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Großes Auto – kleiner Penis? Oder mehr Bedürfnis nach Sicherheit?

von Max

Obwohl sie dem Klima schaden, werden unsere Autos immer größer. Was wollen wir damit kompensieren?

„Büffelwixerautos“: Mit diesem Wort kommentierte ein Kollege, was sich auf der Autobahn von Houston nach Austin dem Auge bot: Full Size Trucks mit Stoßstangen wie Bollwerke, die, sechs bis sieben Meter lang, auf Monsterreifen durch die Landschaft bretterten. Auf den Ladeflächen hätte ein Mini Platz. Hinterm Steuer auffallend viele Männer mit Cowboy-Hüten mit extrahoher Krone auf dem Kopf. Tatsächlich führen großdimensionierte Ladewägen im Ölstaat Texas die Ranglisten der meistverkauften Autos an.

Das ist bei uns ganz anders, protestierte der Rest der Reisegruppe: Wir in Europa sind doch umweltbewusst! Mitnichten. Anders als in Texas kleben wir uns vielleicht keine Büffelhorn-Symbole auf die Motorhaube, aber auch wir haben eine ausgeprägte Schwäche für sehr große Autos.

Bis zu 5,7 Meter lang, bis zu 2 Meter breit, 1,9 Meter hoch und 2,5 Tonnen schwer: Jeder zweite Neuwagen hierzulande ist laut dem Verkehrsclub Österreich ein Sport Utility Vehicle, also ein Stadtgeländewagen oder SUV. Sie zählen zu den größten Personenkraftwagen. Luxusausführungen bringen es auf 680 PS oder mehrmals so viel wie ein Mittelklassewagen.

Verkehr braucht immer mehr Sprit

SUVs haben einen höheren Energieverbrauch als herkömmliche Modelle, berichtet der Verkehrsclub. Jeder zweite Neuwagen fahre ausschließlich mit Benzin oder Diesel; als Elektro-Geländewagen verbrauchen sie mehr Strom als kleinere E-Autos.

Doch auch Kompakt-, Mittelklasse- und Kleinwagen, die die andere Hälfte der Neuzulassungen (2023) ausmachen, kommen mit jedem Nachfolgemodell in immer größeren Versionen auf den Markt. Das Ergebnis der Gigantomanie: „Obwohl in Österreich in anderen Sektoren bereits Einsparungen beim Spritverbrauch erzielt wurden, sind die Schadstoffe im Verkehr zwischen 1990 und 2021 um 56,9 Prozent gestiegen. Zwar zeigte sich 2022 ein Rückgang der Emissionen, dieser ist jedoch hauptsächlich auf die gestiegenen Treibstoffpreise zurückzuführen“, zog Günter Emberger vom Forschungsbereich Spurgebundene Verkehrssysteme am Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität Wien, vor Journalisten Bilanz.

Es geht um das Image

Warum kaufen wir gern große Autos, obwohl wir genau wissen, dass sie dem Klima schaden? „Es geht um das Image. Ein Auto ist der teuerste Konsumgegenstand, den Sie sich zulegen können. Man will sich nach außen präsentieren und ein Signal setzen“, sagt Rüdiger Hossiep, Wirtschaftspsychologe an der Ruhr-Universität Bochum, in einer Sendung des Senders Deutsche Welle. Man wolle gesehen werden, nicht untergehen.

Britische Psycholog:innen gehen noch einen Schritt weiter. Sie sehen ein schnelles, großes, teures Auto als Luxus-Konsumgegenstand, der den Selbstwert hebt. In einer Studie mit dem Titel „Kleine Penisse und schnelle Autos: Beweise für einen psychologischen Zusammenhang“ stellt das Team der Universität London ein gängiges Klischee auf den Prüfstand. Männer kompensieren laut diesem Klischee ein kleines Geschlechtsorgan mit dem Wunsch nach einem dicken Sportwagen.

Großes Auto, kleiner Penis

In einem psychologischen Test unterteilte das Forschungsteam 200 Männer zwischen 18 und 74 Jahren in verschiedene Gruppen und konfrontierte sie mit zufällig angenommenen, unterschiedlichen Zahlen für die durchschnittliche Penislänge. Danach mussten die Testpersonen ihre Produktwünsche bekanntgeben und zugleich große Sportwägen auf einer Skala von eins bis zehn bewerten. Je höher der von den Forschenden angegebene „Normalwert“ für die Penislänge war, desto bessere Ratings bekamen die dicken Autos. Das heißt: Je stärker das Gefühl ist, dass das beste Stück zu klein geraten sei, desto größer wird der Wunsch nach einem tollen Schlitten.

