Startseite Politik FPÖ fühlt sich bei Gedenkkultur ausgegrenzt

FPÖ fühlt sich bei Gedenkkultur ausgegrenzt

von Max

Die Grünen werden heute gemeinsam mit den Regierungsparteien ÖVP, SPÖ und Neos eine Novelle des Nationalfonds-Gesetzes beschließen. Damit soll Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) in diesem Fonds entmachtet werden bzw. sich selbst entmachten können. 

Wie berichtet, haben die jüdische Gemeinschaft und Opferschutzverbände große Vorbehalte gegen Rosenkranz, der per Gesetz Kuratoriumsvorsitzender des Fonds ist. So gibt es etwa einen aufrechten Beschluss der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), nicht an Sitzungen des Nationalfonds teilzunehmen, solange er Vorsitzender ist. 

Grund sind unter anderem Rosenkranz politische Zugehörigkeit zu einer deutschnationalen Burschenschaft und sein Weltbild. Erst kürzlich sorgte für Kritik, dass er sich demonstrativ vor seinen ehemaligen Büroleiter gestellt hat, gegen den wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung ermittelt wird.

„Keine politische Farbenlehre“

In der Debatte vor der Abstimmung übte FPÖ-Abgeordneter Markus Tschank heftige Kritik. Der Nationalfonds sei eine bedeutsame Organisation für die Erinnerungskultur, diese Kultur sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie sei „nicht teilbar“, sie unterliege keiner „politischen Farbenlehre“ und sei auch nicht „bestimmten politischen Gruppen vorbehalten“, wie Tschank betonte. 

Die FPÖ als „stärkste politische Kraft“ von diesem Andenken auszuschließen, sei „zutiefst antidemokratisch und ein Anschlag auf die rechtsstaatlichen Prinzipien unserer Republik“. Und mehr noch: „Es schadet im Kern diesem wichtigen Anliegen.“ 

Nur eine Vergemeinschaftlichung und eine Inklusion aller Parteien könne den antisemitischen Entwicklungen, die auch heute beim Beschluss des Antisemitismus-Berichts im Nationalrats deutlich wurden, Einhalt gebieten.

„An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“

ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl konterte: „Anscheinend kann die FPÖ nichts anderes, als Opfer zu sein.“ 

Rosenkranz müsse bewusst sein, dass es aufgrund seiner Vorgeschichte und seiner Amtsführung schwere Vorbehalte gegen ihn gab. Die ÖVP und die anderen Parteien seien bemüht gewesen, eine Lösung zu finden und hätten das Gespräch gesucht. Rosenkranz habe sich aber darauf versteift, dass die aktuelle Gesetzeslage eben vorsieht, dass er den Vorsitz im Kuratorium hat. Deshalb ändert man jetzt das Gesetz. 

Gerstl betonte: „Unser Vertrauen in Ihre Amtsführung ist erschüttert. Unser Gesetzesvorschlag sieht vor, dass Sie auch freiwillig zur Seite treten können.“ Er bat Rosenkranz, das zu tun. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“, zitiert er einen Bibelvers. 

SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar erinnerte Rosenkranz an seine eigenen Worte: Bei seinem Amtsantritt sagte er, er werde zur Seite treten, wenn es aus der jüdischen Gemeinde Bedenken gegen seine Person gebe. Und sie betonte: Die Bedenken seien berechtigt. 

„Präsident soll sich selbst nicht so wichtig nehmen“

Nikolaus Scherak, Neos-Abgeordneter, sagte, es gebe gute Gründe, dass der Nationalratspräsident dem Fonds ex lege vorsitzt. Es entspreche der hohen Bedeutung der Institution. „Wenn aber diese Person bei den Opferverbänden auf Ablehnung stößt, dann ist das ein Problem.“ Es pervertiere die Aufgaben des Fonds, wenn jene, um die es geht, wegen dieser Person nicht an den Sitzungen teilnehmen wollen. 

