Seit knapp einem Jahr lebt Matthias Braunöder mit seiner Freundin im norditalienischen Como, einen Wechselpass vom Ufer des Comersees entfernt. Hier ein Espresso, dort g’schmackige Pasta, vielleicht noch ein Tiramisu im Sonnenschein. „Privat geht es mir sehr gut, da kann ich mich nicht beschweren. Das Leben am Comersee ist ein Traum, aber natürlich bin ich hier, um Fußball zu spielen.“ Ab und zu gönnt er sich einen Ausflug nach Mailand, um in der 40 Autominuten entfernten Metropole zu bummeln. Das alles klingt nach dem klassischen Dolce Vita.
Doch das hat für den 22-Jährigen einen bitteren Beigeschmack, spätestens dann, wenn man das Sportliche in Betracht zieht. Im Jahr 2025 hat der Burgenländer beim Serie-A-Klub Como noch keine einzige Minute spielen dürfen, stets saß er auf der Bank und musste seinen Kollegen zusehen. „Sportlich läuft es für mich persönlich natürlich nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe“, so seine diplomatische Umschreibung. „Das ist selbstredend nicht zufriedenstellend, dennoch probiere ich auch aus dieser schwierigen Situation das Beste zu machen.“
Sein Trainer Cesc Fabregas, ein ehemaliger Weltklassespieler im zentralen Mittelfeld, nimmt den Österreicher ab und zu zur Seite, um ein paar Worte zu wechseln. „Er sagt mir nicht, was ich konkret zu tun habe, damit ich spiele, vielmehr geht es um Allgemeines, damit du dein Niveau anhebst.“ Fabregas sei ein Trainer, dem Details wichtig sind, der auf Kleinigkeiten achtet. Kein Trainingsspiel ohne taktische Vorgaben.
Braunöder bleibt nicht mehr übrig, als sich über Trainingsleistungen zu empfehlen, sich nicht hängen zu lassen. „Ich probiere, das Beste daraus zu machen, bei jedem Training alles zu geben und aufzuzeigen.“ Kaufen kann er sich bis dato nicht viel davon. „Die Konkurrenzsituation auf meiner Position ist sehr hoch, wir haben viele und gute Spieler. Aktuell sind alle fit, und jene, die spielen, machen es auch gut.“
Geduld ist gefragt
Geduld ist Braunöders höchste Tugend in diesen Tagen. „Derzeit sind einige Spieler vor mir.“ Sein Vertrag bei Como läuft noch bis zum Sommer 2027. Sollte sich seine sportliche Situation bis zum Sommer 2025 gar nicht ändern, dann werden wohl Überlegungen angestellt.
„Auf Dauer nicht zu spielen, das ist gar nicht gut, auch wenn das Niveau im Training hoch ist. Aber der Fußball ist schnelllebig“, so die Hoffnung des demnächst 23-Jährigen. „Bis dahin versuche ich alles. Wer weiß, vielleicht ergibt sich plötzlich eine Chance für mich.“
Im Jänner 2024 tauchte der ehemalige Austrianer jedenfalls mit der Serie A in eine andere Fußballwelt ein. „Und zwar in allen Belangen, wenn du aus Österreich kommst.“ Große Vereine mit klingenden Namen, legendäre, wenngleich nicht mehr ganz so taufrische Stadien. „Das Olympiastadion in Rom war schon beeindruckend mit einer gewaltigen Stimmung. Und natürlich auch das San Siro in Mailand.“ Dort ist er mit Como an diesem Wochenende zu Gast, wenn man der schwächelnden AC Milan ein Bein stellen möchte. Auch in diesem Tempel wird er wohl auf der Bank Platz nehmen.
Trotz der fehlenden Spielpraxis erkennt Braunöder viel Positives in seinem Leben in Italien. „Die Erfahrung ist auf alle Fälle wichtig. Einmal weg von daheim, auf sich gestellt sein, eine neue Sprache lernen, und natürlich das Wichtigste, fußballerisch auf höherem Niveau zu spielen. Ich habe mich dennoch enorm weiterentwickelt im Vergleich zu Österreich.“
Das italienische Idiom beherrscht er mittlerweile gut. „Ich verstehe so ziemlich alles, reden geht auch schon besser. Ich kann mich überall durchschlagen.“ Im Verein wird aber ob der vielen Nationalitäten der Spieler ohnehin mehr Englisch als Italienisch parliert. „In der Kabine sind die Italiener in Unterzahl“, lacht Braunöder, der natürlich weiter Kontakte zu seiner Wiener Austria pflegt, vergangenen Herbst auch zwei Mal bei Spielen zu Besuch war.
Im Sommer wird er sehen, ob er auch sportlich ein Dolce Vita genießen darf. „Ich muss nicht unbedingt in Italien bleiben, aber auch nicht unbedingt weg. Es taugt mir hier schon.“