Zusammenfassung
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- Christian Schmidt wirft Russland indirekt vor, Unruhe in Bosnien-Herzegowina zu stiften, und hinterfragt Dodiks Moskau-Reise.
- Milorad Dodik verfolgt einen separatistischen Kurs in der Republika Srpska, was zu rechtlichen und politischen Spannungen führt.
- Bosnien-Herzegowina bleibt trotz EU-Kandidatenstatus und internationaler Reformbemühungen ein instabiler Staat mit erhöhten Spannungen.
Der Hohe Repräsentant für Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt, wirft Russland indirekt vor, in der krisengeschüttelten Balkanregion Unruhe stiften zu wollen. Es stelle sich die Frage, wer ein Interesse an einer Eskalation haben könnte, sagte der deutsche Diplomat angesichts jüngster Spannungen zum Nachrichtenmagazin „profil“ (Online). Da gewinne es an Bedeutung, dass der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, vorhaben soll, am Mittwoch nach Moskau zu fliegen.
Er befürchte aktuell keine Gewalteskalation durch die von Dodik forcierten Abspaltungstendenzen der serbischen Entität (Republika Srpska), jedoch eine „rechtliche Eskalation“, so Schmidt. „Wir sind in einer richtigen Staatskrise. Milorad Dodik will eine komplett neue Verfassung der Republika Srpska. Das ist eine von langer Hand geplante Vorbereitung einer Unabhängigkeit und möglicherweise auch anderer Szenarien, die in der Region existieren.“
Er glaube, dass viele Menschen in der Republika Srpska Dodik nicht unbedingt unterstützen, erklärte Schmidt in der Onlineausgabe des „profil“. Über Beschäftigungsverhältnisse im aufgeblähten öffentlichen Dienst bestehe aber eine gewisse Abhängigkeit.
Dodik wurde Ende Februar vom gesamtstaatlichen Bundesgericht wegen Missachtung von Beschlüssen des Hohen Repräsentanten in erster Instanz – und daher bisher nicht rechtskräftig – zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Ämterverbot verurteilt. Das Urteil löste Wellen der Empörung in der kleineren bosnischen Entität, aber auch bei den traditionellen Bündnispartnern Dodiks aus.
Die bosnische Staatsanwaltschaft ordnete am Mittwoch an, dass Dodik von der Polizei vorgeführt werden müsse. Die Ankläger wollen ihn Medien zufolge wegen „Angriffs auf die Verfassungsordnung“ einvernehmen. Dies dürfte die ohnehin angespannte Lage in Bosnien-Herzegowina weiter verschärfen.
Der Chef der in der Republika Srpska regierenden Partei SNSD verfolgt seit Jahren einen separatistischen, serbisch-nationalistischen Kurs. So verabschiedete das Parlament der Republika Srpska ein Gesetz, das gesamtstaatlichen Justizorganen die Tätigkeit im serbischen Landesteil untersagt. Dodik hatte die umstrittenen Gesetze durch seine Unterschrift am 5. März bestätigt. Sie waren bereits gültig. Das Verfassungsgericht Bosnien-Herzegowinas setzte sie allerdings als verfassungswidrig wieder außer Kraft.
Das Parlament der Republika Srpska wollte am Mittwoch über die Schaffung eines eigenen, regionalen Gerichtes und einer eigenen regionalen Staatsanwaltschaft abstimmen.
Will Dodik Moskau-Reise zur Flucht nutzen?
Zu Gerüchten, dass Dodik seine kolportierte Moskau-Reise zur Flucht nützen könnte, meinte Schmidt im „Online-profil“: „Interessante Frage. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass es da einen EU-Mitgliedsstaat gibt, der offensichtlich auch schon an Begleitschutz gedacht hat.“ Der Hohe Repräsentant spielte damit auf ungarische Spezialeinheiten an, die kürzlich in der Republika Srpska waren.
Ungarns Premier Viktor Orbán ist Unterstützer Dodiks, beiden wird ein gutes Verhältnis zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt. „Ob Herr Dodik plant, irgendwohin zu gehen, weiß ich nicht. Ich würde sagen: Ich wünsche ihm eine gute Reise“, erklärte Schmidt weiter. „Keiner hat ein Interesse, dass die Sache eskaliert. Es soll keine Sieger und Besiegten geben.“
Bosnien-Herzegowina wurde 1995 nach dem dreijährigen Bosnien-Krieg mit mehr als 100.000 Toten gemäß dem Dayton-Friedensabkommen in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina aufgeteilt. Die beiden halbautonomen Landesteile sind durch eine schwache Zentralregierung miteinander verbunden.
Einflussreicher Hoher Repräsentant
Festgeschrieben ist im Dayton-Abkommen auch das einflussreiche Amt eines Hohen Repräsentanten der UNO als Wächter über den Friedensvertrag wacht. Der Hohe Repräsentant darf unter anderem Gesetze erlassen. Sein Mandat verleiht ihm der sogenannte Friedensimplementierungsrat (Peace Implementation Council/PIC). Schmidt übt dieses Amt seit dem 1. August 2021 aus. Zuvor hatten es auch zwei österreichische Diplomaten das Amt innegehabt: Wolfgang Petritsch (1999 bis 2002) und Valentin Inzko (2009 bis 2021).
Ein gut funktionierender Staat wurde Bosnien-Herzegowina trotz wiederholter Reformbemühungen der internationalen Staatengemeinschaft bisher nicht. Seit Dezember 2022 hat das Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Das trug jedoch auch nicht zu seiner Funktionsfähigkeit bei. Hemmend sind nicht nur die Erinnerungen an schwere Kriegsverbrechen, sondern auch die Rivalitäten unter den führenden Politikern der drei Volksgruppen. Wegen der erhöhten Spannungen wurde die EU-Friedensmission in Bosnien kurzfristig aufgestockt. Der Mission EUFOR ALTHEA gehören auch rund 700 Bundesheersoldaten aus Österreich an.