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„Drill, Baby, Drill“: Trumps Klimapolitik und die Folgen für die Welt

von Max

„Drill, baby, drill“: Im Wahlkampf gab Donald Trump die Richtung vor. Obwohl Naturkatastrophen die Welt immer intensiver bedrängen und 2024 als bisher wärmstes Jahr in die Geschichte eingehen wird, will der künftige US-Präsident die Ölförderung ausbauen, um auf diese Weise das Energie-Angebot in seinem Land zu steigern.

Laut einer Analyse des Online-Fachmagazins Carbon Brief könnten seine angekündigten Maßnahmen dazu führen, dass sich bis 2030 die US-Emissionen um insgesamt vier Milliarden Tonnen erhöhen. 2023 belasteten die Vereinigten Staaten die Atmosphäre mit 5,96 Milliarden Tonnen Treibhausgasen. Durchgerechnet auf die kommenden sechs Jahre liegt der erwartete durchschnittliche Zuwachs bei 650 Millionen Tonnen pro Jahr – ein Plus von rund elf Prozent. Das ist mehr als die gesamten weltweiten Emissionen der Luftfahrt (498 Millionen Tonnen) und würde alle Einsparungen, die in den letzten fünf Jahren durch den Einsatz von Wind-, Solar- und anderen sauberen Technologien auf der Welt erzielt wurden, zunichte machen.

„Unsere Analyse könnte den Effekt dann überbewerten, wenn es Trump nicht gelingt, die derzeit gültigen Klimaschutz-Maßnahmen von Joe Biden aufzuheben“, räumen die Autor:innen der Analyse ein. Doch danach sieht es nach dem Sieg der Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus nicht aus. „Es kann daher auch sein, dass wir die Auswirkungen seiner Politik unterschätzen.“ Die Ergebnisse seien abhängig von Unsicherheiten in Bezug auf Wirtschaftswachstum, Kraftstoff- und Technologiepreise sowie der Reaktion des Marktes auf staatliche Anreize zu sehen.

Im Folgenden der Versuch eines Ausblicks auf die Folgen.

Die Ausgangslage: Wie steht es um die Treibhausgase?

Die Staatengemeinschaft hat beim Pariser Weltklimaabkommen im Jahr 2015 beschlossen, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Bisherige Zusagen der Vertragsstaaten des Pariser Abkommens dürften jedoch selbst bei vollständiger Umsetzung zu einer gefährlichen Erderwärmung um mindestens 2,6 bis 3,1 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter führen. Diese deutliche Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze im Pariser Abkommen hätte weltweit fatale Auswirkungen.

„Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem weitere vier Jahre Trump desaströse Auswirkungen für den weltweiten Klimaschutz nach sich ziehen könnten, zumal die tödlichen Folgen der Erderwärmung nicht vor einem Klimawandelleugner Halt machen werden“, kommentiert der Klimaforscher Simon Lewis vom University College London in einem Briefing des britischen Science Media Centre die Lage.

Laut dem Global Carbon Budget 2024, das diese Woche erschienen ist, sollen die weltweiten CO2-Emissionen heuer nämlich um weitere 0,8 Prozent steigen. Um die Ziele des Pariser Klimavertrags einhalten zu können, wären bis zum Jahr 2030 Emissionsminderungen um 43 Prozent notwendig, um dann Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Welchen Beitrag leisten die USA zu den weltweiten Emissionen?

Auf der von der EU erstellten Liste Emission Database for Global Atmospheric Research (EDGAR) der größten Emittenten von CO2, Methan, Lachgas sowie fluorierten Treibhausgasen im Jahr 2023 belegen die USA nach China weltweit Platz zwei. Demnach sind die USA für 11,3 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich (China: 30,1 Prozent). Laut der Internationalen Energieagentur liefern fossile Quellen in den USA satte 78 Prozent der nationalen Energieproduktion.

Was passiert, wenn die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen?

Schon während Trumps erster Präsidentschaft 2017-2021 sind die USA aus dem Pariser Abkommen, dem fast alle Staaten angehören, ausgestiegen. Dieser Schritt wurde von seinem demokratischen Nachfolger Joe Biden wieder rückgängig gemacht. Doch im Wahlkampf hat Trump einen erneuten Ausstieg angekündigt; einen Irrtum einzuräumen, wäre untypisch für ihn.

