Österreich stand nach der Affäre und mehreren Leaks rund um das heimische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung BVT (heute DNS) 2018 international alles andere als gut da. Die vom damaligen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl angeleitete Razzia, bei der Daten von Rechtsextremisten beschlagnahmt wurden, die Hausdurchsuchungen, innenpolitische Streitereien und Vorwürfe hatten zu einem massiven Vertrauensverlust im Ausland geführt.
Vorwürfe und Vertrauensverlust
Der Berner Club, ein informeller Zusammenschluss von primär europäischen Nachrichtendiensten, bei dem auch Österreich Mitglied ist, hatte eine geheime Untersuchung gegen das BVT eingeleitet. Geheimdienste gaben damals keine sensiblen Informationen mehr an Wien weiter, der US-Geheimdienst CIA soll damals schon Indizien dafür gehabt haben, dass BVT-Mann Egisto Ott geheime Unterlagen an Russland weitergegeben haben soll. Der Verdächtige saß kurzfristig in Untersuchungshaft. Kickl bestreitet den Vorwurf, sensible Daten an Moskau geliefert zu haben.
Das BVT musste sich damals wegen der Sicherheitsbedenken zeitweise präventiv aus dem Klub zurückziehen und darf seitdem nur mehr reduziert teilnehmen.
In den letzten Jahren habe sich der Ruf des Geheimdienstes wieder erholt, heißt es vom Forschungszentrum Austrian Center for Intelligence, Propaganda and Security Studies, kurz ACIPSS, in Graz.
Paul Schliefsteiner, Direktor des ACIPPS, hält es daher „für bemerkenswert, dass sich Vertreter der deutschen Politik und des dortigen Kontrollgremiums zu Wort melden.“ Ein Ende der Kooperation „wäre natürlich eine Schwächung der österreichischen Dienste.“
Vor allem im Austausch zur Terrorismusabwehr gebe es eine enge Zusammenarbeit: „Das ist internationale Gepflogenheit. Da geht es nicht nur um den Schutz von Menschenleben. Jeder Anschlag einer dschihadistischen Organisation in Europa ist Wasser auf den Mühlen dieser Verbindungen und hilft deren Propaganda.“ Ein Beispiel dafür war die Anschlagswarnung aus dem Ausland vor dem Wiener Taylor-Swift-Konzert.
Gemeinsamer Kampf gegen Terrorismus
Schon aus diesem Grund sei anzunehmen, dass ein Kontakt weiterläuft – eine Einstellung des Austauschs gehe auch zulasten der deutschen Sicherheit. „Die dschihadistische Szene, die vor allem über den Westbalkan nach Österreich und weiter nach Deutschland und Resteuropa vernetzt ist und Einfluss hat, ist ein gemeinsames Beobachtungsobjekt des österreichischen und deutschen Geheimdienstes.“ Der deutsche Sprachraum bilde so etwas wie einen gemeinsamen „kriminalgeografischen Raum“ für dieses Milieu. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Deutschland diese Verbindung vollständig kappt. Zudem wäre – bei allen nachvollziehbaren Vorbehalten aufgrund der dokumentierten Nähe der FPÖ zu Russland – das Ergebnis einer demokratischen Wahl als Argument dafür wohl schwer zu vermitteln“, so Schliefsteiner. Zumindest bevor eine mögliche FPÖ-Regierung „nicht Schritte gesetzt hat, die in eine das Vertrauen unterminierende Richtung weisen.“
Keine Infos zu Russland für Österreich?
Was aber nicht unüblich ist: die Vorenthaltung bestimmter Informationen gegenüber ausgewählten Ländern. Jeder Staat behält sich das Recht vor, zu bestimmen, was mit Informationen geschehen darf, die er an andere Staaten weitergibt. So kommt es etwa unter NATO-Ländern vor, dass Dokumente zur Weitergabe an alle Mitgliedern außer die Türkei vorgesehen sind. Dies sei etwa dann der Fall, wenn die Türkei in Bezug auf die entsprechenden Themen als „zu unsicher“ erscheint, so Schliefsteiner.
Österreichische Geheimdienste könnten unter einer FPÖ-Regierungsbeteiligung aus denselben Gründen etwa von Informationen zu Russland oder der Ukraine ausgenommen werden.