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In Österreich ist nichts geheim

von Max

Er sei „vom Staatsschützer zum Gefährder“ geworden, habe nicht nur die Sicherheit staatlicher Institutionen und früherer Kollegen gefährdet, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung untergraben, sagt die Staatsanwaltschaft Wien über Egisto Ott.

„Er war und ist Staatsschützer“, sagt Verteidiger Joseph Phillip Bischof über Egisto Ott. Und, zugegeben: „Ein ziemlicher Quälgeist. Man könnte sagen, er hat ein verdichtetes Rechtsbewusstsein.“

Und Ott selbst? Der meinte trocken: „In Österreich ist nichts geheim.“ Gab sich selbst dafür umso geheimnisvoller – ganz in Schwarz gekleidet und mit grimmiger Miene saß der ehemals hochrangige Beamte des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) am Freitag im Straflandesgericht Wien auf der Anklagebank. Ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er mit dem Handy Fotos von Journalisten schoss und mit Nachdruck ersucht wurde, das zu unterlassen. Schließlich heißt es ja, er würde mit dem russischen Geheimdienst zusammenarbeiten.

Zu viel der Ehre? Das wird sich in einem späteren Prozess zeigen. Am Freitag ging es vorerst nur um Nebenstränge des Spionage-Krimis um Ott und Ex-Wirecard-Chef Jan Marsalek, in dem noch ermittelt wird.

Gar nicht so geheim?

Ott wird vorgeworfen, vertrauliche Informationen an den früheren FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein weitergegeben zu haben, der diese im U-Ausschuss zur BVT-Affäre 2018 politisch und medial verwertet hat. 

Laut Staatsanwaltschaft mit dem Ziel, das BVT „in Misskredit zu bringen“ und die als rechtswidrig erkannte Hausdurchsuchung, die vom damaligen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl befeuert worden sein soll, zu rechtfertigen. Ott sei getrieben von einem „Hass auf die BVT-Führung“, die ihn erst suspendiert und dann in die Polizeischule „abgeschoben“ habe.

Die Verteidigungslinie von Ott und Jenewein lautet, dass die Informationen ja gar nicht so geheim und heikel gewesen seien. Einige davon seien im Internet zu finden, zu anderen habe Jenewein ohnehin über den U-Ausschuss und den Kontrollausschuss im Parlament Zugang gehabt.

Jenewein erklärte sinngemäß, er habe manche Dinge „aus Bequemlichkeit“ bei Ott erfragt, dieser sei ja „immer gut informiert“ gewesen. Fotos zweier BVT-Beamter mit einem Kollegen aus Südkorea in Lederhosen, die Ott ihm ungefragt geschickt hat und die ebenfalls Gegenstand eines Strafantrags sind, fielen in die Kategorie „Gossip“.

Ott erklärte später, er habe Jenewein auf „Steuergeldverschwendung“ aufmerksam machen wollen. Überhaupt sei es ihm darum gegangen (Stichwort „verdichtetes Rechtsbewusstsein“), „einem Politiker, dem ich vertraue, von Missständen zu berichten“. Seinen Vorgesetzten hätte er nicht vertraut. Die hätten „in tausend Jahren nichts abgestellt“.

Erstaunliche Einblicke gab der suspendierte BVT-Beamte über seine Informationsbeschaffung. In verschiedenen Lokalen in Wien würden sich BVT-Beamte „illuminiert“ austauschen, und seine Leute, so Ott, hätten zu späterer Stunde „die Ohrwaschl aufgesperrt“.

„Eine Zumutung!“

Ott und Jenewein erklärten sich nun schon zum zweiten Mal vor Gericht. Der Prozess war eigentlich im November gestartet. Die Staatsanwaltschaft brachte dann weitere Strafanträge und eine Anklage ein. Deshalb sitzen nun auch eine Ex-Mitarbeiterin aus dem Kabinett Kickls und ein Bekannter Otts aus Deutschland auf der Anklagebank. Und der Prozess wird auch nicht mehr von einem Einzelrichter, sondern vor einem Schöffensenat verhandelt. 

Für Otts Verteidiger Bischof ist das eine „rechtsstaatliche Zumutung“, ebenso die lange Verfahrensdauer: „Wenn ich als Rechtsanwalt sieben bis acht Jahre lang herumscheiß’, bin ich zu Recht weg vom Fenster.“ Sein Antrag auf Verfahrensteilung wurde abgelehnt. Also weiter im Text.

Der Ex-Kabinettsmitarbeiterin wird Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil sie Jenewein, der damals FPÖ-Fraktionsführer war, mit Dokumenten versorgt haben soll. Das offenbar zu dem Zweck, dass diese – anders als jene, die im U-Ausschuss abrufbar waren – keine Parteikennzeichnung trugen. Die Kennzeichnung gibt es, damit sie nicht so leicht an Journalisten weitergegeben werden können. Dass das der Hintergrund war, wollte die Drittangeklagte, die nur eine „Hilfskraft“ und keine Amtsträgerin gewesen sein will, nicht bestätigen.

Und der Deutsche? Der wirkte nicht minder geheimnisvoll. Viele Jahre hat er als Informant für das BVT gearbeitet und ist jetzt im Sicherheitsgewerbe tätig. „Ich habe gewisse Fähigkeiten“, erklärte er. Ihm wird vorgeworfen, Ott per Chat gefragt zu haben, ob er einen Ex-Polizisten kenne, der in Bezug auf einen seiner Auftraggeber eine potenzielle „Bedrohung“ dargestellt habe. „Ohne Hintergedanke, dass da ein Amtsmissbrauch sein sollte“, wie er betonte.

Die Verhandlung wird am Montag mit drei Zeugenbefragungen fortgesetzt. Geladen ist etwa der ehemalige BVT-Chef Peter Gridling. Mit einem Urteil ist da noch nicht zu rechnen.

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