Im Foyer des Kinos stapeln sich Filmequipment und Requisiten. Personalisierte Regiestühle mit Namensaufschriften wie „Bruno“ oder „Otto Bauer“, bekannter Theoretiker der österreichischen Sozialdemokratie, stehen herum. Am Buffett ist ein Tablett mit Keksen angerichtet, auf dem ein großer Zettel liegt: „Finger weg!“
Aktuell wird gerade im Kinosaal gedreht. Die vorderen Reihen sind mit Komparsen im Vintage-Outfit der späten Zwanzigerjahre gefüllt. Die Frauen haben ihre Haare nach hinten gesteckt, tragen Topfhut und Wolljacke über den Kleidern, die Männer sitzen in Pullundern und aufgekrempelten Hemdsärmeln daneben. Mitten unter ihnen: Nils Arztmann als Bruno Kreisky im dunkelblauen Anzug, das gewellte Haar zeitgemäß hinters Ohr gekämmt. Neben ihm hat Johannes Silberschneider als Otto Bauer Platz genommen. Eine Maskenbildnerin färbt ihm noch schnell den Schnurrbart nach.
„Ruhe, bitte. Es wird gedreht!“
Die Szene beginnt mit einer Filmvorführung, die ein sozialdemokratisches Jugendtreffen feiert: Junge Menschen beim Weitsprung und beim Musizieren. Vor dem Rathaus werden die Fahnen geschwenkt. Das „Kinopublikum“ klatscht begeistert.
Nach der Filmvorführung folgt ein Auftritt von Adele Holzer, Tochter der Kinobesitzer: Sie wird von Maya Unger verkörpert, die als Adele temperamentvoll ein von Bert Brecht und Kurt Weill inspiriertes Lied zum Besten gibt. Bruno starrt gebannt die Sängerin auf der Bühne an: Adele wird seine große Jugendliebe.
„Und Cut!“
Zeitlos und erfrischend
Harald Sicheritz ist eigentlich für Komödien wie „Muttertag“ bekannt, liebt aber, wie er im KURIER-Gespräch sagt, historische Filme. Außerdem wolle er in eine Zeit – den Austrofaschismus – eintauchen, die lange nicht in den Schulen unterrichtet wurde: „Ich erzähle die Geschichte eines jungen Menschen, der sagt: Die Welt ist nicht in Ordnung. Man muss etwas besser machen. Wenn man sich heute anschaut, wie schnell der Rechtspopulismus von null auf hundert geht, ist so eine Geschichte erfrischend.“
Für Sicheritz stellt sich die Person Kreiskys als großer Humanist dar, der alle Menschen gleich behandelte und „ein großer Kommunikator“ war: „Das ist zeitlos, dazu braucht man kein geschichtliches Wissen. Es ist eine Geschichte von jungen Leuten.“
Nicht umsonst seien 70 Prozent seines Schauspiel-Ensembles unter 30.
Nils Arztmann, zum Beispiel: 1999 in Wien geboren, spielt er derzeit am Theater in der Josefstadt. „Bruno“ ist seine erste große Kinorolle, für die zur Vorbereitung einen Crashkurs in der Kreisky-Biografie unternommen hat: „Zuerst meinte ich, ich schau ihm gar nicht ähnlich, aber dann habe ich mir Bilder vom jungen Kreisky angesehen und dachte: Das geht sich tatsächlich irgendwie aus.“
Maya Unger wiederum muss niemandem ähnlich schauen, weil die Adele Holzer eine fiktive Figur ist: „Sie ist Feministin und bringt das Thema weibliche Emanzipation in den Film. Adele tritt auf und Bruno verliebt sich in sie“, sagt Unger und schmunzelt: „Ich glaube, es ist auch ein bisschen daran angelehnt, dass Bruno Kreisky selber sagte, dass er eine Schwäche für Schauspielerinnen hätte.“