Startseite Kultur Ein neuer Moderator für die „ZiB2“: Das ist Stefan Lenglinger

Ein neuer Moderator für die „ZiB2“: Das ist Stefan Lenglinger

von Max

In der wichtigsten politischen Nachrichtensendung des Landes gibt es ein neues Gesicht: Stefan Lenglinger (31) stößt zum Moderatorenteam der ZiB2 rund um Armin Wolf, Margit Laufer, Martin Thür und Marie-Claire Zimmermann. Der Vollblutjournalist war zuletzt durch große Ruhe und Fachkompetenz aufgefallen, als er durch die Live-Strecke bei den geplatzten Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos führte. 

Dies war schon für viele ein Karrieresprungbrett im „ZiB“-Universum. Am Sonntag soll Lenglinger plangemäß seine erste „ZiB2“ in der neuen Rolle moderieren. Die Königsdisziplin im Fernsehjournalismus. Er hat eine klare Meinung dazu, wie negativ Social Media die Gesellschaft prägen. Angst vor Politikern, die den ORF kleinhacken wollen, zeigt er keine. 

KURIER: Hat sich die Debattenkultur in Sendungen wie der „ZiB2“ und in anderen Sendungen, wo Politiker auftreten, in den vergangenen Jahren verbessert oder verschlechtert?

Stefan Lenglinger: Die Entwicklung, die ich am meisten bedaure, ist, dass viele Politikerinnen und Politiker es ablehnen, in die Sendung zu kommen. Wir haben einen großen Mangel an kritisch geführter öffentlicher Debatte, was Politik betrifft. Dass der Ton oftmals rauer geworden ist, gefällt mir persönlich auch nicht, weil ich immer versucht habe, wenn ich selber Interviews führe, einen sehr höflichen Stil zu pflegen, auch wenn die inhaltliche Auseinandersetzung mal hart sein sollte.

Inwiefern prägen Social Media den Diskurs im Journalismus und in der politisch journalistischen Auseinandersetzung?

Ich bin immer kritischer dem gegenüber, dass wir einen so großen Teil unserer Öffentlichkeit auf diesen Plattformen austragen, weil wir uns einfach den Algorithmen von einer Handvoll US-Konzernen unterwerfen. Die haben nicht das Interesse, eine möglichst ausgewogene, breite, inhaltlich bereichernde und lehrreiche Öffentlichkeit zu gestalten. Sie wollen uns alle so lange wie möglich an diese Plattformen binden, damit sie Werbung verkaufen. Und das führt zu einer Art Verknappung von allem, was debattiert wird.

Wer ein Social Media-Konto hat, bekommt einen individuell von Algorithmen gestalteten Blick auf die Welt – eine gemeinsame Wahrnehmung von Ereignissen findet damit immer weniger statt, die Gesellschaften zersplittern regelrecht. Ist Ihnen bewusst, dass Live-Nachrichtensendungen mit mehreren hunderttausend Zuschauern dazu ein Gegengewicht sind?

Es gibt wenige gesellschaftliche Schauplätze, die wirklich von Menschen unterschiedlichen Alters, Bevölkerungsschichten und politischer Lager gleichzeitig mitverfolgt werden. Ein Beispiel ist eine Fußball-EM. Glücklicherweise ist das auch bei den Nachrichten im ORF nach wie vor so, wenngleich wir merken, dass es auch eine nicht sehr kleine Zahl von Nachrichtenverweigerern gibt. Diese Leute zu erreichen, ist noch einmal eine große Herausforderung.

Die ORF-Journalisten sind in der Vergangenheit immer wieder wegen ihrer eigenen Auftritte auf Social Media in der Kritik gestanden. Was ist Ihre persönliche Leitlinie für Ihre Accounts?

Ich versuche, möglichst zurückhaltend zu sein, ohne Angst davor zu haben, auch einmal etwas öffentlich zu kommunizieren. Ich würde nie eine politische Partei oder einen Politiker angreifen oder irgendwie besonders negativ in die Auslage stellen. So etwas kann auf das abfärben, was ich wahren muss: Die nach außen wahrnehmbare Objektivität in meinem privaten sowie meinem beruflichen öffentlichen Handeln. Ich glaube aber ehrlicherweise, dass das alle im ORF ganz gut hinbekommen.

Der ORF ist spätestens mit dem Wahlsieg der FPÖ politisch in die Schusslinie geraten. Wie ist das Image des ORF in Ihrer Ansicht nach in der Bevölkerung?

Da bin ich zu wenig Demoskop, um das wirklich qualifiziert einschätzen zu können.  Wenn allerdings der ORF mit seinem Gesamtangebot täglich knapp 6 Millionen aller Menschen in Österreich erreicht, denke ich, dass er nach wie vor sehr hohes Vertrauen genießt. Ich glaube, dass natürlich jeder seine Meinung zum ORF hat, und das ist auch gut so, der gehört allen Österreicherinnen und Österreichern. Und dann wird es welche geben, die mit Sportberichterstattung vielleicht nicht zufrieden sind, bei denen die Kommentatoren und Moderatoren nicht gefallen und einige, die es wiederum super finden. Und ähnlich verhält es sich auch bei den Nachrichten. Davon abgesehen macht die politische Entwicklung das Arbeiten nicht angenehmer. Aber ich bin ehrlicherweise auch beeindruckt, wie weit verbreitet in den vergangenen Wochen die zivilgesellschaftlichen Aufrufe zum Schutz des ORF waren.

Gerade hart geführte „ZiB2“-Interviews führen oft zu politischen Verstimmungen. Es gab Kanzler, die gar nicht mehr in die Sendung kamen, manchen Parteien werden regelrechte Revanchegelüste nachgesagt. Wie gehen Sie mit diesem Wissen an die Arbeit? 

Ich werde in ein paar Monaten sicher mehr sagen können. Ich habe es immer so gehalten, dass alle politischen Vertreter, egal aus welcher Richtung sie kommen, mit derselben journalistischen Sorgfalt behandelt werden. Und das ändert sich auch dann nicht, wenn mein Arbeitgeber im Fokus der politischen Auseinandersetzung an sich steht. Anders kann man diesen Job glaube ich auch nicht machen. Was die Moderatorinnen und Moderatoren betrifft, die die Sendung in den vergangenen Jahren geprägt haben: Sie haben das immer mit hoher journalistischer Exzellenz gemacht.

Sie waren auch im Washington-Büro des ORF tätig. Wenn sie sich die USA ansehen: Donald Trump wütet, Menschen hissen Hakenkreuze, zeitgleich tritt der wokeste aller Rapper, Kendrick Lamar, vor hunderten Millionen bei der Super Bowl auf. Zwei Entwicklungen, die gegensätzlicher nicht sein können. Wie kann das parallel stattfinden?

Ich glaube, auch das ist auf die sozialen Medien zurückzuführen. Sie sind darauf ausgelegt, alles nach vorne zu treiben, das für hohe Emotionalität sorgt. Deswegen merken wir, dass wir uns in so einem Strudel von Dingen befinden, die uns als Gesellschaft ständig erhitzen und aufregen. Der Historiker Yuval Noah Harari, hat es sehr treffend gesagt: ‚Wir haben die ausgeklügelteste Kommunikationstechnologie in der Geschichte der Menschheit. Aber die Menschen können nicht mehr miteinander reden.‘ Da ist etwas in Schieflage geraten und sehr vergiftet. Das zu kippen, ist sicher die Herausforderung dieses Jahrhunderts.

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