Startseite Politik Handelskrieg? Welche Zölle Trump verhängt und wie die EU reagiert

Handelskrieg? Welche Zölle Trump verhängt und wie die EU reagiert

von Max

Den „Tag der Befreiung“ nennt ihn Donald Trump seit Wochen, von einem „schwarzen Mittwoch“ sprechen politisch Verantwortliche in Brüssel: Jetzt ist er da, der Tag, an dem der US-Präsident Zölle gegen Handelspartner in aller Welt, auch gegen die EU, verhängen wird.

Gegen welche Waren und in welcher Höhe? Das ist noch immer unklar. Die harten Fakten sind vom Weißen Haus bis zum letzten Moment geheim gehalten worden. Die EU wiederum erklärt, ihre Gegenmaßnahmen für alle Fälle und alle Zölle lägen seit Wochen startklar in der Schublade.

Was sind die ersten Auswirkungen, was die langfristigen Konsequenzen und wie schlimm kann dieser Handelskrieg werden? Der KURIER gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was wird Trump heute Abend verkünden?

Grundsätzlich hat der US-Präsident zweierlei Arten von Zöllen angekündigt: Zum einen will Trump am Mittwochabend Strafzölle auf alle importierte Autos in der Höhe von 25 Prozent des Kaufpreises bekanntgeben, die wahrscheinlich sofort in Kraft treten würden. Zölle gegen importierte Autoteile werden, so deutete es Trump am Montag an, „später“ folgen.

Geparkte Autos in einem britischen Hafen vor der geplanten Ausfuhr in die USA.

Außerdem spricht Trump schon lange von sogenannten reziproken Zöllen – er will also gegen alle Staaten, die Importzölle auf bestimmte US-Produkte erheben, Gegenzölle in gleicher Höhe durchsetzen.

Zum Beispiel schlägt die EU bei importierten US-amerikanischen Autos aktuell zehn Prozent des Kaufpreises als Zoll obendrauf, umgekehrt wurden in den USA bei europäischen Autos bisher nur 2,5 Prozent fällig – durch reziproke Zölle würden jene der USA künftig ebenfalls auf 10 Prozent steigen.

Diese Maßnahme würde auf einen Schlag unzählige Länder treffen, darunter auch enge Verbündete. Ob Trump die reziproken Zölle direkt gegen alle US-Handelspartner auffahren wird oder nicht, blieb bis zuletzt unklar. Auch seine engsten Berater seien noch nicht informiert, berichteten US-Medien am Dienstag.

Welche Auswirkungen hätte das?

Am stärksten würden jene Staaten wirtschaftlich leiden, die besonders viel in die USA exportieren, allen voran die Nachbarstaaten Mexiko und Kanada sowie Japan und Südkorea. Diese vier Nationen sind gleich doppelt betroffen, weil Autos einen großen Teil ihrer Exporte in die USA ausmachen.

Aber auch die US-Wirtschaft selbst dürfte massiv unter den Zöllen leiden, schließlich werden die betroffenen ausländischen Firmen die Preise ihrer Produkte in den USA erhöhen, um die steigenden Kosten durch die Zölle auszugleichen. Für US-Bürger wird das Leben also teurer, der Konsum dürfte sinken. 

Die größte US-Bank Goldman Sachs rechnet dadurch mit einem um 0,8 bis 1,3 Prozentpunkte niedrigeren BIP – also mit einem Verlust von bis zu 350 Milliarden Dollar. Die Deutsche Bank geht von einer um 1,2 Prozent höheren Inflation in den USA noch in diesem Jahr aus.

Was sind die Folgen für Europa – und für Österreich?

Vor allem die Auswirkungen der Auto-Zölle sind laut allen Prognosen schwerwiegend. Die EU-Staaten exportieren Autos und Fahrzeugteile im Umfang von rund 38 Milliarden Euro pro Jahr in die USA. Kommen Trumps Zölle wie angekündigt in der Höhe von 25 Prozent, rechnet man in Brüssel mit einem Einbruch der Verkäufe in die USA um rund 30 Prozent, also mit Einbußen von mehr als 12 Milliarden Euro.

