Wer mit seiner Gemeindebauwohnung auf Airbnb Geld machen will, macht sich strafbar. Die Stadt Wien geht mit Detektiv:innen gegen den Missbrauch vor. Heuer wurden schon zwölf Mietverträge gekündigt.
Jede:r vierte Wiener:in ist im Gemeindebau gemeldet. Ob alle 500.000 Menschen auch wirklich dort leben, bezweifelt die Stadt. Seit Jahren poppen immer wieder Fälle der illegalen Untervermietung auf. Vor allem über die Plattform Airbnb sollen Mieter:innen Geld mit dem kommunalen Wohnbau machen. Seit 2021 setzt die Stadt Wien auf Detektiv:innen, um die den Missbrauch aufzudecken.
Airbnb und die Verantwortung
Jahrelang stritt die Stadt Wien mit Airbnb. Im Jahr 2022 erreichte sie dann einen wichtigen Sieg: Der Oberste Gerichtshof entschied, dass Airbnb auf der Plattform keine Inserate von Gemeindewohnungen zeigen darf. Airbnb wurde zudem dazu verpflichtet, die Gewinne offenzulegen, die durch Vermittlungen von Unterkünften in Gemeindebauten erzielt wurden. Von 2012 bis 2022 ergab sich laut dem Unternehmen ein Umsatz von 137.000 US-Dollar aus Angeboten im Gemeindebau. Ein Gewinn wurde damit allerdings nie erzielt, erklärte Airbnb in einer Pressemitteilung.
War das Gerichtsurteil zwar klar, wurde die Kommunikation des Plattformbetreibers seither aber nicht verständlicher: So weist Airbnb in einer Stellungnahme gegenüber der WZ zwar darauf hin, dass sie alle Wiener Gastgeber:innen, wie die Vermieter:innen dort genannt werden, regelmäßig darüber aufklären würden, Unterkünfte im Wiener Gemeindebau nicht auf Airbnb anzubieten. Im „Hilfe-Center“ der Airbnb-Website findet sich im Artikel über die Regeln für Gastgeber:innen in Wien unter dem Punkt „Gemeindebau“ jedoch immer noch eine vage Formulierung: „Für den Fall, dass du in subventioniertem Wohnraum lebst, (…) solltest du deinen Mietvertrag prüfen. Er könnte Bestimmungen enthalten, die eine Untervermietung ohne Genehmigung der Vermieter:innen verbieten.“ Zudem rät Airbnb potenziellen Gastgeber:innen, bei der Stadt oder Wiener Wohnen nachzufragen – deren Antwort allerdings eindeutig ausfallen dürfte. Denn seit dem OGH-Urteil ist deutlich: Wer gegen die Regeln verstößt, verliert seine Gemeindewohnung und muss die Prozesskosten übernehmen, die schnell mehrere tausend Euro betragen können.
Schwierige Spurensuche
Den Dunkelziffern der illegalen Untervermietung auf der Spur, wollte die Stadt Wien die Lösung des Problems nicht mehr Airbnb überlassen, sondern suchte einen anderen Weg: Nach einem Pilotprojekt 2021 setzt sie nun ganz auf den Einsatz von Detektiv:innen. Deren Arbeit gestaltet sich jedoch alles andere als einfach, denn die Untervermietungen sind schwer auszuforschen. Will man beispielsweise herausfinden, wo sich eine auf Airbnb angebotene Unterkunft befindet, wird meist nur ein Radius von 150 bis 500 Metern angezeigt. Dies soll laut Airbnb die Sicherheit der Gastgeber:innen gewährleisten. Die genaue Adresse wird erst nach einer Buchung bekannt gegeben. Dadurch ist es nahezu unmöglich, die Adressen der Gemeindebauten mit den Inseraten auf Airbnb abzugleichen und zu prüfen, ob die Plattform diese wirklich ausschließt, wie sie es, laut Valerie Pechhacker-Preiß aus dem Kommunikationsteam für Airbnb, tut.
