Roma caput mundi. Am Samstag war Rom einen Moment lang wirklich wieder die Hauptstadt der Welt.
Am Samstag fand auch eine neue Papstbestattung statt, in mehrfacher Hinsicht. Der schlichte Sarg, die Fahrt durch Rom, die Armen, die ihn jeder mit einer weißen Rose in der Basilika Santa Maria Maggiore empfingen, alles war anders als bisher.
Es war aber auch eine neue Papstbestattung, weil sie so von unserem digitalen Zeitalter geprägt war wie noch keine davor. Das Gefühl hatte man besonders in der und um die Basilika Santa Maria Maggiore: Zwei große Bildschirme ermöglichten es von dort aus, das von Kardinal Giovanni Battista Re, Dekan des Kardinalskollegiums, zelebrierte Requiem live zu erleben. Gleichzeitig konnte man über Handy und Kopfhörer bestimmen, in welcher Sprache man folgen mochte. Und im Petersdom konnte fast niemand der Versuchung widerstehen, ein Foto des aufgebahrten Leichnams zu machen.
Natürlich verlief vieles nach altbewährter Tradition. 160 Delegationen, gekrönte Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Vertreter zahlreicher Religionen erwiesen dem verstorbenen Franziskus die letzte Ehre. Auf der rechten Seite des Sargs die Geistlichen in purpurroter Robe, auf der linken die Staatsvertreter in schwarz. Bei Letzteren wurde die Sitzordnung alphabetisch bestimmt, und zwar wie schon immer Usus nach dem französischen Landesnamen. Und auch wenn US-Präsident Donald Trump keine besondere Vorliebe für seinen Kollegen Emmanuel Macron hegt, muss er der Sprache in diesem Fall dankbar sein. Wäre die Platzverteilung nach englischem Ländernamen – also USA, nicht Les États-Unis – erfolgt, hätten Trump und Gemahlin in den letzten Reihen Platz nehmen müssen (Österreichs Vertreter – französisch: l’Autriche – saßen ganz vorne).
Kirche als Wegweiser
„Roma caput mundi“ ist aber nur der Anfang eines Satzes, zu dem auch „regit orbis frena rotundi“ gehört. Übersetzt heißt das: „Rom, die Hauptstadt der Welt, lenkt die Zügel des Erdkreises“. Aber kann die Kirche wirklich zumindest noch ein wenig Wegweiser sein? „Ich bin da eher skeptisch“, sagt Maria, die vor der Basilika Santa Maria Maggiore auf den Papst wartet. „Papst Franziskus hat viele Themen, Reformen angestoßen, doch fast alles blieb auf der Strecke. Wer weiß, vielleicht fehlte ihm dann doch der Mut, oder er hatte doch zu viele Feinde, auch wenn ihm momentan alle ihre tiefste Wertschätzung aussprechen.“
Eine Ehrerbietung, die vielen, die Franziskus wirklich geliebt haben, aufstößt. Streetart-Künstlerin Laika hat das auf den Punkt gebracht. Nicht weit vom Vatikan ist in diesen Tagen ihr Wandgemälde zu sehen, auf dem Franziskus eine Liste mit den Namen jener in der Hand hält, die zur Trauerfeier kommen werden. Verdutzt fragt er sich: „Wer hat die denn eingeladen?“
Wie er sich es gewünscht hätte
Ob die Trauerfeier zu irgendeiner Annäherung verholfen hat, ist nicht bekannt. Aber es war eine Trauerfeier, wie Franziskus sie sich gewünscht hätte. Die Menschen standen Spalier, applaudierten beim Vorbeifahren des Papamobile, geleiteten ihn vom Petersplatz bis zur Basilika Santa Maria Maggiore. Für einige war es auch die letzte Gelegenheit, ein Versprechen einzulösen, für Gerlinde aus Bozen zum Beispiel. „Ich hatte vor Jahren einen schweren Unfall. Wieder gesund, nahm ich mir vor, als Dank zu einer Papstaudienz zu fahren. Doch dazu ist es nie gekommen. Deswegen bin ich heute hier.“ Von der Fahrt des Sargs durch Rom ist sie beeindruckt. „Wenn die Kirche überleben will, muss sie unter die Menschen“, sagt sie.
Zurück von einer Reise hielt Franziskus immer bei der Basilika Santa Maria Maggiore. Dort kniete er vor der Muttergottesikone Salus populi romani und betete. Auch nach seinem letzten langen Spitalaufenthalt bat er auf dem Weg zurück zum Gästehaus Santa Marta, kurz bei der Basilika halt zu machen.
Gestern wurde der Papst neben der Kapelle mit der Muttergottesikone bestattet. Das schlichte Grabmal ist aus weißem Marmor und trägt neben dem Kreuz die Inschrift „Franziskus.“ Sein Wunsch war es, in der nackten Erde begraben zu werden, so ist es geschehen. Beim Vorbeifahren des Sargs murmelte eine ältere Frau: „Möge dir die Erde leicht sein.“