Es gibt wohl wenige Persönlichkeiten auf die der Begriff „politisches Schwergewicht“ besser passt als auf Thierry Breton. Der französische Liberale, der auch immer die Rückendeckung von Präsident Macron hatte, war in den vergangenen fünf Jahren nicht nur EU-Kommissar für den Binnenmarkt, sondern auch die Schaltstelle für Frankreichs Interessen in Brüssel – und damit auch ein ständiger Gegenspieler von Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Rücktritt als Attacke
Und genau gegen die richtete sich auch der Rücktritt als EU-Kommissar, den Breton völlig überraschend am Montag in der Früh über die Plattform X verkündete. Denn in dem Schreiben wirft er Von der Leyen, „zweifelhafte politische Führung“ vor und macht deutlich, was sich da offensichtlich in den vergangenen Tagen in Brüssel hinter den Kulissen abgespielt. Sie habe ihn für einen „politischen Tauschhandel“ benutzt , schreibt Breton. Paris sei im Austausch für seinen Abgang ein besserer Posten in der EU-Kommission versprochen worden. Breton war zuletzt als Kommissar für eines der Wirtschafts-Ressorts in der Kommission gehandelt worden – und dazu als Vizepräsident. Offensichtlich aber, war der Posten, den er und damit Frankreich haben wollten schon besetzt – durch den Italiener Raffaele Fitto von den „Fratelli d’Italia“, also der Partei von Regierungschefin Giorgia Meloni.
Schwere Krise in heiklem Moment
Von der Leyen werde jetzt „einen anderen Kandidaten“ bekommen, schreibt der für seine emotionalen Ausbrüche bekannte Breton sichtlich beleidigt. Er jedenfalls stehe nicht mehr zur Verfügung. Damit aber lässt der Franzose die ohnehin schwelende Krise um die neue EU-Kommission eskalieren. Die sollte ja von Von der Leyen am Dienstag Früh im Parlament in Straßburg präsentiert werden, ohnehin bereits verspätet und von offenen Konflikten überschattet.
Denn Von der Leyen, die ja eine mit gleich vielen Männern und Frauen besetzte EU-Kommission für ihre zweite Amtszeit haben wollte, hatte zuletzt auf mehrere Länder Druck ausgeübt, doch noch ihren Kandidaten auszutauschen und eine Frau zu schicken. Slowenien reagierte, zog seinen männlichen Kandidaten zurück und nominierte eine Frau. Das aber passt in Laibach der Opposition nicht. Die blockiert weiterhin die offizielle Nominierung von Marta Kos. Was Von der Leyen dazu zwingt, die Präsentation ohne ihre offizielle Nennung zu machen. Doch mit dem Rücktritt von Breton steht der ganze Ablauf für die nächste EU-Kommission ohnehin wieder in Frage. Ein schwerer Schlag für Von der Leyen.