Da waren es nur noch (oder wieder) drei: Als Trio haben Tocotronic 1993 in Hamburg begonnen, Musik zu machen, und also Trio machen sie nach dem Ausstieg von Rick McPhail, der ab 2004 fixer Bestandteil der Band war, nun auch weiter. Für das am Freitag veröffentlichte Album „Golden Years“ hat McPhail zwar noch Gitarre gespielt, aber auf Tour ist er nicht mehr dabei. „Mehr können wir im Augenblick aus Rücksicht auf seine Privatsphäre nicht sagen“, sagt Sänger und Vordenker, Dirk von Lowtzow, im Interview.
KURIER: Wie kommt man darauf, in Zeiten von Kriegen, Krisen und Despoten ein Album „Golden Years“ zu nennen?
Dirk von Lowtzow: Der Titel funktioniert wie ein Kippbild – seine Bedeutung ändert sich je nach Blickwinkel. Er steht für größtmögliche Offenheit und könnte in dieser finsteren Zeit ein Hoffnungsschimmer sein. Man kann ihn aber auch sarkastisch lesen. Oder wehmütig: Vielleicht ist es gerade jetzt so schön, wie es nie wieder sein wird. Und natürlich schwingt auch eine gewisse Nostalgie mit, denn früher haben wir lange Zeit unsere Platten auf dem Hamburger Indie-Label „L’age d’or“ veröffentlicht, was ja „Goldenes Zeitalter“ bedeutet.
Woher kommt die ausgeprägte Neigung zur US-Country-Musik auf dem Album?
Das liegt unter anderem daran, dass Songs wie „Golden Years“ auf der Akustikgitarre entstanden sind. In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit Folk und Country Music beschäftigt. Besonders spannend finde ich dabei die Einfachheit: Mit nur wenigen Akkorden kann man ein Stück unendlich lange fortsetzen. Zudem ist es eine Stilrichtung, die in unserem bisherigen musikalischen Kosmos noch nicht so präsent war. Ich sehe es als eine Mischung aus dem klassischen Country des Great American Songbook und den Achtzigerjahre-Bands, die Country mit Pop kombinierten – wie The Go-Betweens, die in meiner Jugend eine wichtige Rolle spielten.