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Die Macht der Attraktivität in der Arbeitswelt

von Max

Stellen Sie sich vor, es gibt dieses Wundermittel. Eines, das Ihnen schon in der Schule bessere Noten beschert. Im späteren Leben das Vorstellungsgespräch erleichtert und dann auch die gewünschte Stelle sichert. Das Ihnen Lob für Ihre Leistungen einbringt, die Beförderung erwirkt und am Ende sogar ein besseres Gehalt – durchschnittlich 800 Euro netto mehr im Monat. Arbeitslos werden Sie mit diesem Wundermittel auch nicht.

Halten Sie sich fest, das Mittel gibt es wirklich. Es nennt sich: Schönheit.

Klingt abwegig? Ist aber wissenschaftlich belegt, erklärt der deutsche Soziologe und Attraktivitätsforscher Ulrich Rosar dem KURIER. Dass manche Menschen in puncto Schönheit also nachhelfen, ist naheliegend. Nicht zuletzt, weil Kosmetik und Medizin ja reichlich Optionen bieten. Botox für die Karriere sozusagen. Eine gute Idee?

Frisch und glatt gemacht

„Es kann absolut von Vorteil sein“, ist Henrik Heüveldop, Experte für ästhetische Behandlungen und Teil des Promi-Duos „DR. RICK & DR. NICK“ überzeugt. „Über die Optik gewinnt man viel Reichweite und Reichweite ist heutzutage Business.“ Über 3.000 Behandlungen führen er und sein Team an vier Standorten in Deutschland im Monat durch, 500 davon an Männern, Tendenz steigend. 

Sich für die Karriere zu glätten, sein Aussehen zu optimieren, wäre heute nichts Ungewöhnliches, berichtet er. Das „Lunchtime-Treatment“ ist gerne gebucht – da holt man sich in der Mittagspause den kurzen Botox-Frischekick und kehrt munter aussehend ins Büro zurück.

Das frische Aussehen ist für Patienten das Wichtigste, bestätigt Barbara Franz, die auf ästhetische Dermatologie und Dermachirurgie spezialisiert ist und mehrfach als beste Dermatologin Österreichs ausgezeichnet wurde. Klienten hat sie in allen Branchen. Vom Angestellten bis zum Topmanager. Manche kämen kurz vorm Jobwechsel, um sich aufpeppen zu lassen. Andere regelmäßig für den Alltag. 

Die Frage, ob man schlecht geschlafen hat oder erschöpft ist, will keiner im Job hören, weiß sie. Also wird nachgeholfen, mit invasiven und weniger invasiven Methoden. Für Franz nichts Verwerfliches. Bei gleicher Qualifikation wären schöne, gesund aussehende Menschen bevorzugt, so Franz: „Das ist eine harte Aussage, aber sie ist wahr.“ Ob die Arbeitswelt hier zustimmen würde?

Unschöne Ablehnung oder Diskriminierungsverbot?

Niemals offiziell, weiß Personalprofi Manuela Lindlbauer, die jahrzehntelang im Business ist. „Junge, dynamische, hübsche Assistentin gesucht, würde heute niemand in eine Stellenanzeige schreiben“, sagt sie und ergänzt: „Das heißt aber nicht, dass das keiner mehr haben will.“

Das Thema wäre heikel, politisch inkorrekt und letztlich durch das Diskriminierungsverbot auch rechtlich problematisch. Dennoch ist es da, sagt sie. „Es ist menschlich und in unserem Unterbewusstsein verankert, sich lieber mit Menschen abzugeben, die positiv, frisch und unbekümmert wirken.“

Wie so oft ist es eine Branchenfrage

Grauer Haaransatz, ungemachte Fingernägel oder ein abgearbeitetes Aussehen könnten also beruflich zum Verhängnis werden. Insbesondere in Branchen, die vom Äußeren profitieren.

„Ich würde behaupten, dass es in meinem Bereich kein Nachteil ist, älter und reifer auszusehen“, sagt Arbeitspsychologin Karin Flenreiss-Frankl. Und weiß, dass es in anderen Jobs nicht so ist. Überall dort, wo es eine schnelle Weiterentwicklung gibt, wäre jugendliches, dynamisches Aussehen gefragt, sagt sie. Und hebt etwa die Medienbranche hervor. Manuela Lindlbauer ergänzt Bereiche wie den Vertrieb und den Verkauf oder generell Positionen, die in der Öffentlichkeit präsent sind.

