Startseite Kultur Ein Renoir auf dem Klo? So einfach geht das

Ein Renoir auf dem Klo? So einfach geht das

von Max

Das Isabella Stewart Gardner Museum hebt sich von anderen Museen durch eine Spezialität ab: Es ist weniger bekannt für die Kunstwerke, die es dort zu sehen gibt, denn für die, die es nicht mehr zu sehen gibt.

Denn das Bostoner Ausstellungshaus war 1990 Schauplatz des wahrscheinlich spektakulärsten Kunstraubs der Geschichte. 13 Werke wurden mitten in der Nacht gestohlen – darunter drei Rembrandts und ein Vermeer – während zwei Wächter mit Isolierband gefesselt im Keller eingesperrt waren. Sie gelten seither als verschollen, leere Rahmen weisen darauf hin. Mithilfe von Brendan Ciecko und seiner US-Firma Cuseum füllen sich die Rahmen wieder, allerdings nur virtuell. „Hacking the Heist“ heißt das Augmented-Reality-Projekt, mit dem man auf Smartphone oder Tablet etwa Rembrandts „Christus im Sturm auf dem See Genezareth“ wieder an seinem angestammten Platz sieht.

Klimts „Lebensbaum“ – fast echt

Mit seiner Softwarefirma arbeitet Ciecko mit 750 Museen weltweit – vom British Museum über das Weiße Haus bis zu kleinen historischen Sehenswürdigkeiten – zusammen, um deren Verbindung zu ihren Besuchern, aber auch ihren Mitgliedern und Geldgebern zu modernisieren und zu stärken. In Österreich hatte Cuseum bisher keinen konkreten Auftrag, aber mit dem MAK gab es Gespräche über ein Projekt, in dem Gustav Klimts „Lebensbaum“ in Wiener Parks auf virtuelle Weise erblühen sollte.

Ciecko, der diese Woche bei einer Tagung über die Beziehung von Kunst und Technologie gesprochen hat (Culttech Summit), war erst in der Musikbranche (unter anderem für Mick Jagger und Katy Perry) tätig. Bei einer Zusammenarbeit mit seinem Lieblingsmuseum in New York stellte er zum ersten Mal fest, welchen Nachholbedarf Museen im Tech-Bereich hatten. „Jedes Museum jeder Art sollte über zugängliche Technologie verfügen, um die Türen auch für neues Publikum zu öffnen. Meiner Meinung nach muss man dafür nicht das Met oder der Louvre sein.“ Neues Publikum konnte zum Beispiel während der Pandemie mit einer App erreicht werden. Da konnte man „ausprobieren: Wie macht sich eigentlich ein Renoir über meinem Sofa oder in meinem Klo“, erzählt Ciecko.

Erinnerung und Glück

Natürlich ist er immer wieder mit der Kritik konfrontiert, dass Technologie nichts im „heiligen Ort“ Museum verloren habe, die Leute sollen ihr Smartphone wegstecken und sich auf die „wahre“ Kunst konzentrieren. Das war die Grundlage für eine Kooperation von Cuseum mit einer neurowissenschaftlichen Studie des MIT in Boston. Probanden wurden sowohl nach dem Betrachten von „echter“ Kunst und derselben Werke, aber via Augmented (auf einem Bildschirm) oder Virtual (mit VR-Brille) Reality nach ihren Erinnerungen an das Gemälde befragt. Sowohl im Kurzzeit-, als auch im Langzeitgedächtnis war die Erfahrung durch die technologische Vermittlung eine intensivere.

Ciecko würde gern noch weiter forschen, ob es Unterschiede in der Dopaminausschüttung gibt. „Eric Kandel hat schon wissenschaftlich bewiesen, dass Kunst glücklich macht. Aber es wäre doch interessant, ob es für die Dopaminerzeugung einen Unterschied macht, ob man das Neujahrskonzert live erlebt oder es im Fernsehen ansieht.“

Was Künstliche Intelligenz kann

Das Thema Augmented Reality sieht Ciecko heute nicht mehr als großen Trend in Museen. Aber wie überall sonst wird die Künstliche Intelligenz immer mehr entdeckt. „Es gibt viele Einsatzmöglichkeiten, Berechnungsmodelle, wieviele Besucher kommen werden, abhängig vom Wetter oder ob ein besonderes Sportevent ist, etc. Aber ich finde es vor allem interessant für Sammlungen. Beschreibungen – etwa für Sehbehinderte, aber auch für Datenbanken – können mit lernenden Maschinen viel ausführlicher und treffsicherer ausfallen. Mir hat einmal ein Museumsdirektor gesagt, dass die KI die Kunst ,menschlicher’ beschreibt als die Kuratoren.“

Instagram und TikTok empfindet Ciecko als wichtige Tools für Museen. „Wie viele Menschen auf der Welt, die die ,Mona Lisa’ sehen wollen, werden sie tatsächlich in ihrem Leben einmal sehen? Das gibt ihnen die Möglichkeit, irgendwie auch dabeizusein.“ Außerdem seien Soziale Medien ein wichtiges Instrument für jene Eigenschaft, die Ciecko als wichtigste erachtet: Verspieltheit. Als Beispiel nennt er die kürzlich viralen „GenZ hat uns den Text geschrieben“- Videos, in denen langgediente Mitarbeiter tapfer Jugendwörter wie „safe“ und „slay“ sagen. Der Effekt ist da messbar: „Diese Clips wurden 100 Mal so oft angeschaut wie die restlichen Posts der Museumsaccounts“.

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