Der Papst als Kidnapper?
Der sogenannte „Raub des Mortara-Kindes“ durch Papst Pius IX. erregte einst derartig viel Aufsehen, dass im Jahr 1862 sogar ein Gemälde dazu entstand. Gemalt von Moritz Daniel Oppenheim zeigt es eine häusliche Szene, in der sich ein Mönch und eine Nonne freundlich einem Buben zuneigen. Ein Mann im Hintergrund versucht, schützend einzugreifen, während seine Frau in Ohnmacht fällt. Es sind die Eltern des Kindes, die vergeblich versuchen, ihren Sohn vor dem Zugriff zu bewahren.
Oppenheimers Bild dokumentiert einen historischen Fall von Kindesentzug seitens der katholischen Kirche, der sich tatsächlich vier Jahre zuvor in Bologna zugetragen hatte und sogar für Schlagzeilen in der New York Times sorgte. Es handelte sich dabei um Ereignisse rund um die jüdische Familie Mortara, seit 1850 mit ihren fünf Kindern in Bologna wohnhaft. Als ihr kleiner Sohn Edgardo, geboren 1851, schwer erkrankt, wird er vom christlichen Dienstmädchen heimlich notgetauft. Jahre später kommt der Vorfall durch eine Beichte dem Inquisitor zu Ohren, der das Kind den verzweifelten Eltern wegnimmt und nach Rom unter die Obhut des Papstes persönlich bringt.