Material einer Überwachungskamera im Libanon: Menschen beim Lebensmitteleinkauf, ein Mann begutachtet Gemüse – plötzlich explodiert etwas in seiner Hosentasche. Andere Aufnahme: Ein Mann will an der Kasse zahlen – auch hier explodiert plötzlich seine Hosentasche. Tausende Male soll das im Libanon zur selben Zeit passiert sein. Es gibt Berichte zu mehr als 2.800 Verletzten und 8 Toten. Auch der iranische Botschafter im Libanon soll zu den Verletzten zählen. 200 Personen sollen sich in kritischem Zustand befinden.
Libanesischen Quellen zufolge sind israelische Hacker in Beirut in Funkgeräte und Pager eingedrungen, die von Hisbollah-Mitgliedern für die interne verschlüsselte Kommunikation verwendet werden. Anschließend hätten sie die Batterien überhitzt und zur Explosion gebracht.
Ein Hisbollah-Beamter, der anonym bleiben wollte, sagte, die Detonation der Pager sei die „größte Sicherheitsverletzung“, der die schiitische Terrorgruppe in dem fast einjährigen Krieg mit Israel ausgesetzt gewesen sei.
Ein Reuters-Journalist sah Krankenwagen, die inmitten einer weit verbreiteten Panik durch die südlichen Vororte der Hauptstadt Beirut rasten. Anwohner berichteten, dass es auch 30 Minuten nach den ersten Explosionen noch Explosionen gegeben habe.
Der Krieg zwischen Israel und seinen Feinden findet längst nicht nur mittels Raketen und Drohnen statt – auch die Cyberattacken haben massiv zugenommen. Das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu distanziert sich von einem engen Mitarbeiter und langjährigen Sprecher des Ministerpräsidenten, der in den sozialen Medien angedeutet hatte, dass Israel hinter dem offenbar koordinierten Großangriff steckt.
Der Krieg im Netz
„Es ist ein stiller Krieg, der nicht sichtbar ist“, sagte Aviram Atzaba, Leiter der internationalen Zusammenarbeit der israelischen Cyber-Direktion, im Mai. Während Israel seit den Angriffen vom 7. Oktober im Süden Israels gegen die Hamas im Gazastreifen kämpft, sieht es sich auch mit einer erheblichen Zunahme von Cyberangriffen aus dem Iran und seinen Stellvertretern konfrontiert, sagte Atzaba.
„Sie versuchen, alles zu hacken, was sie können“, sagte er gegenüber AFP und verwies auf die Hamas und die Hisbollah-Terrorgruppe im Libanon, fügte aber hinzu, dass es ihnen bisher nicht gelungen sei, einen wirklichen Schaden anzurichten.
Er sagte, dass seit Ausbruch des Krieges rund 800 bedeutende Angriffe vereitelt worden seien. Zu den Zielen gehörten Regierungsorganisationen, das Militär und die zivile Infrastruktur.
Die mysteriösen Explosionen kommen zu einer Zeit, in der sich Israel mehr und mehr auf die Hisbollah zu fokussieren scheint: Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte am Montag erklärt, „militärisches Handeln“ sei „der einzige verbliebene Weg, die Rückkehr der nordisraelischen Gemeinden sicherzustellen“.
Zehntausende Israelis mussten aufgrund des massiven Hisbollah-Bombardements seit dem 7. Oktober evakuiert werden. In Israel machen unterdessen Medienberichte die Runde, dass Netanyahu auf Druck seiner rechten Koalitionspartner erwäge, Verteidigungsminister Gallant durch den bisherigen Oppositionspolitiker Gideon Saar zu ersetzen. Dieser steht für einen schärferen Kurs gegenüber der palästinensischen Hamas, gegen die Israel seit knapp einem Jahr im Gazastreifen Krieg führt. Gallant hatte Netanyahus erklärtes Kriegsziel eines vollständigen Siegs im Gazastreifen als unsinnig abgetan und stattdessen einen konkreteren Plan für eine Nachkriegsordnung gefordert.
Saar hat dagegen in den vergangenen Monaten wiederholt ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Feinde Israels gefordert, einschließlich des Iran.