Verbraucher werden im kommenden Jahr voraussichtlich mehr Geld für Kaffee bezahlen müssen. „Die Kaffeepreise werden steigen“, sagte Agrarmarkt-Experte Carlos Mera von der Rabobank in London. Bei Kaffee der unteren Preisklasse in Großpackungen sei in Deutschland mit einem Anstieg von mindestens 30 Prozent zu rechnen. Weniger stark betroffen seien kleinere Packungen, starke Marken und Kapseln.
Aber auch in Österreich müssen Konsumenten mit höheren Preisen rechnen, wie Johann Brunner, Geschäftsführer des Österreichischen Kaffee- und Teeverbandes, mitteilte. Die Marktentwicklung sei zuletzt schärfer geworden, merkte Brunner an.
Der an der Rohstoffbörse ICE in New York gehandelte Preis für Arabica-Bohnen stieg in dieser Woche auf mehr als 320 US-Cent (3 Euro) für ein US-Pfund (454 Gramm). Dies sei der höchste Preis seit 1977, sagte Mera, ohne Berücksichtigung der Inflation. Allein heuer sind die Rohkaffeepreise um rund 70 Prozent gestiegen. Die Folgen werden sich für Endverbraucher erst in sechs bis neun Monaten auswirken, so Mera.
Der Börsenpreis bildet eine Grundlage für den weltweiten Kaffeepreis. Nur ein Teil der weltweiten Bestände wird direkt an der Rohstoffbörse gehandelt. Die meisten sogenannten Terminkontrakte werden nicht tatsächlich geliefert. Für Hersteller und Weiterverarbeiter sind sie oft eine Absicherung von Preisen und Liefermengen.
Billigere Bohnen oder höherer Preis
Wetterbedingt ging die Ernte zurück, merkte Brunner an. Hinzu kam die Lieferkettenproblematik sowie höhere Energiepreise – und eine höhere Nachfrage in Asien, ergänzte er. „Ich fürchte, es wird nicht allen Anbietern gelingen, den höheren Preis auszugleichen“, sagte Brunner. Eine Möglichkeit sei, die Mischung zu ändern und auf günstigere Bohnen zu setzen, um dem Preisdruck zu entkommen.
Der Marktführer Tchibo hält weitere Preiserhöhungen in Deutschland für unumgänglich. „Wir als Kaffeeröster werden handeln müssen. Wann und wie kann man jetzt noch nicht genau sagen. Die Preisdramatik, die wir sehen, geht nicht so schnell weg“, sagte ein Sprecher. Die Kaffeelager seien weltweit leer. Es gebe daher kein Puffer, um das auszugleichen. Tchibo hatte erst im April angekündigt, die Preise wegen steigender Kosten zu erhöhen.
Schwache Ernte in Brasilien
Hauptgrund für den Preisanstieg ist die Situation im wichtigsten Erzeugerland Brasilien. „Wegen großer Trockenheit in diesem Jahr sind die Produktionserwartungen für Arabica-Kaffee rückläufig. Die Bäume tragen in erster Linie Blätter und keine Kirschen“, sagte Experte Mera. Die Ernte werde voraussichtlich noch schlechter ausfallen als die letzte, die ebenfalls enttäuschend verlaufen sei.
Neben der steigenden Nachfrage und den längeren Transportzeiten rund um das Rote Meer spielen auch die Unruhe um das inzwischen verschobene EU-Waldschutzgesetz sowie mögliche Zölle in den USA laut Mera eine Rolle. Er erwartet, dass sich die Lage an der Börse Anfang 2025 wieder etwas entspannt.
Menschen in Deutschland trinken im Schnitt 164 Liter pro Kopf
Deutsche Kaffeetrinker mussten zuletzt bereits tiefer in die Tasche greifen. Die Preise für Pads und Kapseln stiegen zwischen 2020 und 2023 um 25 Prozent, Bohnenkaffee war gut 20 Prozent teurer. Wie viele Branchen haben auch die Kaffeeerzeuger mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Laut einer 2022 veröffentlichten Studie von Schweizer Wissenschaftern könnten die Anbauflächen, die am besten für Arabica-Kaffee geeignet sind, bis 2050 etwa um die Hälfte zurückgehen.
Auf die beiden Sorten Arabica und Robusta entfällt nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes fast 99 Prozent der weltweiten Produktion. Arabica ist dabei am weitesten verbreitet. 60 Prozent des Kaffees, der nach Deutschland importiert und dort konsumiert wird, stammt aus Brasilien und Vietnam. In Deutschland werden jedes Jahr pro Kopf durchschnittlich 164 Liter Kaffee getrunken.