„Ein bisschen wie den Film ,R.E.D.’“ sieht der ehemalige Frontmann der Progressive-Rock-Band Marillion seine Abschiedstournee. Denn der 66-Jährige startet nach dem Filmmotto „Älter, besser, härter“ mit seinen besten Musikerfreunden seine letzte Tournee.
Am 17. Oktober gastiert Fish beim Wien-Stop dieser „Road To The Isles“-Tour mit Hits wie „Kayleigh“ und „Lavender“, aber auch Ausschnitten aus seinen konzeptuellen Solo-Alben in der Arena. Ist diese Tour vorbei, zieht er sich mit seiner Frau auf die Insel Berneray in den Hebriden zurück – um Schafe zu züchten und Romane zu schreiben.
„Ich will nicht als zynischer, verbitterter, alter Musiker enden“, begründet der 66-Jährige diese Entscheidung im KURIER-Interview. „Das Musikbusiness hat sich so verändert, dass es schwierig ist, davon zu leben. Ich mache keine Musik für die Charts, ich bin ein Alben-Künstler. Aber wegen Streaming, wo nur einzelne Songs zählen, habe ich für meine Musik keine Vertriebsmöglichkeit mehr.“
Würdig beenden
Von den Tourneen zu leben, „wurde auch immer schwieriger. Es ist ein Lotteriespiel, ob genug Leute kommen. Denn es gibt nur so viel Geld, das die Leute für Konzert ausgeben können. Da sind aber Acts wie die Rolling Stones oder Bruce Springsteen wie massige Staubsauger, die das ganze finanzielle Potenzial des Publikums aufsaugen. Und ich will ohnehin nicht mit 70 noch in einem Tourbus rumlungern. Ich will das mit Würde beenden.“
Er wusste schon bei seinem letzten, von Kritikern gefeierten Album „Weltschmerz“ von 2020, dass er danach keine Platte mehr machen würde. „Ich bin darauf sehr stolz“, sagt der Schotte, der seinen Spitznamen davon hat, dass er gerne lang in der Badewanne liegt. „Aber ich habe damit alles gesagt und würde mich nur mehr wiederholen. Und: Für ,Weltschmerz’ habe ich einen Song über Autismus geschrieben, dafür recherchiert. Dabei bin draufgekommen, dass ich selbst in dieses Krankheitsspektrum falle. Denn ich bin bei Streitgesprächen mit Leuten oft frustriert gewesen, weil ich in Worten nicht ausdrücken konnte, was ich sagen wollte. Ich kann das nur beim Schreiben. Das hat mir die Augen dafür geöffnet, was ich bin: Kein Musiker, der Songs schreibt, sondern ein Autor, der singt.“
Auf einem kleinen, völlig heruntergekommenen Bauernhof auf Berneray, den er gekauft und mit dem Erlös aus seinem Haus am schottischen Festland renoviert hat, hat er sich eine Hütte zum Schreiben eingerichtet. „Da kann ich meine Autobiografie und Romane schreiben, was ich immer wollte. Die Insel ist nur 18 Hektar groß, hat 150 Einwohner. Im Sommer gibt es ein bisschen Tourismus. Meine Frau ist Deutsche und kann großartig backen, vor allem deutsches Brot. Sie wird dort ein kleines Restaurant betreiben, wir haben Tische für zehn Leute draußen im Freien. Und wir haben 13 Schafe und hoffen, dass es nächstes Jahr 30 sind. Ich brauche dieses neue Abenteuer, sonst wird mir langweilig.“
Sich nicht zu wiederholen war 1988 auch der Grund dafür, dass sich Fish von Marillion trennte. Zumindest der offizielle: „Es ging eigentlich darum, dass wir keine Band mehr waren. Marillions Drummer schrieb in seiner Autobiografie, dass ich die Band bei meiner ersten Hochzeit nur aus Publicity-Gründen zu meinen Trauzeugen gemacht habe. Das hat mir so weh getan, denn sie waren da, weil sie meine besten Freunde waren. Zumindest dachte ich das. Denn ich war der Letzte in der Band, der sich nach den zwei in den Charts so erfolgreichen Alben ,Misplaced Childhood“ und ,Clutching At Straws„ noch für die Band eingesetzt hatte. Ich schrieb alle Melodien, alle Texte, ich machte die grafischen Sachen und alle Interviews – zu einem Zeitpunkt, wo sich die anderen nur mehr um sich gekümmert haben. Da fühlte ich mich ausgenutzt und dachte, ich kann ohne Marillion ein besseres Leben haben. Und das hatte ich.“