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Floaten unterm Floating Roof

von Max

In Novo mesto ist man auf vieles stolz: So kann die slowenische Kleinstadt nahe der Grenze zu Kroatien zum Beispiel mit einem Altarbild von Tintoretto in der Sankt-Nikolaus-Kathedrale aufwarten und einem Regionalmuseum für eine weltweit einzigartige archäologische Sammlung von Situlen aus der Bronze- und frühen Eisenzeit. Auf einer kleinen Insel im Fluss Krka steht zudem Otočec, das einzige „Wasserschloss“ des Landes. Und in den umliegenden Weinbergen gedeihen die Trauben für die lokale Weinbesonderheit Cviček.

Archäologische Schätze, sportliche Stätten

Radsportbegeisterten ist die auch als Rudolfswerth bekannte Stadt aber vor allem durch ihr – im Vergleich zur Größe der Kommune – ungewöhnlich großes Velodrom ein Begriff. Die Bahn, aus Sibirischer Zirbelkiefer gefertigt und 250 Meter lang, entspricht internationalen Standards. Ursprünglich eigens für die Bahnweltmeisterschaften der Junioren 1996 errichtet, hat sie 2019 ein Tragluftdach erhalten. Seitdem gehört das „Olimpijski Center Novo mesto“ zu den wenigen überdachten und beheizten Velodromen in Europa. Mit zusätzlich geschaffenen Angeboten für Leichtathletik, Hand- und Basketball lockt es zudem auch andere Sportler an den waldigen Stadtrand und gewinnt in der (inter-)nationalen Szene als Wettkampfarena zunehmend an Popularität.

Zuviel ist zuviel: Das benachbarte Velodrom des Olimpijski Cente verlangte beim Entwurf des Hallenbads Zurückhaltung.

Kürzlich wurde die Anlage für sieben Millionen Euro um ein Schwimmbad erweitert. Den offenen Architekturwettbewerb der Stadtverwaltung gewannen 2020 Enota Architects. Das Büro aus Ljubljana ist bekannt für gestalterische Lösungen, die eine starke Verbindung der Gebäude mit der sie umgebenden Umwelt schaffen. So waren sich die Studio-Gründer Dean Lah und Milan Tomac auch während des Entwurfsprozesses für das Hallenbad Češča Vas der waldigen Landschaft rund um das Hanggrundstück bewusst. Und: der dominanten Nachbarschaft. Das Velodrom, 2022 für den europäischen Architekturpreis EU Mies Award nominiert, umfasst eine Gesamtfläche von 7.574 Quadratmetern, seine Membran-Überdachung misst an der höchsten Stelle 23,51 Meter.

Das neue Schwimmbad nutzt die topografischen Eigenschaften des geneigten Geländes aus. Es ist so niedrig wie möglich platziert und stellt keine neue Dominante im Raum dar.

„Neben diese riesige, weiße und nachts von innen leuchtende Bubble wollten wir keinen zweiten Leuchtturm setzen“, erklärt Milan Tomac. Um die Landschaft nicht zu überladen, wurde die neue Schwimmbadanlage stattdessen so niedrig wie möglich gehalten. Dafür passten die Enota-Architekten ihr Design an die topografischen Eigenheiten des geneigten Geländes an.

Wahre Größe

Das Ergebnis beeindruckt: Obwohl das Hallenbad Češča Vas eine Grundfläche von 3.500 m2 hat, insgesamt eine Bruttogeschossfläche von fast 5.000 m² bietet und bis zu 339 Besucherinnen und Besucher fassen kann, stellt es keine neue Dominante im Raum dar. Vielmehr scheint es mit seiner Umgebung zu verschmelzen, ja zu verschwimmen.

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Das neue Hallenbad Češča Vas passt sich der Topographie an. Nur das Floating Roof erhebt sich über das Gelände.

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Im hohen Dachkörper verbirgt sich die für den Badebetrieb notwendige Technik.

Zur Hälfte in das Areal eingraben, erhebt sich nur das Dach als Floating Roof über den Grund. Die dunkle Holzverkleidung verknüpft das schwebende Dach optisch mit dem nahen Wald. Die natürlichen, unlackierten Bretter werden zudem mit der Zeit altern und das Gebäude dann noch stärker in die Natur integrieren. Im insgesamt ungewöhnlich hohen Dachkörper verbirgt sich die für den Badebetrieb notwendige Technik, die keinen direkten Kontakt mit den Wasserflächen benötigt.

Olympische Ausmaße

Doch damit ist es dann auch genug mit der Zurückhaltung. Bei aller Bescheidenheit erfüllt das Bad nämlich die strengen Normen für internationale Schwimmwettkämpfe und das Training von Spitzensportlern. Aktuell beherbergt das Hallenbad Češča Vas zwei Schwimmbecken. Das 25-Meter-Hauptschwimmbecken hat acht Bahnen. Der kleinere beheizte 20-Meter-Pool mit fünf Bahnen ist für Nichtschwimmer aller Altersgruppen, Schwimmkurse oder einfach nur zur Erholung und Rehabilitation vorgesehen und steht im Rahmen von Wettkämpfen als Aufwärmbecken zur Verfügung. Die Erweiterung um einen Außenpool olympischer Größe samt Zuschauertribünen am Hang ist geplant.

