Zusammenfassung
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- Maksym Butkewytsch setzt sich für den Austausch ukrainischer Kriegsgefangener ein und fordert, dass die Freilassung von Zivilisten eine Vorbedingung für Verhandlungen sein muss.
- Butkewytsch spricht sich gegen die formale Anerkennung der Okkupation ukrainischer Gebiete durch Russland aus und betont die Bedeutung der Rückkehr verschleppter Kinder.
- Der jüngste Drohnenangriff auf russische Städte verdeutlicht die anhaltenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine, trotz einer vorübergehenden Vereinbarung zur Einstellung von Angriffen auf Energieanlagen.
Die südrussischen Städte Saratow und Engels sind am frühen Donnerstag nach Angaben der Regionalverwaltung Ziel des bisher größten Drohnenangriffs seit Beginn des Ukraine-Kriegs geworden.
Bei der nächtlichen Attacke seien mehr als 30 Häuser beschädigt worden, teilte der Gouverneur der Region Saratow, Roman Busargin, laut der staatlichen Nachrichtenagentur TASS mit. Alle Rettungsdienste seien mobilisiert worden.
Ukraine schoss mehr als 130 Drohnen ab
Das russische Verteidigungsministerium hatte laut TASS zuvor mitgeteilt, dass im Verlauf der Nacht in verschiedenen Regionen des Landes mehr als 130 ukrainische Drohnen abgeschossen worden seien – mehr als 50 davon in Saratow, 40 in Woronesch sowie Dutzende weitere in den Regionen Belgorod, Rostow, Kursk, Lipezk und über der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Unter Vermittlung von US-Präsident Donald Trump haben Russland und die Ukraine zwar zugesagt, vorübergehend die gegenseitigen Angriffe auf Energieanlagen einzustellen. Der Minimalkompromiss ist aber auf Ziele dieser Art begrenzt und der Zeitpunkt des Inkrafttretens unklar. Beide Länder überziehen sich immer wieder mit Attacken von Kampfdrohnen, wobei die Opfer in der Zivilbevölkerung und die Schäden an der Infrastruktur in der Ukraine ungleich größer sind als in Russland.
Butkewytsch fordert Druck auf Russland auszuüben
Mehr als zwei Jahre lang galt Maksym Butkewytsch als prominentester ukrainischer Intellektueller in russischer Kriegsgefangenschaft. Im vergangenen Oktober kam der Kiewer Menschenrechtsaktivist bei einem Austausch frei, derzeit befindet er sich auf einer Europatournee, um sich für die Freilassung ukrainischer Kriegsgefangener einzusetzen. „Es gibt Möglichkeiten, auf Russland Druck auszuüben„, sagte er diesbezüglich am Mittwoch bei einem Gespräch mit der APA in Wien.
Angesichts von womöglich beginnenden Gesprächen mit Russland dürfte die großangelegte Freilassung von Zivilisten und ein großer Austausch von Kriegsgefangenen keine Folge derartiger Verhandlungen, sondern müsse eine Vorbedingung sein, erklärte Butkewytsch. „Zuerst freilassen und austauschen, dann miteinander reden“, sagte er.
Fehlende Informationen über Teil von ukrainischer Kriegsgefangenen
Ein diesbezüglicher Vorschlag sei seines Wissens auch von ukrainischer Seite bei kürzlichen Gesprächen im saudi-arabischen Dschidda artikuliert worden, zeigte er sich erfreut. Einen vollständigen Gefangenaustausch erachtet Butkewytsch aus praktischen Gründen dennoch für unmöglich. Realisiert werden könne lediglich der Austausch der bekannten Kriegsgefangenen. Denn über einen Teil der Kriegsgefangenen in Russland wisse man in der Ukraine einfach nichts.
