So einen armen Gaul, erfährt man in Stopperl Fodreks gedruckten Memoiren, habe ihm ein Soldat für zwei Flaschen Rotwein überlassen. Worauf zehn Tage lang in der Rueppgasse (wo Fodrek zur Welt gekommen war und bis zu seinem Ableben wohnte) „unser ganzes 18er-Haus vom Gulasch g’lebt hat“.
Im alten WAC-Klubhaus wüteten in den Tagen nach Kriegsende die Russen, warfen Pokale, Wimpeln plus die leere Vereinskasse in den Dreck. Aber schon im Juni, so Fodrek, sei es auf russischem Wunsch in Wien zum ersten Fußball-Turnier nach Kriegsschluss gekommen. Es wurde vom First Vienna Football-Club gewonnen. Der übrigens in der NS-Zeit das First aus dem Vereinsnamen zu streichen hatte. Zumal „zu viel englisch“ unerwünscht war.
Fast 3.000 Menschen, größtenteils Frauen und Kriegsversehrte, waren trotz zeitweiligem Sirenengeheul in den Prater auf den WAC-Platzgekommen.
Sogar Eintrittsgeld habe man noch verlangt. Sogar um einen Elfer sei noch gestritten worden, „ehe wir Spieler wegen Fliegeralarms in die Kabin’ g’rannt sind.“ Worauf kurz später wieder angepfiffen wurde.
Immer wieder erzählte Otto Fodrek (den man wegen seiner geringen Körpergröße „Stopperl“ rief) von diesem letzten Match im Krieg, als der KURIER den Zeitzeugen und ehemaligen Fußballer anlässlich seines 70, 80. und 90. Geburtstag interviewte. 2016, im 96. Lebensjahr ist Fodrek, der auch an Hugo Portischs TV-Doku Österreich II mitgearbeitet und der noch als fast 90-Jähriger in seinem Fitnessstudio Hausfrauen Übungen vorgezeigt hatte, in Wien verstorben.
Das Ostersonntag-Match hatte der WAC (mit Verteidiger und Kapitän Fodrek) gegen die Austria 6:0 gewonnen. Wobei Fodrek die Dominanz des WAC damit begründete, dass WAC-Präsident
Otto Smolik als „Blutordensträger“ seine besten Kicker vom Militärdienst immer wieder freistellen hatte lassen können. Und das selbst im Kriegsfinish 1945, in dem Großväter und 14-Jährige für den Volkssturm mobilisiert worden waren.
Auch ihm, dem g’lernten Kleidermacher, sei der Frontdienst erspart geblieben, erzählte Fodrek. Er habe in einer Uniformfabrik in der Zollergasse im siebenten Bezirk „nur Zivilg’wandeln“ geschneidert. Ehe er nachmittags oft zu Fuß vom Siebenten quer durch Wien zum Training in die Rustenschacherallee auf den WAC-Platz ging.
Bis in die frühen 70er-Jahre wurde auf dem WAC-Platz um Punkte gekickt. Darunter von Hans Krankl, der als junger Rapid-Leihspieler für den WAC in einem einzigen (Regionalliga-)Match sieben Tore erzielte.
Auch Herbert Prohaska verbinden mit dem WAC Erinnerungen. War doch die Fußball-Sektion des Wiener Athletikclubs von der Austria „geschluckt“ worden, worauf Prohaska in seinen violetten Anfangszeiten für den von einer Versicherung gesponserten Fusionsverein Austria-WAC-Elementar einlief. Bevor es zur Übersiedlung nach Favoriten kam, hatte der WAC-Platz der Austria (u. a. vor deren Europacup-Erfolgen 1978) stets als Trainingsquartier gedient. Die Sitzbänke dort sind längst abgerissen worden. Auch die Leichtathletik-Aschenbahn, auf der Jus-Doktor Axel Nepraunik 100-Meter-Rekorde lief, existiert nicht mehr.
Aus dem einstigen Staatsliga-Fußball-Platz ist eine prächtige, von Tennisspielern dominierte Freizeitanlage geworden, auf der jeden Montag einstige Fußball-Größen wie der Endsechziger Prohaska und die beiden Jung-Achtziger Gustl Starek und Franz Hasil mit dem Rackett unüberhörbaren Ehrgeiz entwickeln.
Vor seinem ersten Aufschlag sah Prohaska in der Karwoche Schülern zu, die auf einem verkleinerter Fußball-Feld fröhlich dem Plastikball nachjagten. Ebendort hatten vor 80 Jahren zwei Granaten eingeschlagen, 300 Meter von der (durch die SS kurz davor gesprengte) Rotundenbücke entfernt. Und nach Wiens Kapitulation hatten die sowjetischen Besatzer die Pferde hingetrieben.