Das Angebot an günstigeren E-Autos wächst: Stimmen die Prognosen, könnte in Zukunft auch dein Auto trotz schmalen Geldbeutels elektrisch sein.
„Elektroautos sind ja viel zu teuer, das kann sich keiner leisten.” Wer hat einen Satz wie diesen nicht schon einmal gehört – oder selbst gedacht? Dass E-Autos so teuer sind, ist vor allem auf die Lithiumbatterien zurückzuführen: Lithium kommt zwar relativ häufig auf der Erde vor, allerdings in geringer Konzentration, wodurch es wertvoll wird. Aktuell wird es vor allem in Südamerika abgebaut, was zudem mit weiten, kostspieligen Transportwegen einhergeht. Aber auch die derzeit am häufigsten produzierten E-Auto-Modelle wie höherpreisige SUV spielen eine Rolle, wenn es um das Thema teure Elektromobilität geht.
Der Durchschnittspreis für ein neues E-Auto liegt laut dem deutschen Institut „Center Automotive Research” (CAR) bei rund 40.000 Euro. Das könnte sich nun ändern. „Der Trend geht mehr und mehr in Richtung günstigere E-Varianten“, sagt Marcus Jahn, Leiter der Abteilung für Batterietechnologie am Austrian Institute of Technology (AIT). Als einen der Gründe nennt er einen bisher blinden Fleck in der E-Mobilität: den Gebrauchtwagensektor. „Wenn ich einen neuen Verbrennerwagen kaufe, ist das schon teuer. Wer sich das nicht leisten kann, kauft vielleicht einen Gebrauchtwagen. Dieser Gebrauchtwagenmarkt war in der E-Mobilität bisher ein großes Problem, weil es schwierig ist, den Gesundheitszustand eines Akkus festzustellen. Wenn ich nur weiß, wie alt ein E-Auto ist und wie viele Kilometer es gefahren wurde, weiß ich noch nicht, wie gut es eigentlich dem Akku geht – das ist aber ein ganz, ganz wichtiger Punkt.“ Deshalb wurde und werde intensiv daran gearbeitet, diese Schätzungen über den Zustand der Akkus immer genauer zu machen, wodurch der Gebrauchtwagenmarkt wachse. Das wiederum treibe die Hersteller dazu an, mehr auf leistbare Modelle zu setzen. „Das macht den E-Mobilitätsmarkt generell zugänglicher“, sagt Jahn.
Made in China
Was dieses Angebot an neuen, günstigeren E-Autos betrifft, ist das Zauberwort China. Seit 2009 gab die chinesische Regierung der Autoindustrie die Vorgabe, E-Autos zu entwickeln. Mitte 2015 hat es zusätzlich die Policy mit dem klingenden Namen „Made in China 2025” veröffentlicht, laut der große chinesische E-Auto-Hersteller bis 2025 zehn Prozent ihres Umsatzes im Ausland generieren sollen. Ein rein elektrisch betriebenes Fahrzeug der chinesischen Marke BYD zum Beispiel ist schon um rund 25.000 Euro erhältlich.
Die günstigere Ware wird künftig aber voraussichtlich nicht nur aus China kommen – denn durch den Wettbewerb wächst auch der Druck auf Europa. Zudem traten im Vormonat Strafzölle zwischen sieben und 35,3 Prozent auf die Einfuhr in China gefertigter E-Autos in die EU in Kraft, die für fünf Jahre gelten und diese Autos preislich weniger attraktiv machen. Europäische Hersteller wie Citroen, Renault oder VW ziehen daher nach. Der Citroen e-C3 inklusive seiner Schwestermodelle oder der Renault 5 spielen bereits in dieser Preisklasse mit. Der Renault 4 und der neue Elektro-Twingo sollen laut dem Fachmedium Inside EVs folgen – wobei Letzterer sogar nur rund 20.000 Euro kosten soll. „2026 wird VW mit einem günstigeren Modell, dem ID.2, kommen, um diesen Markt ebenfalls bedienen zu können”, sagt Beatrix Keim, Director des CAR-Instituts, im Gespräch mit der WZ.
