Startseite Wirtschaft E-Commerce geht am Handel sehr stark vorbei

E-Commerce geht am Handel sehr stark vorbei

von Max

Digital statt analog

Hinter den Zahlen zeige sich außerdem eine nicht ganz unproblematische strukturelle Verschiebung hin zu den boomenden digitalen Werbeformen. Diese Verschiebung führe zu einem kräftigen Wertschöpfungsabfluss aus Österreich. Die digitalen Werbeformen machen bereits eine Milliarde vom Gesamtkuchen aus. Oblin: „Damit fließt massiv Wertschöpfung ins Ausland ab, weil ja 80 Prozent der Ausgaben für Social Media bei Technologiekonzernen landen, die in den USA oder China sitzen.“

Erstaunlich sei, dass innerhalb dieses Wandels Altbewährtes wie der „Verkaufsturbo“ Flugblatt so erfolgreich und mit aktuellem Reichweitenrekord unterwegs sei. Oblin: „Auch die gedruckte Werbung ist strukturell rückläufig, da sollten wir uns nichts vormachen. Aber das Flugblatt hat sich extrem gut behauptet, weil es wirkt und weil es vor allem sehr stark kaufanregend wirkt. Mit dem Flugblatt lassen sich Angebote besonders gut transportieren. Das hatte gerade in Zeiten der hohen Inflation eine hohe Relevanz.“

Die Österreicher seien es einfach gewohnt, sich im Flugblatt über Aktionen des Lebensmittel- oder Möbelhandels zu informieren. „Alle Versuche von Handelsunternehmen, auf das Flugblatt zu verzichten, haben entweder den Niedergang des Unternehmens befördert, oder sie sind zurückgekehrt“, sagt Oblin.

Paket-Geschäft boomt

Der umsatzmäßig stärkste Teil der Post und auch der größte Wachstumsbereich ist freilich das Paketgeschäft. Triebfeder dafür ist der weltweit wachsende E-Commerce, der sich aber ebenso bei wenigen großen amerikanischen und chinesischen Unternehmen konzentriert.

Gesamtwirtschaftlich sei das eine Entwicklung, die differenziert zu bewerten ist, meint der künftige Post-General. „Vor allem, weil ein Wettbewerb auf Augenhöhe teilweise nicht gegeben ist. Aufgrund diverser Regularien tut sich der österreichische Handel da manchmal schwerer. Faktum ist, dass E-Commerce am österreichischen Handel sehr stark vorbei geht.“

„Jeden Tag an jeder Tür“

In der Zustellung von Briefen und Paketen habe die Post gegenüber den Großversendern dieser Welt einen entscheidenden Vorteil. „Wir sind jeden Tag an jeder Tür“, meint Oblin zur hohen Zustellverlässlichkeit seines Unternehmens. Die Gefahr, dass Großkunden wie Amazon ihre Ware in absehbarer Zeit nur noch selbst zustellen, sieht Oblin deshalb nicht.

Dafür spreche auch das dichteste „Hinterlegungsnetz“ für Pakete, die den Empfänger nicht sofort erreicht haben. Dieses Netz bestehe aus den Post-Filialen, den Post-Partnern und zunehmend auch den Selbstbedienungsstationen.

Diese Abholstationen werden massiv ausgebaut. Derzeit gibt es 700, bis Ende 2025 sollen 1.000 weitere dazu kommen. „Der Fokus liegt sicher auf den Ballungszentren. Am Land ist das auch weniger ein Thema. Da kennt jeder jeden, da weiß der Zusteller wie er das Paket los wird.“

Drei Milliarden Umsatz

Über andere Zukunftsthemen will Oblin erst ab Oktober sprechen, wenn er die Funktion des Vorstandsvorsitzenden auch formal übernommen hat. Klar ist natürlich, es geht um weiteres Wachstum im Paketgeschäft sowie als Gruppe, die bereits ein Einzugsgebiet mit 150 Millionen Einwohnern abdeckt. Von den Zahlen her wird heuer die Drei-Milliarden-Umsatzschwelle angepeilt. 2023 lag der Post-Umsatz bei 2,7 Milliarden Euro.

Außerdem: „Wir haben den Anspruch, Vorreiterin in Sachen nachhaltiger Logistik zu sein“, sagt Oblin zu Klima und Energiewende. „Bereits 40 Prozent der Flotte ist elektrifiziert, wir kaufen seit zwei Jahren keine Verbrenner mehr und haben das Ziel, in der Zustellung bis 2030 keine Verbrenner mehr einzusetzen.“ Über sich selbst sagt der langjährige Finanzvorstand, er sei ein „leidenschaftlicher Postler“ und werde bei der weihnachtlichen Paketflut im „Team Christkind“ selbstverständlich auch selbst mithelfen beim „Packerlschupfen“. „Da bin ich dabei.“

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