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Der steile Aufstieg der belächelten Adlerinnen

von Max

Wenn wirklich der erste Eindruck zählt, dann wäre das Frauen-Skispringen heute ausgestorben. Denn der Jungfernflug, oder besser: der Jungfernhopser einer Frau im Rahmen einer Nordischen WM machte wenig Lust auf mehr und war alles andere als ein Plädoyer für diesen Sport.

Natalie Dejmkova hatte 2009 bei der WM in Liberec die zweifelhafte Ehre, als erste Springerin ihre Flugtauglichkeit unter Beweis zu stellen. Der Premierensprung der 12-jährigen Tschechin mit der riesigen Nickelbrille war, um es im Adlerjargon zu sagen, ein ziemliches Kacherl.

Das blutjunge und heillos überforderte Mädchen sprang nicht wirklich. Nein, die arme Natalie Dejmkova strauchelte vielmehr über die Schanze und rutschte unter dem Gelächter der Zuschauer bäuchlings den Aufsprunghügel hinunter. „Wir waren mit der WM um zwei Jahre zu früh dran“, gab FIS-Direktor Walter Hofer damals zu.

Rasanter Aufschwung

Gut eineinhalb Jahrzehnte später macht sich niemand mehr lustig über die Skispringerinnen. Seit der missratenen Premiere 2009 in Liberec hat auf den Sprungschanzen die Emanzipation Einzug gehalten und mittlerweile haben die Frauen die einstige Männer-Domäne wie im Flug erobert

Bei der WM in Trondheim werden gleich in vier Bewerben Medaillen vergeben, den Auftakt macht am Freitag der Wettkampf auf der Normalschanze (14 Uhr).

„Das Frauen-Skispringen hat sich über die Jahre extrem entwickelt“, sagt Jacqueline Seifriedsberger. „Das Niveau und die Dichte sind viel größer geworden, auch der Stellenwert ist ein anderer.“ 

Die 34-jährige Oberösterreicherin, die heute zu den Medaillenhoffnungen zählt, hat den steilen Aufstieg hautnah miterlebt, Seifriedsberger sprang schon bei der ersten WM 2009 in Liberec mit.

Jacqueline Seifriedsberger ist eine der ÖSV-Hoffnungsträgerinnen

Dumme Aussage

Gerade in den Anfängen hatten sich die Skispringerinnen noch abfällige Äußerungen anhören müssen, die in einer vertrottelten Aussage des früheren FIS-Präsidenten gipfelte. Gianfranco Kasper hatte ernsthaft die Befürchtung, dass durch die Wucht bei der Landung die Gebärmutter der Springerinnen zerstört werden könnte.

Das Frauen-Skispringen sollte dann ausgerechnet in Kaspers Präsidentschaft den größten Sprung machen: Mit der Einführung des Weltcups (2011) und der Aufnahme zu Olympia (2014), inzwischen haben die Frauen auch eigene Skiflugbewerbe. „Die Entwicklung in dieser kurzen Zeit ist sehr positiv“, sagt Florian Liegl, der Nordische Direktor beim ÖSV.

Eines ist trotz aller Erfolge freilich nicht gelungen: der erhoffte Boom ist ausgeblieben, die Mädchen fliegen scheinbar nicht aufs Skispringen. „Dabei hätten gerade wir in Österreich genug Galionsfiguren gehabt. Wir haben relativ wenig Nachwuchs“, erklärt ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher.

Große Herausforderung

Eine andere Herausforderung stellt die Gleichbehandlung dar, auf die die Skispringerinnen zu Recht pochen. Ab dem Winter 2026/’27 sollen Frauen und Männer die Wettkämpfe gemeinsam am gleichen Ort austragen. Das hört sich im ersten Moment nach einer Aufwertung an, kann aber genau den gegenteiligen Effekt haben.

 Als im Dezember im Schweizerischen Engelberg an einem Tag jeweils ein Bewerb der Frauen und Männer angesetzt war, wurde allen vor Augen geführt, dass es mit der Gleichbehandlung nicht weit her ist.

Peinliches Geschenk

Das Springen der Frauen wurde wegen Wetterkapriolen abgebrochen, um den Bewerb der Männer zu gewährleisten. Genau solche Szenarien drohen bei einem gemeinsamen Kalender oder einer gemeinsamen Vierschanzentournee.

Tatsächlich trennen Männer und Frauen noch Welten. Als Jan Hörl in Garmisch die Qualifikation gewann, erhielt er einen Scheck in Höhe von 3.000 Euro. Auch die Frauen-Siegerin Selina Freitag bekam in Garmisch ein Präsent: Duschgel, Shampoo und Handtücher.

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