Startseite Kultur Dreharbeiten: Josef Hader setzt für zweiten Film auf Glaubwürdigkeit und Minichmayr

Dreharbeiten: Josef Hader setzt für zweiten Film auf Glaubwürdigkeit und Minichmayr

von Max

Die Dreharbeiten für den zweiten Film von Josef Hader sind in vollem Gange. Der Ausnahmekabarettist versucht sich bei „Andrea lässt sich scheiden“ nach seinem Erfolg mit „Wilde Maus“ erneut an einer Tragikomödie und zeichnet wieder für Drehbuch, Regie und einen Schauspielpart verantwortlich. Die Hauptrolle hat er diesmal allerdings an Birgit Minichmayr abgegeben und die Stadt mit einer ländlichen Gegend getauscht. Im Zentrum der Handlung steht das Dilemma einer Polizistin.

„Mir war klar, dass ich nicht die Hauptrolle spielen möchte, sondern mich auf die Regie konzentriere“, sagte Hader der APA im Zuge eines Besuchs der Dreharbeiten in der Nähe von Ybbs. Zwar habe die Kombi von Regie und Hauptrolle bei der „Wilden Maus“ nicht so schlecht geklappt, „aber man hat dann doch ein Augenmerk auf die eigene Figur, wodurch der Blick aufs Ganze ein bisschen leidet“. Dass das Drehbuch für „Andrea lässt sich scheiden“ aus seiner Feder stammt, ist kein Zufall: „Ich kann nur Regie führen, wenn ich auch das Drehbuch verfasst habe. Ich bin ein Anfängerregisseur, der sich von der ersten Drehbuchfassung bis vor die Dreharbeiten jahrelang in den Stoff hineinschrauben muss, um zu wissen, was er will“, so der gebürtige Oberösterreicher.

„Seismograph für unstimmige Dialoge“

Um eine One-Man-Show handelt es sich aber dennoch nicht, habe er doch von der ersten Fassung an Leute um sich, die ihm helfen, den Stoff weiterzuentwickeln. Später komme noch das beste Korrektiv überhaupt hinzu: kluge Schauspielerinnen und Schauspieler – wie im vorliegenden Fall neben Minichmayr auch etwa Robert Stadlober, Branko Samarovski, Marlene Hauser, Thomas Stipsits, Margarethe Tiesel oder auch Maria Hofstätter in weiteren Rollen. „Birgit Minichmayr ist ein Seismograph für unstimmige Dialoge“, lobte Hader. Sie sei „in jeder Hinsicht die Idealbesetzung“ für Andrea.

Diese ist eine sehr korrekte Polizistin am Land. Sie will sich scheiden lassen, was nicht von der ganzen Dorfgemeinschaft gutgeheißen wird. Nach einer Geburtstagsfeier läuft ihr Noch-Ehemann betrunken vor ihr Auto und stirbt. Andrea begeht im Schock Fahrerflucht. Als sie später an den Unfallort zurückkehrt, ist bereits ein anderer Schuldiger gefunden: Franz, ein abgehalfterter, von Hader gespielter Religionslehrer, der das Unfallopfer mit seinem Wagen ein zweites Mal überrollt hat. Er leide zwar darunter, empfinde die vermeintliche Schuld, die er auf sich geladen hat, aber auch als besonderes Erlebnis, gab Hader Einblick in die Gefühlswelt von Franz.

Das private Ich

Die Polizistin ist nach dem Vorfall unschlüssig, ob sie sich stellen soll oder doch lieber ihren Job behalten möchte. „Sie ist kein glücklicher Mensch. Sie lässt sich scheiden und ist nicht froh darüber, wo sie lebt. Und dann trifft sie zur falschen Zeit die falsche Entscheidung“, so Minichmayr über ihre Rolle. Anknüpfungspunkte zu Andrea brauche sie keine. „Wenn ich alle Rollen mit meinem privaten Ich belegen müsste, wäre das der Tod der Kreativität. Ich könnte keine Medea und keine Maria Stuart spielen, denn all das bin ich nie gewesen und werde ich auch nie sein. Man braucht Erlebnisfähigkeit und Vorstellungskraft“, sagte die Burgschauspielerin.

Zögern habe sie bei ihrer Zusage lassen, dass sie schon einst eine Figur mit ähnlicher Ausgangslage gespielt habe. „Aber dann habe ich mir gedacht, warum nicht. Hauptsache ich kann mit Josef Hader arbeiten“, so die 45-Jährige, die mit ihrem Kollegen 2009 in Wolfgang Murnbergers Brenner-Verfilmung „Der Knochenmann“ spielte. Hader beschrieb sie als sehr gut vorbereiteten Regisseur. „Er ist ein wacher Zuschauer und pflegt einen wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe.“

Hader selbst erachtet als Regisseur die Glaubwürdigkeit der Situationen und Schauspielerinnen und Schauspieler als „das Allerwichtigste“ – mit ein Grund, warum er auf Minichmayr setzte: Sie würde nie eine Situation an einen Effekt verraten. Zudem komme sie vom Land und treffe daher den Ton von Andrea, sagte der vielfach ausgezeichnete Kabarettist, der sich derzeit eine Auszeit von seinem Solo-Programm „Hader on Ice“ gönnt.

Für die Postproduktion von „Andrea lässt sich scheiden“ will sich Hader bloß nicht stressen lassen. „Ich bin dazu viel zu unerfahren als Regisseur“, erklärte der 60-Jährige. Beim Schneiden lege er gerne längere Pausen ein. In den Augen von Produzent Michael Katz (Wega Film), der bereits für „Wilde Maus“ mit Hader zusammenarbeitete, ist das kein Problem: „Beim Drehen fällt jede Verzögerung enorm ins Gewicht. Wenn ein Regisseur sechs statt drei Monate schneidet, ist das vergleichsweise ein Klacks.“ Strikt eingehalten müssten dagegen siebenwöchigen Dreharbeiten bis Ende Juni in Ybbs und Umgebung, St. Pölten sowie dem Weinviertel werden, um das Budget von rund drei Millionen Euro nicht zu sprengen. Überhaupt nicht drehen könnte man, hätte der Bund den Corona-Ausfallfonds nicht verlängert. „Keine private Versicherung steigt auf das Risiko ein“, so Katz.

„Andrea lässt sich scheiden“ soll 2024 vom Filmladen Filmverleih in die österreichischen Kinos gebracht werden. Ob daraufhin mit einem weiteren Hader-Film zu rechnen ist, steht noch nicht fest. „Wenn ich den zweiten nicht versemmle, hätte ich wohl eine Chance. Aber das muss man abwarten“, sagte Hader. (apa)

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