Jugend, Schönheit und Vergänglichkeit sind die zentralen Themen, die den Opulenz-Regisseur Paolo Sorrentino umtreiben. Seine High-Society-Satire „La Grande Bellezza – Die große Schönheit“ erhielt 2014 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film, zuletzt erinnerte er sich in seiner wohl persönlichsten Arbeit „Die Hand Gottes“ an seine Kindheit und Jugend in Neapel. Mit Parthenope – übrigens der antike Name von Neapel – kehrt Sorrentino wieder in seine Heimatstadt zurück und stellt erstmals eine Frau in den Mittelpunkt einer Handlung, die sich sprunghaft zwischen 1950 und 1980 zusammenballt.
Im gleißenden Sonnenlicht Neapels steigt Parthenope erstmals aus den Fluten des Meeres. Celeste Dalla Porta als Titelheldin im Bikini unterwirft mit ihrer verträumten Schönheit umgehend die gesamte (Männer-)Welt, bleibt selbst aber in rätselhafter Distanz zu ihrer Umgebung.
Vor traumhafter Capri-Kulisse trifft sie auf den US-Schriftsteller und Säufer John Cheever, den Gary Oldman im weißen Sommeranzug überzeugend dekadent verkörpert: „Schönheit ist wie Krieg. Sie öffnet alle Türen“, verkündet er in einer nüchternen Minute.
Aber auch Parthenope ist um metaphorische Sätze nie verlegen: „Verlangen ist das eigentliche Geheimnis“, belehrt sie einen lüsternen Verehrer, „aber Sex tötet das Geheimnis.“ Der Zurückgewiesene bezichtigt sie darauf beleidigt der Blödheit.
Fälschlicherweise, wie sich herausstellt: Die Männer umschwirren Parthenope zwar wie die Motten das Licht, sie selbst wird jedoch vom Glanz der Wissenschaft angezogen und studiert Anthropologie.
Leerstelle
Sorrentino irritierte mit seiner Hit-Serie „The Young Pope“ schon einmal die katholische Kirche; diesmal stieß eine (angedeutete) Sexszene auf Entrüstung, in die sich Parthenope mit einem sinnfreudigen Kardinal involviert. Ihre Begegnung mit verschiedenen Vertretern der neapolitanischen Gesellschaft nehmen die Formen eines bildgewaltigen Stationendramas an – Sorrentino gilt nicht umsonst als Ersatz-Fellini. Parthenope selbst aber bleibt in ihrer Pracht nicht als geheimnisvolles Rätsel übrig, sondern bloß als schöne Leerstelle.
INFO: I/F 2024. 137 Min. Von Paolo Sorrentino. Mit Celeste Dalla Porta, Silvio Orlando.