In Sturms Innenverteidigung hat sich Emanuel Aiwu schnell ein Stammleiberl erkämpft. Samstag erlebt er sein erstes Grazer Derby. Mit abseits.at sprach er davor über seine Rolle bei den Schwarzweißen und über die drei großen Ms, die ihm viel bedeuten: Mode, Musik und seine Mutter.
Fußball-Graz fiebert seit Tagen dem ersten Stadtderby auf Bundesliga-Ebene seit 2007 entgegen. Am Samstag kreuzen Sturm und der GAK die Klingen, das Liebenauer Stadion ist seit Wochen restlos ausverkauft. 2022 und 2023 gab es ein Aufeinandertreffen im Cup, beide Male setzte sich Sturm knapp durch, ein Meisterschaftsderby ist aber noch um eine Nummer heißer, das merkt man dieser Tage in Büros, am Stammtisch und in der Freundesrunde.
Bei beiden Teams wird es am Samstag einige Derby-Debütanten geben. Einer von ihnen ist Emanuel Aiwu, Innenverteidiger des schwarzweißen Doublesiegers, seit diesem Sommer in Graz. Zum Interview-Termin mit abseits.at kommt der gebürtige Innsbrucker modisch abgestimmt wie man ihn kennt. „Das hab ich von meinem Vater. Ich hab Fotos von früher von ihm gesehen wo er Kleidung trägt, die sich andere nicht getraut haben anzuziehen. Ich hab das, glaub ich, von ihm ganz gut übernommen„, sagt Sturms Nummer 47. In Graz hat er sich bestens eingelebt, haben ihn Staff und Mitspieler doch „sehr schnell herzlich aufgenommen und es mir einfach gemacht, mich rasch zurecht zu finden.“ Seinen Spielstil würde er als „sehr physisch“ beschreiben. „Ich gehe direkt in die Zweikämpfe, scheue mich als Innenverteidiger auch nicht davor, klare Kommandos zu geben und eine sehr kommunikative Rolle einzunehmen.“
In Englands Championship hat er bei Birmingham City dieses Hart-am-Mann-Stehen noch weiter gefestigt. Sein Stammleiberl hat er sich schnell erkämpft und seitdem die Defensiv-Säulen Jon Goren Stankovic und Gregory Wüthrich verletzt ausfallen, ist seine Rolle eine noch entscheidendere geworden. Trotzdem: Aiwu gibt es auch in offensiv. So scheut er sich nicht, bei Standards mit nach vorne zu gehen. Bei der, schon jetzt legendären, 5:0-Gala gegen Red Bull vor zwei Wochen trat der Sohn eines Nigerianers und einer Österreicherin auch erstmals in dieser Saison als Torschütze in Erscheinung, als er per Kopf zum Endstand traf. „So ein Spiel erlebst du nicht alle Tage. Und dass ich auch noch selbst getroffen hab, hat den Tag zu einem ganz besonderen werden lassen„, erinnert sich Aiwu und lächelt. Generell ist der ein sehr positiver Typ, das strahlt er aus.
Dazu trägt auch seine Kraftquelle bei: Die Musik. Emanuel Aiwu hat die Agenden als Kabinen-DJ übernommen, der auch in der Kraftkammer „auflegt“. Für einen Neuen bei Sturm eine ziemliche Auszeichnung. Was dröhnt da aus den Boxen? „Alles quer durch. Hip Hop, Rap, ein paar Afrobeats.“ Meek Mill ist fester Bestandteil von Aiwus persönlicher Playlist. Nur vor den Spielen ist ein anderer Musik-Experte für die feinen Klänge verantwortlich: „An Matchtagen ist der Gazi (Jusuf Gazibegovic, Anm.) der Chef„.
Etwas nachdenklicher wird Aiwu bei der Frage nach einer anderen Energiequelle: Seine Mutter Heidi. „Mama hatte es nicht leicht, früher. Sie hat meinen kleinen Bruder Elias und mich als Alleinerzieherin aufgezogen. Sie hat uns Respekt und weitere wichtige Dinge gelehrt und steht bis heute bei allem was wir machen felsenfest hinter uns. Ich verdanke ihr so viel, sie ist mein Vorbild.“
Gerade in Aiwus Auslandszeiten, etwa bei Cremonese in Italien, war die Unterstützung seiner Mutter wichtig für ihn. „Fremdes Land, fremde Sprache, dann spielst du auch nicht so oft wie du es dir vorstellst. Das kann schon auf einen einwirken. Aber ich denke, ich bin in diesen schwierigen Karrierejahren, in sehr jungem Alter, gewachsen. Hürden von damals haben mich stärker werden lassen und zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.“ Auch hier gibt es wieder die Parallele zu Aiwus Mutter. Sie lehrte ihn den Satz „Misserfolg ist ein notwendiger Umweg zum Erfolg.“
Ein Misserfolg soll das kommende Stadtduell bei Gott nicht werden. Derby-Debütant Aiwu weiß, dass er es mit einem unangenehmen Gegner zu tun bekommt. Dass Sturm Erster und der GAK Letzter ist, steht am Papier, hat aber für die Spieler an sich wenig zu bedeuten. „Wir bereiten uns, wie auf jeden anderen Gegner, bestens und akribisch vor. Aber sicher, diesmal ist es schon etwas anderes. Du spürst die Bedeutung des Spiels im ganzen Verein. Jeder von uns ist geladen. Wir wollen diese Partie gewinnen. Und vor allem: Wir wissen, was den Fans ein Sieg gegen den GAK bedeutet. Mehr Motivation kann es nicht geben.“
Philipp Braunegger für abseits.at