Seit Anfang März hat Wien wieder nur zwei Opernhäuser – zumindest im Sinne der Räumlichkeiten. Das 2006 als neues Opernhaus eröffnete Theater an der Wien wird nun von den Vereinigten Bühnen Wien (VBW) generalsaniert und bleibt deshalb bis zum Herbst 2024 geschlossen. Der Spielbetrieb des Stagione-Hauses wird ab Beginn der Saison 2022/23 im Museumsquartier stattfinden.
Am Montag wurden nun die konkreten Pläne für das 1801 errichtete Stammhaus präsentiert, und sie sind weitreichend, fand die letzte Generalsanierung des in Teilen unter Denkmalschutz stehenden Hauses doch im Jahr 1962 statt. Zum einen betreffen die Vorhaben viele Elemente hinter den Kulissen – begonnen bei der Haustechnik, dem Brandschutz und der Trockenlegung durchfeuchteter Gemäuer. Heizung und Lüftung werden ebenso erneuert wie eine Fotovoltaikanlage am Dach angebracht. Für das Personal soll es künftig einen Kantinenbetrieb geben.
Aber auch die Fassade selbst soll aufgefrischt werden, und in der Millöckergasse, wo sich das berühmte Papageno-Tor befindet, wird eine verkehrsberuhigte Zone eingerichtet. Das derzeit eher verbaute Foyer soll erweitert werden. „Es gibt momentan ein immanentes Defizit an Bewegungsflächen“, erklärte der Architekt Daniel Baumer. Das wolle man ändern.
So wird die größte, für das Publikum zu bemerkende Veränderung ein neues Foyer im ersten Obergeschoß sein, das samt einer Loggia das Haus öffnet. „Architektonische Barrieren des Hauses nach außen werden abgebaut“, unterstrich Baumer. Und auch der unter Denkmalschutz stehende Theatersaal wird renoviert (und dabei die Gesamtheit der Sitze neu gepolstert), in der Substanz aber unverändert belassen. Dafür soll ein neuer Aufzug erstmals auch volle Barrierefreiheit gewährleisten.
„Wir nehmen insgesamt 60,05 Millionen Euro in die Hand, um das Theater an der Wien von Grund auf zu sanieren und zu modernisieren“, erklärte Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Schließlich gehört das Haus der VBW, die ihrerseits Teil der Wien Holding sind, letztlich der Stadt: „Es geht darum, den Schritt in die Zukunft zu machen.“
Stadträtin sieht Erfolgsbilanz
Die Entwicklung des Theaters seit der Wiedereröffnung als Opernhaus 2006 sei äußerst positiv verlaufen, meint Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Zwar monierte der Stadtrechnungshof am Ende des Vorjahres, dass die Besucherzahlen und der Eigendeckungsgrad in den Jahren 2018 und 2019 gesunken waren. Kaup-Hasler sprach am Montag dagegen lobend von den Publikumserfolgen des Hauses und den internationalen Auszeichnungen, die es unter der Leitung des scheidenden Intendanten Roland Geyer eingeheimst hat. Die Generalsanierung des Theaters verfolge eine langfristige Perspektive. „Das soll Jahrzehnte halten und uns alle überleben“, sagte Kaup-Hasler.
Der designierte Intendant Stefan Herheim, krankheitsbedingt aus Berlin zugeschaltet, unterstrich: „Spätestens mit dem Scheitern des Friedens in Europa und dem erneuten Fall des Eisernen Vorhangs wissen wir, wie fragil die Freiheit der Theater ist.“ Insofern sei es ein umso bedeutenderes Zeichen, dass Wien bereit sei, hier so viel Geld in die Hand zu nehmen. Von den projektierten 60,05 Millionen Euro stammen 39 Millionen aus dem städtischen Budget. „Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn die Vereinigten Bühnen Wien werden von der Opposition nicht immer mit Samthandschuhen behandelt“, betonte VBW-Geschäftsführer Franz Patay die Bedeutung des Vorhabens. Wien Holding und VBW gewähren ein Darlehen von 21,05 Millionen Euro.(apa/red.)