Die größere Gefahr ist jedoch, dass Trump dieses Mal nicht nur aus dem Abkommen aussteigt, sondern auch aus der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen UNFCCC, der alle Staaten beigetreten sind. Diese ist die Vertragsgrundlage für sämtliche Klimaabkommen und Berichte des Weltklimarats IPCC. „Dieser im Wahlkampf angekündigte Schritt würde sich schwer wieder rückgängig machen lassen, weil damit die nötige diplomatisch-juristische Kompetenz innerhalb der Ministerien verloren ginge“, sagt der Klimaforscher Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg zur WZ: „Wenn man einmal das Gerüst zerstört, ist es schwer, es wieder aufzubauen.“

Welche Folgen hat ein US-Ausstieg für die Klima-Zusammenarbeit?

Klimaschützer sehen im Ausstieg der USA den Zusammenbruch der internationalen Klimapolitik. Eine zentrale Aufgabe der UN-Klimakonferenz (COP29) wäre es, einen neuen Rahmen für die internationale Klimafinanzierung für die Zeit ab 2025 festzulegen. Nach Expert:innenschätzungen wäre mindestens eine Billion Dollar (0,94 Billionen Euro) pro Jahr notwendig, um die Länder des globalen Südens beim Klimaschutz und der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung zu unterstützen. Mit diesem Finanzierungsregelwerk ist aber laut Expert:innen nicht mehr zu rechnen.

„Es wird in der nahen Zukunft keine große Zusammenarbeit mehr geben können, sondern im besten Fall Stückwerke, die von Geopolitik und Machtpolitik beeinflusst werden“, hebt Huppmann hervor und resümiert: „Paris als Symbol für internationale Klimapolitik, wo man versucht, gemeinsam global die Wende zur Klimaneutralität zu schaffen, sehe ich als gestorben an.“

Unter Präsident Trump könnten sich die US-Emissionen um jährlich 650 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen. Das ist mehr als die gesamten weltweiten Emissionen der Luftfahrt.

© Illustration: WZ

Was bedeutet all dies für die weltweite Energiewende?

Die gute Nachricht ist, dass die Energiewende ja bereits begonnen hat. Selbst wenn die USA also in den kommenden Jahren fossile Technologien fördern sollten, investieren andere Länder bereits in Wachstum durch zukunftsfähige, erneuerbare Energiequellen. Laut dem Global Carbon Budget gibt es 22 Länder, die ihre Emissionen reduzieren – darunter auch die USA – und in denen gleichzeitig die Wirtschaft wächst.

„Trump hat wenig Einfluss auf die globale grüne Wirtschaft, die mittlerweile mehr als zehn Billionen, also 10.000 Milliarden Dollar wert ist. Das sind knapp zehn Prozent des weltweiten BIP. Allein in den USA arbeiten mindestens zehn Millionen Menschen in Green Jobs und nur 300.000 im Bereich fossiler Energien“, zitiert das Science Media Centre Mark Maslin, Professor für Erdsystemwissenschaften am University College London: „Wer Wachstum anstrebt, muss in die Green Economy investieren.“

Zudem könnte Bidens Klima-Errungenschaft im Rahmen seines Inflation Reduction Act 2022 tatsächlich schwer rückgängig zu machen sein. „Die Förderungen wurden klug gesetzt. Vor allem republikanische Bundesstaaten profitieren davon“, sagt Huppmann. Die Subventionen betreffen Erneuerbare Energien auf der einen Seite und pragmatische Lösungen auf der anderen, wie etwa die Umstellung der Post auf E-Mobilität oder Schulbusse mit Elektroantrieb. „Dabei wurden Öffentlichkeit und Kommunen weniger mit dem mahnenden Zeigefinder des Klimaschutzes motiviert als mit dem Argument von Gesundheitsförderung durch weniger Feinstaubemissionen und der Tatsache, dass Elektroautos kostengünstig sind, wenn man sie einmal hat“, berichtet der Klimaforscher. „Diese Anliegen werden nicht von heute auf morgen verschwinden.“

Mittlerweile beträgt der Anteil der Erneuerbaren Energien laut US-Bundesumweltamt 13,1 Prozent (2022), wobei Windenergie die größte erneuerbare Quelle ist und 10,2 Prozent des Gesamtstroms erzeugt.