Fallzahlen bleiben offen
Seit Beginn der Detektivarbeit wurden laut der Sprecherin von Wiener Wohnen, Marianne Lackner, rund 400 Verdachtsfälle geprüft. 2024 führten die Ermittlungen bereits zu zwölf Kündigungen von Mietverhältnissen. Im vergangenen Jahr wurde in 50 Wohnungen illegale Untervermietung oder Nichtbenutzung bestätigt. Jährliche Fallzahlen zu bestätigter Zweckentfremdung von Gemeindebauwohnungen will Wiener Wohnen jedoch nicht nennen.
Bereits 2016 wurden laut einem Artikel der „Presse“ 45 Zwangsräumungen aufgrund grob nachteiligen Gebrauchs, Untervermietung oder unleidlichen Verhaltens durchgeführt. Damals wurden allerdings noch keine systematischen Kontrollen vorgenommen. Man verließ sich auf Hinweise von Nachbar:innen, die zweckfremde Nutzung oft als erste bemerken. Sie melden etwa, wenn hausfremde Personen regelmäßig durch den Hauseingang marschieren. Eine Strategie, die sich gemessen an der Anzahl bestätigter Fälle in der Vergangenheit bewährt hat und die auch heute noch in vielen Landeshauptstädten üblich ist.
Das fällt sofort Nachbarn auf, und sie melden es auch gleich.
Elke Kahr (KPÖ), Bürgermeisterin der Stadt Graz
Wachsame Nachbarn in den Bundesländern
„Das fällt sofort Nachbarn auf, und sie melden es auch gleich“, sagt etwa die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) im Gespräch mit der WZ. Dass sich in Grazer Gemeindewohnungen Airbnbs befinden könnten, hält sie für ausgeschlossen. Wien bewege sich in einer anderen Größenordnung und hätte somit andere Probleme, dessen sei man sich bewusst, sagt Kahr. Dennoch ist auch in der Grazer Stadtverwaltung die Rede davon, das Wiener Prüfverfahren dort zukünftig zu testen. In Innsbruck und Salzburg arbeitet man bislang weiter mit den eigenen, internen Prüfstellen. In der Tiroler Landeshauptstadt etwa geht die „Taskforce Airbnb“ den Hinweisen auf Zweckentfremdung nach. Die Stadt Salzburg führte ein Online-Whistleblower-Formular ein, über das Bürger:innen anonym und unbürokratisch Tipps abgeben können.
Die NSA ermittelt
Knapp eine halbe Million Euro lässt sich die Stadt Wien die Detektivarbeit für zwei Jahre kosten. Laut öffentlicher Bekanntmachung erhielt den Auftrag dafür die „NSA Bewachungs-Detektei GmbH“. Eine Sicherheitsfirma, die zuletzt aufgrund von Kontroversen in den Schlagzeilen war, als der frühere niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) sie für die Bewachung von Asylquartieren beauftragt hatte. Bei der Auswahl der Auftragnehmer*innen lege Wiener Wohnen „hohen Wert auf ihre Professionalität und Integrität“, erläutert Lackner. Man sei mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden. Der Rahmenvertrag laufe noch bis 2025 und soll danach neu ausgeschrieben werden. Die Detektei wollte sich zu „eventuellen Aufträgen“ nicht äußern.