„Bei Zivilisten ist es kompliziert, denn für sie gibt es keinen formalen Mechanismus eines Austauschs. Sie müssten einfach freigelassen werden“, erklärte er. Der Aktivist beklagte, dass Moskau versucht habe, ukrainische Zivilisten in Russland gegen russische Kriegsgefangene auszutauschen. Dies sei jedoch nicht möglich. Würde die Ukraine darauf eingehen, könnte Russland die gesamte ukrainische Bevölkerung auf besetzten Gebieten als Reserve für Gefangenenaustausch behandeln.
13 Jahre Haft: Folter und Misshandlungen gehören zum Alltag
Der Aktivist setzt sich bei seinen aktuellen Gesprächen auch für europäische Unterstützung bei der Rehabilitierung ehemaliger Kriegsgefangener ein. Der 47-Jährige durchlief in der Ukraine nach seiner Freilassung eine mehrwöchige Rehabilitation, die sich insbesondere um gesundheitliche, psychologische und auch rechtliche Fragen drehte.
Selbst hatte sich der für seine linken und antifaschistischen Überzeugungen bekannte Butkewytsch kurz nach Beginn der russischen Invasion den ukrainischen Streitkräften angeschlossen und war bereits im Juni 2022 in der Region Luhansk in Gefangenschaft geraten. Nachdem er unter Androhung von Folter gezwungen worden, von ihm nie begangene Kriegsverbrechen zu gestehen, war er Anfang 2023 zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, die er in der Strafkolonie von Krassnyj Lutsch in der okkupierten Region Luhansk abzusitzen begann. Folter und Misshandlungen gehörten laut seinen Beschreibungen dort zum Alltag.
Territorien und Menschen als rote Linien bei Verhandlungen mit Russland
In Bezug auf mögliche Verhandlungen mit Russland sieht Butkewytsch einen beschränkten Bewegungsspielraum für Präsident Wolodimir Selenskij. „Es gibt Dinge, die man der zeitgenössischen ukrainischen Gesellschaft nicht sagen kann“, erläuterte er. Unmöglich sei etwa die von Russland geforderte völlige Aufgabe der derzeit nur teilweise okkupierten Regionen von Cherson und Saporischschja. Dies gelte ebenso für die formale Anerkennung der Okkupation von ukrainischem Staatsgebiet. „Die Ukraine könnte sich mit der de facto-Besetzung für eine gewisse Zeit abfinden, aber diese formal nicht anerkennen“; erklärte er.
Wichtig sei für die Ukraine aber auch die Rückkehr von nach Russland verschleppten Kindern. Diese Fragen von Territorien und Menschen seien jedenfalls die grundsätzlichen roten Linien der Ukraine. Themen wie Beschränkungen für die ukrainischen Streitkräfte oder einen blockfreien Status, für den eigens die Verfassung geändert werden müsste, bezeichnete Butkewytsch gleichzeitig als „äußerst schwierig“.
Mehr Engagement für Menschenrechte als Antwort auf Trump und Putin
Die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit Initiativen der neuen US-Administration von Präsident Donald Trump sieht der Intellektuelle mit „großer Besorgnis“. „Das ist der Versuch von zwei Menschen (Trump und der russische Präsident Wladimir Putin, Anm.) mit großen Überschneidungen in ihrem Weltbild, über das Schicksal von Millionen von Menschen zu entscheiden, ohne dass diese etwas dabei zu sagen hätten“, sagte er. Dies könnte zu „absolut unvorhergesehenen Folgen“ führen.
Für ihn persönlich bedeute diese Entwicklung jedoch, dass es noch stärker nötig sei, die Würde und die Freiheiten jedes einzelnen Menschen zu verteidigen. „Wenn die neue Administration eines sich als ‚Land der Freien‘ definierenden Staates nicht fähig sein sollte, freie Menschen zu achten oder dies nicht tun will, dann müssen das andere machen, dann muss dies Europa tun“, erklärte Butkewytsch. Sollte Europa für diese Aufgabe nicht vereint genug sein, gebe es derzeit mit der Ukraine ein europäisches Land, das bereits einen Abwehrkampf zur Verteidigung dieser Werte führe.