Startseite Politik Europas Antwort auf den Selenskij-Trump-Eklat: Massive Aufrüstung

Europas Antwort auf den Selenskij-Trump-Eklat: Massive Aufrüstung

von Max

Dass sein Gipfel zu einem derart relevanten Zeitpunkt stattfinden würde, hatte der britische Premier Keir Starmer bei der Planung wohl nicht erwartet. 

Seit US-Präsident Donald Trump und sein ukrainisches Pendant Wolodimir Selenskij am Freitag im Weißen Haus heftig aneinandergeraten sind und Trump sehr deutlich damit gedroht hat, die Ukraine im Krieg mit Russland fallen zu lassen, herrscht in Europa großes Entsetzen über diesen amerikanischen Schwenk in Richtung Russland.

Damit einhergehend ist die Unsicherheit über die Zukunft des transatlantischen Bündnisses gewachsen. Vor diesem Hintergrund trafen europäische Staats- und Regierungschefs sowie der kanadische Premier Justin Trudeau am Sonntag in London mit Selenskij, NATO-Chef Mark Rutte und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen.

„Koalition der Willigen“

Starmer verkündete neben insgesamt 3,8 Mrd. Pfund (rd. 4,6 Mrd. Euro) an britischen Krediten und Waffenexportfinanzierung für die Ukraine ein europäisches Vorhaben: Großbritannien werde gemeinsam mit der Ukraine, Frankreich und weiteren Ländern einen Friedensplan ausarbeiten. Zudem solle eine „Koalition der Willigen“ gebildet werden, die sich darum kümmern soll, den Frieden in der Ukraine langfristig zu garantieren. 

Er habe auch mit Trump telefoniert, so Starmer, und hätte den Eindruck, dass die Ukraine, Europa, Großbritannien und die USA sich zusammen in Richtung eines solchen langfristigen Friedens bewegen könnten. Europa müsse bei einem Friedensabkommen die Hauptlast tragen, aber es brauche auch die Unterstützung der USA.

NATO-Chef Rutte erklärte kurz nach Ende des Treffens, einige europäische Länder würden ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen. Zudem müsse man sich für den Fall eines Friedensabkommens auf europäische Sicherheitsgarantien vorbereiten. Auch von der Leyen sagte, Europa müsse jetzt „wirklich massiv aufrüsten“.

NATO-Chef Mark Rutte sagte, einige europäische Länder würden ihre Verteidigungsausgaben erhöhen

Italiens ebenfalls anwesende Premier Giorgia Meloni hatte schon vor dem Gipfel vor einer Spaltung des Westens gewarnt und einen baldigen Europa-USA-Gipfel gefordert. Sie soll einen vergleichsweise guten Draht zur US-Regierung haben.

Sondergipfel in Brüssel am Donnerstag

Zur Frage, wie die gesamte EU beim Thema Ukraine und Sicherheit weitermachen wird, kommen die Staats- und Regierungschefs der Union am Donnerstag zu einem Sondergipfel in Brüssel zusammen. Hier werden auch Politiker dabei sein, die Moskau gegenüber aufgeschlossener sind – vor allem Ungarns Viktor Orbán, der bereits mit Blockaden von Hilfsgeldern droht.

Passend zum Sonntag waren auch für Donnerstag Gespräche zum Thema Aufrüstung in der EU geplant, ist nun doch auch die Angst gewachsen, Trump könne auch Europa im Ernstfall militärisch alleine lassen.

Die Waffenbestände europäischer Streitkräfte wurden jahrzehntelang reduziert – und durch die Lieferungen an die Ukraine weiter geleert. Rund 500 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren braucht die EU, so die Experten-Schätzungen, um militärisch auf eigenen Beinen stehen zu können. Die zu finanzieren ist eine riesige Herausforderung in Zeiten knapper nationaler Budgets. 

Gemeinsame Schulden?

Einige EU-Länder plädieren dafür, gemeinsame Schulden aufzunehmen – so ähnlich wie beim Corona-Wiederaufbau-Fonds. Auf Sparsamkeit bedachte Staaten sind für vorsichtigere Maßnahmen. Die einfachste: Die Mitgliedsstaaten bekommen von der Kommission die Erlaubnis, die Obergrenzen für Budgetdefizit und Staatsschulden für Rüstungsprojekte aufzuweichen. Die Abwicklung der Kredite für diese Projekte soll aber die Europäische Investitionsbank übernehmen. So könnten die Kredite besser abgesichert und niedriger verzinst werden.

Auch wird überlegt, rund 150 Mrd. Euro, die noch in den Töpfen des Corona-Fonds liegen, umzuwidmen. Doch damit dieses Geld nicht wie bisher vor allem in die US-Rüstungsindustrie fließt, sondern in Europa bleibt, sollen Waffen und Ausrüstung gemeinsam beschafft – und von europäischen Unternehmen produziert werden.

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Europa müsse jetzt „massiv aufrüsten“, sagt Ursula von der Leyen.

Verantwortlich dafür ist der neue EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius. Der Litauer soll Europa „auf die extremsten militärischen Eventualitäten“ vorbereiten, also auch auf einen russischen Angriff. Doch die Rüstungsindustrie hat nicht die Kapazitäten, es bräuchte neue Produktionsanlagen.

Um Europa zu verteidigen, braucht man auch einsatzbereite Truppen und ein gemeinsames Kommando. In der NATO liegt beides zum Großteil in US-Händen. Schaut man auf die Zahlen, könnte Europa die US-Soldaten ersetzen. Kleinere Einheiten könnten einen Kern neuer, europäischer Truppen bilden.

Doch bis man die geforderten 300.000 Mann unter Waffen und einsatzbereit hat, werden Jahre vergehen. Ob man die hat? Ab 2029 könnte Russland, dessen Kriegswirtschaft im Eiltempo produziert, in der Lage sein, Europa anzugreifen, so Militäranalysten. 

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