Steckt eine verborgene Unsicherheit dahinter?

Man will eine gewisse Aura ausstrahlen, selbstsicher wirken. Den Damen ein besonderer Dorn im Auge: Falten, Furchen und sogenannte Merkel-Mundwinkel, die für eine müde, griesgrämige Optik sorgen, erläutert Dermatologin Barbara Franz. „Ein ebenmäßiges, schönes Gesicht signalisiert, dass der Mensch kräftig ist und im Beruf auch nicht ausfallen wird“, sagt sie.

Bei Männern sei man weniger streng. Was nicht bedeutet, dass die Herren keinen Optimierungsbedarf bei sich sehen, berichtet Aesthetify-Gründer Henrik Heüveldop alias „DR. RICK“.

Sie wollen den maskulinen Look, verschärfen die Kinnpartie, verdichten den Haaransatz. Oder etwas völlig Unerwartetes: „Ich denke da an den typischen Businesspatienten, der sich Botox in die Hände spritzen lässt, um das Schwitzen zu unterbinden.“ Einen feuchten Händedruck zur Begrüßung will schließlich keiner. Genauso wenig wie Ränder unter den Achseln, die sich durchs Hemd, oder noch schlimmer, durchs Sakko abzeichnen.

Leichtfertig umgehen sollte man mit Schönheitsbehandlungen trotzdem nie. Abgesehen von vielen gesundheitlichen Risiken ist es ein schmaler Grat zwischen jugendlich frischem Aussehen und dem maskenhaften Gesicht, das man aus Hollywood kennt.

Das Karriere-Schreckgespenst

„Wir lehnen Künstliches intuitiv ab“, sagt Soziologe Ulrich Rosar. „Wenn jemand 80 ist und faltenfrei, wirkt das völlig unnatürlich. Auch bei der Haarfarbe rechnet man ab einem gewissen Alter mit grauen Strähnen.“ Wer dem erwarteten Bild nicht entspricht, wird also kritisch beäugt. Egal, wie viel Natürlichkeit Ärzte versprechen – ab irgendeinem Punkt könnte das Konzept kippen. Und sogar zum Karrierenachteil werden. „Wer bei jeder neuen Falte eingreifen will, ist nicht selbstsicher“, betont Psychologin Flenreiss-Frankl. 

„Schöpft man sein Selbstbewusstsein nur aus dem Aussehen, geht das in eine Richtung, die sehr oberflächlich ist und nicht für die Kompetenz spricht.“ Im Extremfall könnte man sogar als dümmlich abgestempelt werden, berichtet Personalvermittlerin Manuela Lindlbauer. Sich nur aufs Aussehen zu verlassen, wäre aber ohnehin zu kurz gedacht, sagt sie. „Es ist nur ein Teil des beruflichen Erfolgs.“ Eine Art Vorschusslorbeeren, die auch schnell verpuffen können. „Man kann noch so gut oder frisch aussehen – erbringt man nicht die gewünschte Leistung, kommt man langfristig auch nicht weiter“, ordnet Soziologe Ulrich Rosar ein.

Oder einfach ausruhen

Wer Stress, Müdigkeit und Lebenserfahrung trotzdem wegspritzen will, sollte eines bedenken, sagt Psychologin Flenreiss-Frankl: „Das ist nur eine Korrektur von außen und ändert nichts am tatsächlichen Energiepegel.“ Sieht man müde aus, ist man es wahrscheinlich auch und braucht schlicht Erholung. Der ständige Druck, jung und frisch aussehen zu wollen, würde uns nicht guttun, mahnt sie. „Es führt zu psychischen Erkrankungen und Burn-out.“

Ein Aufruf zur äußerlichen Selbstoptimierung ist dieser Artikel somit nicht. Man könne auch ohne kosmetische Eingriffe punkten. „Fröhliche, positive Menschen kommen genauso gut an“, sagt Lindlbauer. „So kann man auch mit seinem natürlichen Strahlen überzeugen.“ Immerhin sei ein Großteil der erfolgreichen Menschen nicht gebotoxt. Ein Beispiel ist die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel. Nach ihr wurde zwar eine Falte benannt, ihrer Karriere standen die Mundwinkel aber nicht im Weg.

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