Wie überall in der Politik hängt die Nachhaltigkeit eines Erfolgs allerdings davon ab, welche Interessensgruppen im Weißen Haus Druck machen. Nicht zuletzt spielt dabei das Geld eine Rolle. „Schon in seiner ersten Amtszeit hat Trump sich dafür stark gemacht, Kohle zu retten. Das ist ihm deswegen nicht gelungen, weil es – anders als bei Erneuerbaren Energien – für Kohle keinen Business Case mehr gab“, sagt Siegrid Stagl, Ökonomin am Department für Sozioökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien, zur WZ. Darüber hinaus sei die Energiepolitik in den USA vor allem Sache der einzelnen Bundesstaaten und weniger national geregelt.

Was sind die Folgen für Europa?

Eine trumpistische Klimapolitik bringt Europa wenig Gutes. Internationale Klimaverhandlungen sind ein Prozess der Annäherung und des Abgleichs, der in der Umsetzung der Klimaziele faire Wettbewerbsbedingungen wahren soll. Wenn also etwa das Gastland Aserbaidschan, dem Öl ein Wirtschaftswunder verschafft hat, an seinen Ölreserven ungebrochen verdienen und beim weltweiten Klimaschutz lieber von den Bemühungen engagierterer Länder profitieren will, müssen diese mit Diplomatie für einen Ausgleich sorgen und Aserbaidschan mit anderen Mitteln für Öl-Profite entschädigen. „Wenn die größte Wirtschaftsmacht USA aussteigt, müssen alle anderen sich noch stärker engagieren, auch Europa“, erklärt Stagl.

Ein weiteres Risiko ergibt sich für die EU in Bezug auf die Abhängigkeit von Energielieferanten. Die zu erwartende US-Klimapolitik schwächt nämlich unseren Plan B: Bisher wurden die Gasspeicher über den Sommer mit russischem Gas gefüllt, um über den Winter zu kommen, und im Zweifelsfall wurde auf dem internationalen Flüssiggasmarkt nachgekauft. „Nun aber besteht das Risiko, dass wir uns nicht nur von Russland, sondern auch von Trump abhängig machen, wenn wir nicht noch viel mehr auf Erneuerbare setzen“, sagt Huppmann. „Unsere PV-Module mögen aus China kommen. Aber wenn sie einmal auf dem Dach sind, erzeugen sie Strom.“

Könnten China und Indien dem US-Beispiel folgen?

Eines ist klar: Ohne die beiden Wirtschaftsmächte scheitert der Klimaschutz. Doch ein Ausstieg wäre gegen deren Wirtschaftsinteressen. „China ist dabei, die Energiewende hinzulegen – nicht zuletzt aus Eigeninteresse. Das Land hat mit massiver Industriepolitik die Sparten Erneuerbare und E-Autos aufgebaut und die werden sie nicht nur für den Heimmarkt massiv nutzen, sondern auch exportieren“, sagt Huppmann. Selbst wenn die EU oder die USA chinesische Güter mit Zöllen belegen, um den eigenen Markt zu schützen, könne China Geschäfte machen, indem es nach Indien oder Afrika exportiert.

China, dem Quasi-Monopolisten bei Solarpaneelen, will auch Indien Marktanteile abjagen. Allein der größte indische Solarpaneel-Hersteller Waaree hat bereits doppelt so viele Module installiert wie ganz Deutschland. „Sonne ist mittlerweile die günstigste Energiequelle. Erneuerbare werden den wachsenden Energiehunger Indiens stillen müssen“, sagte Waaree-Chef Amit Pathankar kürzlich in einem Interview mit 3sat in der Sendung Nano.

Selbst Brachialankündigungen Trumps wie „drill, baby, drill“ sind somit nicht ganz so erschreckend, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben könnte. Aber dennoch erschreckend genug.


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Infos und Quellen

Gesprächspartner:innen

  • Daniel Huppmann ist Senior Research Scholar am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg. Der Mathematiker und Ökonom leitet die Forschungsgruppe für Integrated Assessment and Climate Change Research und leistet auf dem Feld der Klimaforschung wichtige Beiträge. Er koordinierte den zweiten österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel und ist Mitverfasser der Berichte des Weltklimarats IPCC zur Erderwärmung.

  • Siegrid Stagl ist Ökonomin am Department für Sozioökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien mit den Schwerpunkten Nachhaltiges Arbeiten, Ökologische Makroökonomie, integrierte Bewertungsmethoden und sozioökonomische Theorien des Handelns; empirischer Fokus auf Energie und Nahrungsmittel.

Quellen

Das Thema in der WZ

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