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Infos und Quellen
Gesprächspartner:innen
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Valerie Pechhacker-Preiß, Kommunikationsteam für Airbnb in Österreich
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Marianne Lackner, Sprecherin Wiener Wohnen
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Elke Kahr (KPÖ), Grazer Bürgermeisterin
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Fabian Bär, Stadtverwaltung Innsbruck
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Roman Sommersacher, Stadt Graz
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Tobias Neugebauer, Stadt Salzburg
Daten und Fakten
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Um eine Gemeindebauwohnung zu bekommen, braucht man ein Wiener Wohn-Ticket. Gemeindebauwohnungen stehen nur jenen Personen zur Verfügung, die Bedarf daran nachweisen können. Die Wartezeit bis zum Einzug in eine Wohnung ist abhängig von der Verfügbarkeit freier Wohnungen, der Anzahl von Wohnungsanträgen und den eigenen Angaben. Grundvoraussetzungen für die Antragsteller:innen sind:
1) Vollendung des 17. Lebensjahres
2) geklärte Familienverhältnisse: Verheiratete oder Personen mit eingetragener Partnerschaft können nur gemeinsam mit ihrer:m Partner:in eine Wohnung beantragen
3) seit mind. 2 Jahren in Wien hauptgemeldet
4) im Besitz einer österreichischen, schweizerischen oder EU-Staatsbürgerschaft oder dem Reisepass eines EWR-Landes (Norwegen, Liechtenstein, Island); anerkannter Flüchtling; als Drittstaatenangehörige:r ist ein Aufenthaltstitel (Daueraufenthalt – EU, Daueraufenthalt – Familienangehöriger) für eine unbefristete Niederlassung vorzuweisen
5) Einkommensgrenzen dürfen nicht überschritten werden. Eine Person, die allein eine Wohnung beantragt, darf beispielsweise die jährliche Netto-Einkommensgrenze von 57.600,00 € nicht überschreiten, bei einer Haushaltsgröße von zwei Personen sind es 85.830,00 € (Stand 2024). -
Wiener:innen, die jünger als 30 Jahre sind, über keine eigene Wohnung oder kein eigenes Haus (Hauptmietvertrag/Eigentum) verfügen und seit über zehn Jahren bei ihren Eltern hauptgemeldet sind, können sich für ein spezielles Wiener Wohn-Ticket mit „begründetem Wohnbedarf“ anmelden. Damit kann man zwei Angebote für eine Gemeindewohnung mit maximal zwei Wohnräumen erhalten.
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Airbnb wurde 2007 gegründet. Seitdem hat sich die Plattform zu einer globalen Community entwickelt, mit über fünf Millionen Gastgeber:innen, die weltweit mehr als zwei Milliarden Gäste empfangen haben. Bis zum Jahr 2023 verdienten Gastgeber:innen insgesamt 250 Mrd. US-Dollar durch Vermietungen. Stand 30. Juni 2024 gab es weltweit mehr als 8 Millionen aktive Inserate auf der Plattform.
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Mehr als 14.000 Unterkünfte sind laut der Recherchewebsite Inside Airbnb im Wiener Stadtgebiet inseriert. Im vergangenen Jahr konnte man mit einer Unterkunft in Wien durchschnittlich 99 Euro pro Nacht verdienen.
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Die NSA Bewachungs-Detektei GmbH ist ein österreichisches Sicherheitsunternehmen mit Sitzen in Wien, Moskau, Sofia, Dubai und Sacramento, so die Firmen-Website. Die zentrale Firmenadresse befindet sich in Leobersdorf. Das Unternehmen bietet Dienstleistungen wie Personenschutz, Detektei- und Ermittlungsdienste, Objekt- und Veranstaltungsschutz sowie eine 24-Stunden-Notrufzentrale und einen Dolmetschdienst an. Als Referenzen werden u. a. die Marktgemeinde Leobersdorf, das Bundesministerium für Justiz, der Zukunftsfonds der Republik Österreich, die Landwirtschaftskammer Niederösterreich geführt. Die NSA Bewachungs-Detektei GmbH geriet zuletzt in die Medien, als bekannt wurde, dass sie vom damals amtierenden niederösterreichischen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) mit Aufgaben rund um die Bewachung von Asylquartieren betraut wurde, was zu Kontroversen führte. Geschäftsführer ist der ehemalige Polizist Gerald Wöhrer. Das Unternehmen ist eine Firmentochter des österreichischen Sicherheitsunternehmens National Security Austria.
Quellen
Das Thema in der WZ
Die Möglichkeit einer Wiese