Helmut Newton war einer der wichtigsten Fotografen seiner Zeit, dabei hat ihm sein Vater schon früh etwas anderes prophezeit: „Mein Junge, du wirst in der Gosse enden“. Für den am 31. Oktober 1904 in Berlin als Helmut Neustädter zur Welt gekommen Fotografen, sollte es aber anders kommen.
Im Alter von zwölf Jahren bekommt er seine erste Kamera, fliegt von der Schule, geht als Jugendlicher in die Lehre bei der später von den Nazis ermordeten Fotografin Else Ernestine Neuländer-Simon, die unter dem Namen Yva gefragte Fotografin ist. 1938 muss das Atelier schließen, Newton verlässt Berlin am 5. Dezember desselben Jahres in Richtung Asien. Im Gepäck: zwei Kameras.
In Singapur findet der junge Fotograf einen Job als Bildreporter bei der „Singapore Straits Times“. Allerdings setzt ihn der Chefredakteur nach zwei Woche wieder vor die Tür – wegen angeblicher Unfähigkeit. Newton zieht weiter nach Australien, dient dort fünf Jahre als einfacher Soldat und Lastwagenfahrer bei der Armee. Nach seiner Entlassung eröffnet er ein kleines Fotostudio in Melbourne und nimmt die australische Staatsbürgerschaft an.
In diesem Studio lernt Newton die als June Brunell agierende Schauspielerin June Browne kennen. Sie steht für ihn Modell, die beiden heiraten 1948. Unter dem Pseudonym Alice Springs wird sie später selbst als Fotografin arbeiten. Vor allem aber bleibt June Newton das gemeinsame Leben lang eine kritische und inspirierende Begleiterin der fotografischen Entwicklung Helmut Newtons, wird wichtige Arbeiten und Ausstellungen als Gestalterin und Kuratorin entscheidend beeinflussen.
Paris
Der vielleicht entscheidende Schritt erfolgt 1961, die Newtons ziehen nach Paris. Newton hat nun einen festen Vertrag mit der französischen „Vogue“, für die er 25 Jahre lang die wichtigsten Modeaufnahmen machen wird. In diesen Jahrzehnten entwickelt der Fotograf seine spezielle Ästhetik zu unverkennbarer Originalität. Die Arbeiten bewegen sich in einer Welt von Geldadel und Jetset zwischen Glamour und Schmuck.
Nachdem seine Karriere in den 1960er-Jahren Fahrt aufgenommen hatte, kehrte er regelmäßig in seine Heimatstadt Berlin zurück und realisierte wichtige Fotoserien für diverse Zeitungen und Magazine.
1979 beauftragte ihn die neu gegründete deutsche „Vogue“, auf den Spuren seiner Jugend zu wandeln und besonders den Aspekt der Mode einzufangen. Das daraus entstandene Portfolio Berlin, Berlin! lieferte auch den Titel einer aktuellen Ausstellung in Berlin, die das 20-jährige Bestehen der Helmut Newton Stiftung feiert.
Berlin
Zu der noch bis 16. Februar 2025 in Berlin zu sehenden Ausstellung ist im Taschen Verlag das Buch „Berlin, Berlin“ erschienen. Dieses zeigt Newtons ikonische Berlin-Fotografien ebenso wie viele unbekannte Aufnahmen aus den 1930er- bis 2000er-Jahren: Nachtschwärmer in den angesagten Clubs und Restaurants der Stadt, Aktaufnahmen in den Alt-Berliner Pensionen seiner Jugend sowie die Berliner Filmszene mit Hanna Schygulla und Wim Wenders an der Berliner Mauer, John Malkovich und David Bowie.
Berlin has always been eine schwule Stadt.
Zu sehen sind darin auch die Mode- und Aktfotografien, die Newton schnell die Gegnerschaft vieler feministischer Gruppierungen einbrachte. US-Autorin Susan Sonntag (1933-2004) warf Newton in einer Fernsehdiskussion „ungeheuerliche Fantasien“ vor. Alice Schwarzer verurteilte die Fotos einmal als „sexistisch, rassistisch und faschistisch“.
Newton selbst sagt in seinem ersten Bildband „White Women“ (1976): „Ich fotografiere gern Frauen, denen man ansieht, dass sie etwas vom Leben wissen.“
BUCH: „Helmut Newton. Berlin, Berlin.“ Hardcover, 21 x 27.5 cm, 1.64 kg, 244 Seiten. Taschen Verlag.
AUSSTELLUNG: Mit der Gruppenausstellung „Berlin, Berlin“ feiert die Helmut Newton Stiftung ihr 20-jähriges Jubiläum. Noch bis 16. Februar 2025.