Zudem fand er, dass ein Präsident, ein Abgeordneter, eine Person sich selbst nicht so wichtig nehmen sollte. Das übergeordnete Ziel – die Gedenkkultur – müsse wichtiger sein als das eigene Befinden.

„So verhalten, wie es zu erwarten war“

Sigrid Maurer, Grüne Abgeordnete, erinnerte daran, dass Rosenkranz zu Beginn der Legislaturperiode mit einer Mehrheit von FPÖ, ÖVP, SPÖ und Neos gewählt wurde, während die Grünen vor ihm gewarnt haben. Dann seien alle verwundert gewesen, dass er sich „genauso verhalten hat, wie es zu erwarten war“. Beispielsweise war sein erster Gast im Parlament Ungarns Premier Viktor Orban. 

Auch sie fordert Rosenkranz heraus: Er kann freiwillig seine Aufgaben im Kuratorium des Nationalfonds abgeben – oder er wird abgewählt. Der Debatte wohnte der FPÖ-Mann heute nicht bei, die Nationalratssitzung wurde vom zweiten Präsidenten, Peter Haubner und der dritten Präsidentin, Doris Bures, geleitet. 

Christian Oxonitsch, SPÖ, fasste noch einmal zusammen: „Wir ziehen heute die Schlüsse aus Ihrem Verhalten.“ Dass die FPÖ nun sage, das sei „antidemokratisch“, sei schlicht falsch: Eine Abstimmung im Nationalrat ist per Definition demokratisch.

„FPÖ betreibt Politik des Hasses und der Hetze“

Eine treibende Kraft bei dem Gesetzesentwurf war Lukas Hammer, Grün-Abgeordneter. Der Grund: „Der Präsident hat unser Misstrauen mehr als bestätigt.“ Die Novelle sorgt nun dafür, dass der Weg frei ist für einen neuen Vorsitz und das Kuratorium endlich seine Aufgabe aufnehmen könne – das sei bisher nicht möglich gewesen. 

Zu Tschank, der gesagt hatte, die FPÖ werde von der „Gedenkpolitik“ ausgeschlossen, sagte Hammer: „Es geht darum, daran zu denken, was in unserem Land passiert ist, was auf Worte der Gewalt gefolgt ist – nämlich die reale Gewalt. Und daraus die Schlüsse zu ziehen. Das Problem, das wir mit der FPÖ haben: Sie hat diese Schlüsse nicht gezogen. Sie betreibt weiter eine Politik des Hasses und der Hetze.“ 

FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan sah in der Verfassungsänderung einen Versuch, „das Wahlergebnis zu korrigieren“. ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen würden nicht akzeptieren wollen, dass die FPÖ bei der Wahl die stärkste Kraft geworden sei und schieße sich jetzt auf Rosenkranz ein. „Das ist abzulehnen.“ 

Das sieht die Novelle vor

Mit der Novelle wird dem Nationalratspräsidenten die Möglichkeit eingeräumt, die Leitung des Fonds und weitere damit verbundene Aufgaben teilweise oder ganz an den Zweiten Nationalratspräsidenten bzw. die Dritte Nationalratspräsidentin zu übertragen. 

Alternativ soll es dem Hauptausschuss des Nationalrats ermöglicht werden, Rosenkranz als Vorsitzender des Fonds abzuwählen und stattdessen den Zweiten Präsidenten bzw. die Dritte Präsidentin zu betrauen.

Initiiert haben die Gesetzesänderung die Grünen, wobei ihr ursprünglicher Vorschlag weitergehender war und jedenfalls auf eine Ablöse von Rosenkranz als Kuratoriumsvorsitzender des Nationalfonds abgezielt hätte. 

Die FPÖ kann sich zwar eine freiwillige Vertretungsregelung vorstellen, kritisierte die Abwahlmöglichkeit bei den Beratungen im Verfassungsausschuss aber als „überschießend“. Da die Gesetzesnovelle mehrere Verfassungsbestimmungen enthält, ist bei der Abstimmung im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit nötig.

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