Thomas Edlinger hatte im Vorfeld über Verwerfungen zwischen dem Globalen Süden und dem privilegierten Westen befunden, über „elitistischen Posthumanismus“ und Putin als Schizofaschisten. Die Welt ist eben aus den Fugen, aber das ist sie schon lange, und so garnierte der Intendant das Programmheft mit einem Pickerl in Sprechblasenform: „Jede Zeit hat ihren eigenen Faschismus“, wie Primo Levi 1974 postuliert hat. Brandneu ist auch nicht der Titel „Confusion is next“ von Sonic Youth aus 1983, den Edlinger zum Slogan erkor.
In der Kunsthalle Krems seziert Göksu Kunak derzeit einen Autounfall aus 1996, der das türkische Netzwerk aus Polizei, Politik und Mafia augenscheinlich machte. Die Exponate wurden nun, um eine Performance ergänzt, die vor Posen der Plattheit strotze: Zur Musik von John Carpenter für „The End“ aus den 1970ern räkelte sich eine Schönheit um die Stange, ein Mann mit Muckis schrie stumm.
An die Rhythmus-Show „Stomp“ aus den 1990ern (sie begann mit Kehr-Bewegungen) erinnerte nicht nur die Performance „Smell of Cement“ von Eman Hussein: Aus bedächtigem Schmirgeln und Klopfen im Takt entsteht mit der Zeit Tanz. Ölfässer als Trommeln nutzt zudem God’s Entertainment in einer Installation im Foyer, um die Umweltsauereien am Beispiel der Donau vor Auge zu führen. Höhepunkt ist eine „Kreuzfahrt“ mit dem Tretboot (auf Rädern) in den Stadtpark und zurück durch das „Eiserne Tor“ als verfluchte Engstelle, äußerst ätzend vom Reiseführer kommentiert: Ein Lektion, die es in sich hat.
Die Liebe, das Scheitern
Anna von Hausswolff orgelte mit ihrer Stimme, Derya Yıldırım & Grup Şimşek spielten recht konventionellen Pop, angereichert um anatolische Volksmusik, und in der Minoritenkirche interagierte Schlagzeugerin Katharina Ernst hochamtartig mit der KI. Das spanische Kollektiv El Conde de Torrefiel hingegen warnte vor dieser – im atemberaubenden Theaterabend „La luz de un lago“ (Das Licht eines Sees).
Tanya Beyeler und Pablo Gisbert erzählen eine faszinierend-vertrackte Geschichte über die Liebe und das Scheitern, man muss wieder sehr viel lesen, man hört dazu einen mächtigen Soundtrack – und dann entstehen doch sehr eindrucksvolle Bühnenbilder. Fünf Sterne!