Allerdings sei die Studie noch nicht von externen Fachgutachter:innen geprüft worden, räumen die Experimentalpsycholog:innen ein. „Ob Autos das Gefühl, intelligent oder wohlhabend zu sein, verstärken können, bleibt ebenso wie die Frage, ob diese Verbindung nur in der männlichen Psyche existiert, zu erforschen“, schreibt das Team.

Autodesigns unterliegen Moden, die von Marketingabteilungen erfunden werden. Marketing bedient sich der Psychologie. Autowerbungen stehen daher nicht bloß für das Fahrzeug selbst, sondern auch für ein Gefühl. Etwa sind Pickup-Fahrer:innen Abenteurer:innen, die viel schaffen können. Die Cabrios wiederum gehören den Freiheitsliebenden. Selbst wenn sie nur selten mit offenem Dach fahren, reisen für sie das Surfbrett, die Küste und die unendliche Weite des Lebens im Geist mit.

Position in der Gesellschaft

Doch das nicht alles. „Das Auto hat auch mit der Position zu tun, sei es in der Gesellschaft, oder sei es in der Hierarchie einer Firma“, sagt die Wiener Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer zur WZ. Außerhalb von Unternehmen, die auf umweltfreundliche Produkte setzen oder ein grünes Image pflegen, seien Vorstandsvorsitzende, die einen kleinen Wagen lenken, nach wie vor die Ausnahme. „Freilich beginnen die Dinge, sich zu ändern. Doch auch bei den Jungen hat Mobilität mit Statusbewusstsein zu tun, etwa wenn man sich statt einem Auto ein teures Fahrrad leistet.“

Es bleibt die Tatsache, dass die Kombination von Fahrrad und Öffis die umweltschonendere Variante ist, sich zu bewegen. Warum sehen das nicht alle ein?

Einige gute Argumente haben Besitzer:innen von Großfahrzeugen tatsächlich: Man selbst und die Kinder sind sicherer unterwegs. Es lässt sich mehr laden, was insbesondere am Land, wo das Lastenfahrrad kein Thema ist, geschätzt wird. In einem großen Wagen können außerdem mehr Sicherheitstechnik, mehrere Antriebsformen, Fahrassistenzsysteme und insgesamt mehr Features verbaut werden als früher, als diese Technologien noch nicht erfunden waren. Die Autohersteller argumentieren mit dem Kundenwunsch.

Eine Frage der Sicherheit

Aus Sicht der Verkehrspsychologin hängt nicht nur der männliche, sondern auch der weibliche Kundenwunsch an großen Autos. „Viele Frauen fahren gern SUV, weil er sie und ihre Kinder wie ein Sicherheitspanzer umgibt“, sagt Bettina Schützhofer. Man hat den Überblick, sieht Panorama-artig über andere Verkehrsteilnehmer:innen drüber, kann sich besser orientieren, hat ein Gefühl von größerer Sicherheit und Kontrolle. Zweieinhalb Tonnen bedeuten Macht und Schutz. Wenn ein Golf in einen SUV fährt, der einen halben Meter höher ist, ist das schlecht für den Golf. „Wir leben in unsicheren Zeiten, haben daher ein Bedürfnis nach persönlicher Sicherheit“, fasst Schützhofer die Gemütslage noch ein Stück weiter hin zur weltpolitischen Lage.

All dies und weit mehr verbinden wir also mit einem Autokauf. Doch es gibt unerwünschte Nebenwirkungen. Die Parkplätze sind nämlich nicht mitgewachsen. Und so werden Stellplätze störend eng.

Außerdem gibt es Konsequenzen, die fatal ausgehen können. Kinder, die die Straße überqueren wollen, können über einen hohen Geländewagen nicht drüberblicken. Und bei einem Unfall trifft der Frontspoiler sie meist im Genick oder am Kopf.


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Infos und Quellen

Genese

WZ-Redakteurin Eva Stanzl hält sich für eine Weltmeisterin im Einparken. Dennoch fällt ihr diese Kunst zunehmend schwerer, weil die Parklücken immer kleiner zu werden scheinen. Oder werden die Autos größer? Sie ging der Frage nach.

Gesprächspartner:innen

  • Günter Emberger, Forschungsbereichsleiter Spurgebundene Verkehrssysteme, Institut für Verkehrswissenschaften, Technische Universität Wien.

  • Bettina Schützhofer, Verkehrspsychologin mit Praxis in Wien, Kursleiterin für Nachschulungen, Ausbildnerin und allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Verkehrspsychologie.

Quellen

  • VCÖ: Zunehmend breitere Pkw verursachen vielfache Probleme

  • Studie: Small Penises and Fast Cars: Evidence for a Psychological Link

  • Leadersnet: Das sind die derzeit meistverkauften Autos in Österreich

  • SUV.de: Topliste – Alle SUVs nach Größe sortiert

  • Auto-Zeitung: Power-SUV mit über 1000 PS

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