Startseite Kultur „Im Taxi habe ich bitterlich geweint“

„Im Taxi habe ich bitterlich geweint“

von Max

Lieblingsort Bühne

Nervös, sagt er, wird er davor sicher sein: „Achteinhalb Stunden Tiefschlaf werde ich wohl nicht bekommen. Ich bin vor Auftritten immer ein wenig nervös, erst recht bei so einem. Aber wenn dann die ersten fünf Takte gespielt sind, liebe ich es. Die Bühne ist mein Lieblingsort, da gehöre ich hin.“

Josh bereitet sich aber auch schon auf die Tage danach vor. Mit dem Song „Ich gehör repariert“ hat der 38-Jährige öffentlich gemacht, dass er nach seinem Durchbruch mit dem Superhit „Cordula Grün“ an einer Überlastungsdepression erkrankt war. Durch eine Therapie geht es ihm jetzt besser. Aber die Tage nach einem großen Ereignis sind immer kritisch.

„So ein Konzert ist eine extreme Endorphinausschüttung, und kurz danach liegst du alleine im Bett. Bei diesem von Groß auf Klein kann ich leicht in ein tiefes Loch fallen – noch dazu, wo ich danach für den Rest des Jahres keine Auftritte mehr habe. Aber ich habe schon so viel mit meiner Therapeutin gearbeitet, dass ich mich darauf einstelle, dass da zwei Wochen kommen, wo ich mir vielleicht denke, was habe ich für eine Aufgabe im Leben – und was mache ich jetzt?“

Abfangen will Josh das mit Bewegung. Er plant, nach der Show irgendwo aufs Land zu fahren, um dort als Biker oder Wanderer unterwegs zu sein – alles, nur nicht daheim auf die Decke starren. Und er plant, nicht zu viel Alkohol zu trinken, was auch hilft.

Viele Stellschrauben

Mit seiner Therapeutin, sagt er, habe er schon viele Stellschrauben gefunden, an denen er drehen kann, damit die Tiefs „aushaltbar“ werden. Er warnt aber davor, dass solche Maßnahmen bei schweren Depressionen nicht genug sind, rät jedem, dem es ähnlich geht, sich Hilfe zu holen.

Bei ihm war es ein langer Prozess, den Mut dazu aufzubringen. Seine Depressionen wurden zwar auch dadurch befeuert, dass „Cordula Grün“ den ehemaligen Klassik- und Jazz-Studenten anfangs ins Schlagereck rückte: „So etwas tut natürlich ein bisschen weh, weil man das Gefühl hat, als Musiker nicht gesehen zu werden. Aber es begann lange davor. Seit ich denken kann, hatte ich Ängste – vor allem finanzieller Natur. Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich schon als Kleinkind Angst hatte, wenn wir am Karlsplatz vorbeigekommen sind und die Obdachlosen gesehen haben. Ich war fix davon überzeugt, dass auch ich dort lande. “

Der Erfolg und das Leben in der Öffentlichkeit, sagt er, seien dann Brandbeschleuniger dieser Ängste gewesen. „Kurz nach ,Cordula Grün‘ wollten die Leute, dass ich mit einer grünen Puppe im roten Anzug in einer Großraumdisco in Mallorca auftrete, und haben viel Geld dafür geboten. Ich habe das abgelehnt, weil ich den Fokus auf meine anderen Songs lenken und nicht die Video-Idee für den Hit breittreten wollte. Aber das war schon verlockend, zumal ich damals notorisch pleite war, weil es lange dauert, bis das Geld reinkommt. Mein Konto war um 2.000 Euro im Minus, aber da dachte ich noch, wenn sich das ändert, sind die Ängste weg. Dann war ich mit 40.000 im Plus – und hatte immer noch dieselbe Angst.“

Furchtbare Zeit

Josh gibt zu, dass es ihm schwerfiel, sich therapeutische Hilfe zu holen. „Ich dachte, ich kann und darf doch nicht so unglücklich sein, wenn ich zum ersten Mal in meinem Leben die Karriere habe, die ich mir immer gewünscht habe. Aber das war trotzdem eine furchtbare Zeit. Ich habe drei Amadeus-Awards an einem Abend gewonnen, war dann auf der Aftershowparty, wo mich alle feiern wollten. Aber ich habe mir nur schnell ein Taxi gerufen, bin mit den Schachteln mit den Awards und noch einer Platinplatte, die ich dort bekommen habe, in dem Taxi gesessen und habe bitterlich geweint. Da wusste ich, ich muss mir Hilfe holen.“

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