionen des Verfahrens: Es wurden mehr als 1.100 Seiten geprüft.
Knapp zusammengefasst, lässt sich sagen: Die Generalprokuratur hat das Urteil gegen die Angeklagten in weiten Teilen bestätigt – inklusive der Schuldsprüche für Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Peter Hochegger.
Befangen
Während die Strafverteidiger meinen, die Hauptverhandlung sei menschenrechtswidrig und voreingenommen von einer befangenen Richterin geführt worden, hielten die Sprecher der Generalprokuratur dagegen: Für die Befangenheit eines Richters reiche es nicht aus, wenn sich Freunde, Verwandte oder Ehepartner kritisch über einen Angeklagten äußern.
„Solche Einflüsse sind nichts Ungewöhnliches“, sagt eine Sprecherin der Generalprokuratur. „Das müssen Richter leisten, sie müssen sich abgrenzen und selbst entscheiden können.“
Auch die von den Strafverteidigern monierte Sitzordnung bei der Hauptverhandlung (die Anwälte saßen am tiefsten Punkt des Saales und sahen sich optisch benachteiligt) ist für die Generalprokuratur kein Grund, an der Rechtmäßigkeit zu zweifeln: Erstens habe man den Saal für die Anwälte umgebaut; zweitens hätten die Anwälte nie gesagt, wie sie die Sitzordnung hätten verbessern wollen; und überhaupt sei das Recht auf Waffengleichheit „prozessual“ gemeint – nicht optisch.
Das alles spielt sich im ersten Teil der Verhandlung ab.
Der eigentliche Höhepunkt kommt am Nachmittag. Kurz vor zwei sind die Argumente ausgetauscht. Und 16 Jahre, nachdem die ersten Berichte über Malversationen rund um den Buwog-Verkauf veröffentlicht wurden, bleibt in der letzten Instanz nur noch eines: die Schlussworte der Angeklagten.
Karl-Heinz Grasser steht auf. Und mit fester Stimme sagt er, es sei ihm ein „großes Anliegen“, hier und jetzt zu sagen: „Ich habe keinen Geheimnisverrat gemacht!“
Der frühere Finanzminister schildert, was niemand bezweifeln wird. Dass die Dauer des Verfahrens eine immense Last darstellt: „Wenn man nicht selbst betroffen ist, kann man diese Zahl (die Jahre des Verfahrens; Anm.) nicht fassen. Das ist fast ein Drittel meines Lebens! Die Belastung passiert jeden Tag, 5.635 Tage – und ebensoviele Nächte. Das ist ein Schatten, den wirst Du nicht los.“ Grasser erzählt vom Druck, der auf ihm und seiner Familie laste. „Dieses Verfahren ist für mich zur Höchststrafe geworden.“ Und nach acht Minuten erklärt er, was ihn nach dem Schuldspruch 2020 am Laufen gehalten habe: „Hier vor Ihnen zu stehen. Ich will Ihnen aus tiefstem Herzen sagen: Ich habe ein reines Gewissen.“
Sinngemäß sagt das auch sein Freund Meischberger. Er habe nichts verbrochen, mit Grasser habe er nie über den Geschäftsfall Buwog gesprochen, von daher könne er von ihm auch die Höchstbietersumme nicht erfahren haben.
Doch es sei ihm „leider unmöglich zu beweisen, dass ein Gespräch nicht stattgefunden hat“. Durch das Verfahren habe er alles, was er je verdient habe, verloren. „Alles wurde vernichtet.“
Ob die Angeklagten in Haft müssen, klärt der Dienstag, die Causa endet final: Um 10 Uhr verkünden die Höchstrichter ihre Entscheidung.