Die Ursachen dafür seien vielfältig. Dass auch Menschen mit einem etwas kleineren Budget elektrisch unterwegs sein können, scheint eher ein Nebeneffekt zu sein. Denn vor allem wirtschaftliche Aspekte stecken dahinter. Wie zum Beispiel die Absatzkrise: Von 2023 auf 2024 hat der E-Auto-Markt laut Keim geschwächelt. Auch, dass Geldgeber:innen zögern, in die Forschung und Entwicklung zu investieren, gebe derzeit Anlass zur Sorge, ergänzt Jahn. „Nach zwei Jahren Pandemie und zwei Jahren Krieg ist der Weltmarkt durcheinander. Dass auch die E-Mobilität davon betroffen ist, wundert mich nicht. Ich denke aber, das ist ein Zukunftsmarkt, den wir in Europa nicht aus der Hand geben sollten.“ Günstigere Modelle, die den Absatz wieder ankurbeln sollen, seien die Antwort darauf.
CO2-Strafen drohen
Ein weiterer wichtiger Punkt: „Die niedrigeren CO2-Flottenziele der EU gelten ab 2025”, sagt Keim. Die Flottenziele geben generell vor, wie viel CO2 die produzierte Fahrzeugflotte eines Fahrzeugherstellers pro Kilometer ausstoßen darf. „Werden die Ziele nicht erreicht, müssen die Hersteller sehr hohe Strafen – wir sprechen von Millionen – zahlen”, sagt Keim. Die Produktion günstigerer E-Autos soll die Nachfrage erhöhen und den CO2-Ausstoß der Flotte verringern, um Strafen zu entgehen beziehungsweise sie geringer zu halten.
Der Anteil rein elektrisch betriebener Fahrzeuge bei den Neuzulassungen in Österreich ist aktuell noch relativ niedrig. Von Jänner bis September dieses Jahres lag er bei 17 Prozent, sagt Keim. Im Vergleichszeitraum des Jahres 2023 waren es zwar 19 Prozent – 2019 allerdings nur drei. „Der Anteil in Österreich ist noch immer höher als am Gesamtmarkt der EU, wo er bei elf Prozent liegt“, betont Keim. Vorzeigeland sei Norwegen mit 90 Prozent E-Autos bei den Neuzulassungen. In traditionellen Autoländern wie Italien oder Frankreich und auch Deutschland sei der Anteil indes gering.
Wo Österreich und Norwegen allerdings vergleichbar seien, sei beim Anteil der hoch- bis mittelpreisigen SUVs am E-Auto-Markt: Dieser ist in beiden Ländern hoch. In Österreich liegt er laut Keim bei rund 60, in Norwegen bei mehr als 70 Prozent. Günstigere Varianten machen derzeit da und dort erst rund zehn Prozent aus.
Salz-Element statt Lithium im Akku
Mit dem größeren Angebot an günstigeren E-Autos wird sich das wohl ändern. Und auch die technische Entwicklung bezüglich der Batterie könnte einiges dazu beitragen: Nicht nur, dass die langen Transportwege des Lithiums wegfallen sollen, indem man es zum Beispiel in Finnland fördert. Auch an Alternativen wird bereits geforscht. Eine davon bezeichnet Jahn vom AIT als eine der vielversprechendsten Forschungsansätze im E-Mobilitätssektor: Akkus, die statt auf Lithium- auf Natriumionen setzen. „Natrium ist auch in Salz enthalten. Das ist also kein seltener oder ethisch bedenklicher Rohstoff, und der Akku wird damit günstiger als der Lithiumionen-Akku.“ Die Natriumalternative sei zudem weniger brennbar und damit sicherer für E-Autos. Der derzeit größte Nachteil: die Leistung. Wo lithiumbetriebene Batterien bei gleichem Gewicht 500 Kilometer schaffen, kämen Natriumionen-Akkus, die derzeit getestet werden, vielleicht 400 Kilometer weit, sagt Jahn. Auch hier mache die Forschung aber Fortschritte.
