Startseite Kultur „Es geht uns echt gut, aber …“

„Es geht uns echt gut, aber …“

von Max

KURIER: Die Burg befindet sich unter Stefan Bachmann, dem neuen Direktor, gehörig im Aufwind. Wie geht es den Bundestheatern insgesamt?

Christian Kircher: Hervorragend! Die Staatsoper ist fast immer ausverkauft, die Volksoper hat in der laufenden Saison eine Sitzplatzauslastung von ca. 85 Prozent, was für sie wirklich sensationell ist. Und die Auslastung von Burg- und Akademietheater stieg gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023 von ca. 64 auf ca. 75 Prozent.

Das wirkt sich positiv auf die Karteneinnahmen aus?

Ja, wir sind über Plan, es geht uns echt gut. Und gleichzeitig haben wir große Sorgen, wenn wir uns die budgetäre Entwicklung anschauen. Wir rasen in zwei Jahren auf eine dicke, schwarze Mauer zu. Der Grund ist nicht, dass wir prassen würden. Uns macht die Inflation zu schaffen. Denn die Kollektivverträge der Bundestheater sind de facto an die Gehaltsabschlüsse für die Beamten gekoppelt.

Aber die Inflation ist doch auf ein erträgliches Maß gesunken. Und Ende November wurde eine Einigung erzielt: Die Gehälter der Beamten steigen im Schnitt um 3,5 Prozent.

Das stimmt. Jedoch wirken sich die Gehaltserhöhungen bei den Bundestheatern erst neun Monate später aus, eben mit Saisonbeginn ab September. Sie lagen für die Beamten heuer bei 9,15 Prozent. Da die Personalkosten für die rund 2.400 Mitarbeiter etwa 200 Millionen ausmachen, sind sie nun um knapp 20 Millionen Euro gestiegen.

Sprich: Die Subventionen insgesamt sind niedriger als die Kosten fürs Personal …

Genau. Die Gehaltssteigerungen um knapp 20 Millionen Euro sind bei einer gedeckelten Basisabgeltung einfach nicht zu bewerkstelligen. Die Schere geht immer weiter auf.

Die Bundestheater haben doch enorme Reserven, wie man den Geschäftsberichten entnehmen kann.

Wir werden am Ende des laufenden Jahres tatsächlich circa 30 Millionen Euro an Rücklagen haben. Daher kommen wir auch ohne Probleme durch die nächste Saison. Aber im Sommer 2026 werden, wenn sich nichts ändert, alle Reserven verbraucht sein. Und dies ausschließlich wegen der steigenden, inflationsbedingten Personalkosten.

Gut. Bleibt also noch viel Zeit zum Jammern.

Natürlich kann man das Problem wegwischen und sagen, dass die Bundestheater immer gerettet wurden. Zur Erhaltung ist der Staat ja per Gesetz verpflichtet. Aber wir schaffen keine Dreijahresplanung. Die wird uns jedoch abverlangt und muss von den Aufsichtsräten abgesegnet werden. Aufgrund des Arbeitsrechts müssten wir daher im Herbst 2025 sagen: Wir können nicht mehr! Denn am 15. Oktober ist der Stichtag für allfällige Nichtverlängerungen in der darauffolgenden Saison.

Die Jahresverträge verlängern sich automatisch – außer sie werden gekündigt.

So ist es. Was ich sagen will: Da die Direktoren und Direktorinnen der Bühnengesellschaften und ich als Geschäftsführer haften, müssten wir im nächsten Oktober drastische Maßnahmen für die Folgesaison setzen.

Was könnte drohen?

Wir reden nicht über zwei oder drei gestrichene Neuproduktion, denn die kosten im Vergleich zum Personal relativ wenig. Wir reden über tiefe Einschnitte: späterer Saisonbeginn, zwei bis drei Schließtage pro Woche bis hin zur Aufgabe des Repertoirebetriebs.

Ihre Forderung daher?

Wir wollen keine Anhebung der gegenwärtigen Basisabgeltung, sondern nur die Werterhaltung. Es braucht – wie bei den Universitäten – eine Leistungsvereinbarung über drei Jahre. Nur sie ermöglicht Planungssicherheit. Wie Sie wissen, müssen Verträge mit international gefragten Gästen mehrere Jahre im Vorhinein abgeschlossen werden. Der Staatsoperndirektor muss das auch – zum Beispiel für die Saison 2027/’28 – machen, obwohl es noch kein beschlossenes Budget gibt.

Kürzlich hat die Staatsoper die Spielstätte NEST eröffnet. Wird man sich den Betrieb langfristig leisten können?

Die Staatsoper hat auch in der Vergangenheit Kinderoper veranstaltet – im Zelt auf dem Dach und danach in der Walfischgasse. Es gibt also ein Budget, zusätzliche Mittel jedoch nicht. Das NEST wird vor allem vom offiziellen Freundeskreis der Staatsoper finanziert: Das Geld ist für die Arbeit mit Kindern oder Jugendlichen gewidmet. Da dieser Verein sehr erfolgreich agiert, mache ich mir keine Sorgen.

Das Kasino am Schwarzenbergplatz wird bis zum Sommer restauriert. Da Theaterspielen in der Regel immer ein Defizitgeschäft ist, spart der Burgtheaterdirektor in dieser Saison viel Geld ein. 

Nein, denn die Holding kennt ja die Planungen. Eine unserer Aufgaben ist es, das Geld dem Bedarf entsprechend aufzuteilen. Also: Wir schauen, dass nicht ein Haus wahnsinnig viel Geld hortet – und ein anderes sozusagen am Abgrund steht. Und falls das Ihre nächste Frage sein sollte: Nein, eine dauerhafte Schließung des Kasinos würde nicht viel Geld sparen. Diese Spielstätte rettet kein Budget. Eben weil die Personalkosten drückend hoch sind. Darüber müssen wir reden. Aber wir dürfen uns auch freuen: über die Wiedereröffnung des Kasinos!

über uns

Wp Logo2

Damit wir Ihnen möglichst schnell weiterhelfen können, bitten wir Sie, je nach Anliegen über die hier genannten Wege mit uns in Kontakt zu treten.

Aktuelle Nachrichten

Newsletter

2020-2022 – Wiener Presse. Alle Rechte vorbehalten