Der Großteil dieser Verluste entfällt auf Deutschland – und damit auch auf die österreichischen Auto-Zulieferer. Laut einer Analyse des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) dürfte Österreichs Wirtschaftsleistung (BIP) damit unmittelbar um 0,09 Prozentpunkte sinken. Den größten Schaden am eigenen BIP müsste innerhalb der EU wohl die Slowakei (0,3 %) ertragen.

Laut wiiw-Ökonom Robert Stehrer fallen die wirtschaftlichen Folgen für die EU „insgesamt nicht verheerend“ aus, aber „das schwache Wirtschaftswachstum wird dadurch weiter gedämpft und die Rezession in Österreich und Deutschland verschärft“.  Für die ohnehin angeschlagene Autobranche seien die Zölle „eine weitere Hiobsbotschaft“.

Wie wird die EU reagieren?

In Brüssel bereitet man sich seit Monaten – übrigens in abhörsicheren Räumen im Gebäude des EU-Rates –  auf Gegenmaßnahmen vor. EU-Spitzenvertreter betonen, dass man „einen kompletten Werkzeugkasten“ für alle Fälle, also für alle möglichen Zölle, die die USA jetzt einheben, fertig in der Schublade habe. 

Die ersten und wahrscheinlich sofort aktivierten Maßnahmen sind die seit langem kolportierten Zölle auf die prestigeträchtigsten Exportgüter der USA: Harley-Davidson-Motorräder, Jeans, oder Bourbon-Whiskey.

Handelskrieg? Welche Zölle Trump verhängt und wie die EU reagiert

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte bereits Gegenmaßnahmen gegen die geplanten US-Zölle an.

Viel schwerwiegender dürften die weiterreichenden Maßnahmen sein, die richten sich nämlich gegen die US-Internet- und Social-Media-Giganten von Google bis Facebook sowie gegen die US-Landwirtschaft.

So könnten auf die digitalen Dienstleistungen Gebühren pro Klick, oder pro Suchanfrage eingehoben werden. Landwirtschaftliche Produkte wie Soja, Mais oder Rindfleisch zählen für den Agrargiganten USA zu den wichtigsten Exportgütern. EU-Zölle  könnten für die USA geschätzte Verluste von mehr als 20 Milliarden Euro bedeuten.

Was kann Europa noch tun?

Die in Brüssel oft als „Panzerfaust“ („Bazooka“) bezeichnete wirtschaftliche Waffe sind die sogenannten Anti-Zwangsmaßnahmen. Wenn man in Brüssel offiziell feststellt, dass die US-Zölle politisch motiviert sind und als politisches Druckmittel eingesetzt werden, kann man zu diesen eigens für eine Trump-Attacke vorbereiteten Maßnahmen greifen.

Die beinhalten etwa das Aussperren amerikanischer Firmen von allen öffentlichen Aufträgen im EU-Raum, eine Blockade von US-Investitionen in Europa, oder das Aberkennen von Patentrechten. Allerdings muss der Einsatz dieser Maßnahmen von den EU-Staaten mehrheitlich abgesegnet werden – und da gehen die Meinungen stark auseinander. Frankreich drängt darauf, andere wie Deutschland oder Österreich warnen.

In der Zwischenzeit hat die EU ihre Kontakte zu anderen Handelspartnern intensiviert. Im Brennpunkt steht das seit Jahrzehnten immer wieder verhandelte Mercosur-Abkommen mit lateinamerikanischen Staaten wie Brasilien, Argentinien und Uruguay

Das soll in den nächsten Monaten zumindest in Teilen in Kraft treten, auch wenn Staaten wie Österreich weiter skeptisch sind. Dazu kommen geplante Handelsabkommen mit Indonesien oder Indien. Die Beziehungen zu China dagegen bleiben schwierig, auch weil die USA den asiatischen Riesen als Hauptfeind betrachten.

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