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Im Eingangsbereich kragt das Dach aus und schafft eine überdachte Terrasse. Auffällig: der gelbe Anstrich der Unterseite.

Im Inneren erlauben die unter das Geländeniveau abgesenkten Ebenen des Gebäudes die horizontale Trennung der unterschiedlichen Bereiche: Die Eingangshalle mit Café und Rezeption ist von den Verkehrsflächen mit den Duschen und Umkleiden abgekoppelt, der tiefer liegende Beckenbereich korrespondiert mit dem Hang am westlichen Rand des Areals. Um die beiden Innenpools auf zwei Ebenen zu setzen, nutzten die Enota-Architekten geschickt die gegebenen Höhenunterschiede des Grundstücks. Zwischen den Bahnen spannt sich eine Landschaft aus Stufen und Terrassen auf, die zum Entspannen oder – bei Wettkämpfen – als Tribünen genutzt werden können.

Schwimmen im Amphitheater

Die Planer sprechen von einem „amphitheatralen“ Effekt. Dadurch konnten sie die Fassadenfläche des Bauwerks reduzieren – was die Investitionskosten senkte. Weil ein Großteil seiner Außenwände in der Erde verborgen sind, kann das Hallenbad Češča Vas zudem energiearm und damit kosteneffizient betrieben werden. Die Glasfassaden lassen dennoch einen Lichteinfall entlang des gesamten Umfangs zu und schaffen eine direkte visuelle Verbindung zwischen den Außenräumen und dem Inneren. Selbst beim Schwimmen eröffnen sich weite Blicke in die umgebende Natur.

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Das Gelb der Dachunterseite zieht sich auch im Innenbereich des Bades weiter.

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Die strahlende Decke überspannt zwei Becken auf unterschiedlichen Ebenen und Tribünen aus Ortbeton.

Auch die besondere statische Dachkonstruktion zahlt auf die Luftig- und Leichtigkeit des Designs ein. Ein Gitterwerk aus Wandträgern, die in den Trennwänden verborgen sind, ermöglicht große Spannweiten und braucht dabei nur wenige vertikale Stützen. So entsteht der Eindruck, als würde das Dachvolumen über der Wasseroberfläche schweben. Außerdem sorgt die durchdachte Grundrissanordnung für mehr Deckenhöhe über den Schwimmbecken, lediglich die Räume im Bereich der Rezeption und der Umkleiden sind niedriger gehalten. Doch auch dort kommt kein Gefühl der Enge oder Düsternis auf. Denn die Decken sind auch dort in jenem intensiven, warmen Sonnengelb gehalten, das den gesamten Bau dominiert.

Ruhiges Holz, lautes Gelb

Das auffällige Gelb leuchtet Besuchern schon von Weitem den Weg ins Hallenbad Češča Vas. Denn auch die Dachunterseiten im Außenbereich sind damit gestrichen. Auf der Eingangsseite des Gebäudes wirkt das auskragende Vordach wie eine Art riesiger gelber Sonnenschirm, unter dem man im Sommer sitzen und einen Kaffee genießen kann. Ansonsten präsentiert sich die Materialität des Hallenbads Češča Vas wie erwähnt eher einfach und zurückhaltend. Die Gestaltung der amphitheatralischen Räume unter dem mit Holz verkleideten, geometrischen Mansardenflachdach ist auf den verschiedenen Ebenen homogen in Ortbeton ausgeführt.

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Im Bereich der Umkleiden und Duschen ist die Decke niedriger. Doch die Farbgebung lässt kein Gefühl der Enge aufkommen.

Das Hallenbad Češča Vas hat in der Architekturwelt große Anerkennung gefunden. Es wurde bereits vielfach ausgezeichnet – zum Beispiel mit dem OPAL Award, den Golden Pencils oder den Archello Awards als Sports & Leisure Building of the Year 2023. „Wir freuen uns, dass wir mit dem Bau auch unter den Finalisten für die prestigeträchtige Auszeichnung des World Architecture Festival 2024 sind. Im November werden wir ihn und das Hotel Natura Extension in Singapur vorstellen“, so die Enota-Gründer.

Das neue Schwimmbadgebäude Češča Vas schafft es, den Optimismus und die Begeisterung des Glaubens an eine gemeinsame und strahlende Zukunft einzufangen.

Punkten wird das Češča Vas bei der Jury und dem Publikum in erster Linie natürlich durch sein Floating Roof. Denn was könnte besser passen zu einem Hallenbad, in dem man im Wasser schweben kann …

Text: Daniela Schuster 

Bilder: Miran Kambič

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