Das Recycling der Batterien funktioniert laut Keim jedenfalls schon gut. „Hier gibt es Abkommen, dass die Hersteller der Batterien diese zurücknehmen und ins Recycling geben, an Fremdfirmen wie BASF, Umicore oder Li-Cycle”, sagt sie. Dabei werden sie zerlegt und Materialien wie Kobalt, Nickel oder Kupfer wiederverwertet. Der Rest werde fachgerecht entsorgt.
Die Revolution durch einen „Wunderakku” bezweifelt Jahn dennoch; statt einer eierlegenden Wollmilchsau werde es je nach Preisklasse maßgeschneiderte Lösungen geben, die in Leistung und damit auch im Preis variieren, meint er.
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Infos und Quellen
Genese
„Die E-Autos werden immer größer und teurer – und dadurch immer uninteressanter für umweltbewusste junge Menschen”, dachten sich WZ-Trainee Isabel Frahndl und WZ-Redakteurin Petra Tempfer. Was ihre Recherchen ergaben, zeichnete aber ein ganz anderes Bild: Der E-Automarkt setzt künftig auf kleinere, erschwinglichere Modelle.
Gesprächspartner:innen
Daten und Fakten
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In Österreich gibt es mit Stand 1. August 2024 rund 24.000 öffentliche Ladepunkte für E-Autos (Bundesverband Elektromobilität Österreich).
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Der Anteil erneuerbarer Stromerzeugung an der öffentlichen Stromversorgung lag im ersten Quartal 2024 bei 86,5 Prozent. Ziel ist, bis 2030 die 100 Prozent zu erreichen (Klimaschutzministerium).
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Wie viel CO2 stoßen E-Autos in der Zeit von der Herstellung bis zum Recyceln der Batterie in die Luft? Und, zum Vergleich: Wie viel ist das bei Autos mit Verbrennermotor? Der ÖAMTC und seine Partner bei Green NCAP & Joanneum Research, die eine eigene Methode für diese Lebenszyklus-Analyse entwickelt haben, haben für die WZ den Test gemacht: Der SUV Hyundai Kona sowie der Kleinwagen Peugeot 308 wurden jeweils in den Ausführungen mit Elektro-, Hybrid- und Verbrennermotor verglichen. Mit einberechnet sind zum Beispiel der Strommix in Österreich genauso wie die Rohstoffgewinnung. Bei einer Laufzeit von 16 Jahren und 240.000 gefahrenen Kilometern schnitt das E-Auto in beiden Fällen am besten ab. Beide Automodelle starteten mit einem höheren CO2-Ausstoß bei der Herstellung aufgrund der Batterieproduktion, nach drei Jahren war dieser Rucksack jedoch verschwunden: Während die Kurve der Hybrid- und Verbrenner-Autos weiter steigt, bleibt jene des E-Autos bis zum Ende seines Lebens konstant.
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Auch im Jahr 2024 gibt es in Österreich eine Förderung der Elektromobilität. Dafür sind 114,5 Millionen Euro im Fördertopf, davon werden 46 Millionen Euro für Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Die Förderung setzt sich aus dem E-Mobilitätsbonusanteil des Klimaschutzministeriums sowie dem Anteil der Auto- und Zweiradimporteure zusammen. Die E-Mobilitätsoffensive 2024 läuft längstens bis 31. März 2025, kann aber früher enden, falls das Förderbudget frühzeitig ausgeschöpft ist (ÖAMTC). Die Chancen stehen zwar gut, dass E-Mobilität in naher Zukunft für die breite Bevölkerung zugänglich sein wird, trotzdem sei die österreichische Politik von Ängsten und Einzelinteressen getrieben, sagt Andreas Reinhardt, Vorsitzender des Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ): „Es gibt keine verfügbaren und sinnvollen Alternativen zur E-Mobilität, deshalb muss die Politik die vor Jahren auf Basis stichhaltiger Argumente getroffenen Entscheidungen durchhalten und Zickzackkurse vermeiden.“ Bereits gesetzte Maßnahmen wie etwa die Förderungen auf E-Mobilität dürften nicht zurückgenommen werden.