Als im Herbst, kurz nach der Wahl, FPÖ-Chef Herbert Kickl ein Team für Sondierungs- und Koalitionsgespräche zusammenstellte, mochte das auf manchem noch wie eine unnötige Fleißaufgabe wirken. Standen doch damals die Zeichen auf ein Dreierbündnis aus ÖVP, SPÖ und Neos – unter der Führung eines Kanzlers Karl Nehammer, der sich dezidiert gegen eine Koalition mit der Kickl-FPÖ ausgesprochen hatte.
Jetzt, drei Monate später, sind nach dem Scheitern der türkis-rot-pinken Verhandlungen die Karten neu gemischt. Kickl hat den Auftrag zur Regierungsbildung, womit nun doch sein Verhandlerteam zum Einsatz kommt.
Es besteht aus einem engen Kreis aus Vertrauten, die zum Teil schon bei den Regierungsverhandlungen 2017 dabei waren. Viele davon wurden in der FPÖ Niederösterreich geprägt. Das sind die wichtigsten Namen. Sie gelten auch als heiße Kandidaten für FPÖ-Ministerposten.
Susanne Fürst – Außenpolitische Sprecherin und Juristin
Die politische Karriere der Juristin aus Oberösterreich beginnt 2016 – mit einem Mandat im ORF-Publikumsrat. 2017 zieht sie für die Blauen dann bereits in den Nationalrat ein, wo sie als außenpolitische Sprecherin der FPÖ agiert.
In den vergangenen Jahren wird die 55-Jährige immer wieder als Personalreserve für wichtige Posten genannt. Sei es als mögliche blaue Präsidentschaftskandidatin 2022, sei es als blaue Ministerin. In einem wohl nicht allzu ernst gemeinten Vorstoß wird sie von den Freiheitlichen nach deren Sieg bei der EU-Wahl im Juni als Kandidatin für den noch zu schaffenden Postens eines „Remigrationskommissars“ genannt.
Das passt zum betont scharfen Auftreten von Fürst in Migrationsfragen. So hat sie die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge ohne Limit einst als Fehler bezeichnet.
Christian Hafenecker – Generalsekretär
Der in den sozialen Medien überaus aktive Niederösterreicher (44) hat als Generalsekretär eine Schlüsselposition in der FPÖ.
Der gelernte Landmaschinentechniker zieht nach einer klassischen Polit-Karriere in seinem Heimatbundesland 2013 in den Nationalrat ein. Schon 2017 ist er im FPÖ-Verhandlungsteam dabei, als es darum geht, eine Koalition mit der ÖVP zu schmieden.
Herbert Kickl, FPÖ-Chef
Herbert Kickl, FPÖ-Chef
Michael Schnedlitz, Generalsekretär
Michael Schnedlitz, Generalsekretär
Christian Hafenecker, Generalsekretär
Christian Hafenecker, Generalsekretär
Arnold Schiefer, FPÖ-Mandatar und Ex-ÖBB-Finanzvorstand
Arnold Schiefer, FPÖ-Mandatar und Ex-ÖBB-Finanzvorstand
Susanne Fürst, FPÖ-Mandatarin und Juristin
Susanne Fürst, FPÖ-Mandatarin und Juristin
Norbert Nemeth, FPÖ-Klubdirektor
Norbert Nemeth, FPÖ-Klubdirektor
Reinhard Teufel, FPÖ-Klubobmann in Niederösterreich
Reinhard Teufel, FPÖ-Klubobmann in Niederösterreich
Später, im U-Ausschuss zu Aufarbeitung des Ibiza-Skandals, ist er ein wichtiges Bindeglied zu SPÖ und Neos, als es darum geht, den ehemaligen türkisen Regierungspartner in die Mangel zu nehmen. Zuletzt startet er wiederholt im Tandem mit Stiftungsrat Peter Westenthaler schwere Angriffe auf den ORF, den sich die Blauen zu einem ihrer Hauptgegner in Wahlkampf erkoren hatten.
Michael Schnedlitz – Generalsekretär
Als Manager des jüngsten erfolgreichen Wahlkampfs ist der Sohn des ehemaligen ÖVP-Bürgermeisters im steirischen Rinegg am bisherigen Höhepunkt seiner Polit-Laufbahn angelangt. Die politische Karriere des 40-Jährigen beginnt in Niederösterreich. Erst im Ring Freiheitlicher Jugend, dann in der Kommunalpolitik von Wiener Neustadt, wo auch sein Bruder aktiv war.
Schnedlitz, ein enger Vertrauter von Niederösterreichs FPÖ-Chefs Udo Landbauer steigt bis zum Landesparteisekretär der niederösterreichischen FPÖ auf, ehe er 2019 in den Bund wechselt, wo er bald ebenfalls die Position des Generalsekretärs bekleidet. Für Kontroversen sorgt immer wieder seine geringe Distanz zu den Identitären, die er 2022 als „eine Art NGO auf der rechten Seite“ bezeichnet.
Er gilt – trotz all der gegenseitigen Attacken in der Vergangenheit – als möglicher wichtiger Verbindungsmann zum neuen ÖVP-Chef Christian Stocker, der seinerseits derzeit noch Vizebürgermeister in Wiener Neustadt ist.
Reinhard Teufel – Niederösterreichischer Klubobmann
Als Herbert Kickl am Sonntag in die Hofburg kommt, um sich von Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Regierungsbildungsauftrag zu holen, kommt er nicht alleine, sondern wird von einem seiner engsten Mitstreiter begleitet: Reinhard Teufel.
Obwohl Klubobmann in Niederösterreich ist der 45-Jährige von allen Kickl-Vertrauten einer der öffentlichkeitsscheusten. Der Landwirt und Burschenschafter ist nicht nur Büroleiter von Kickl, sondern gilt auch als dessen privater Freund, mit dem er sich der FPÖ-Chef zu allen wesentlichen Entscheidungen eng austauscht.
Auch seine Karriere beginnt in der FPÖ Niederösterreich. 2011 wird er Büroleiter des damaligen FPÖ-Chefs Heinz Christian Strache. Unter Kickl wird er 2017 Kabinettschef im Innenministerium. Diese persönliche Verbindung bleibt auch nach Kickls Entlassung im Zuge des Ibiza-Skandals 2019 bestehen.
Teufel gilt als maßgeblicher Verbinder zur ÖVP, insbesondere nach der Landtagswahl in Niederösterreich, aus der 2023 die ÖVP-FPÖ-Landesregierung mit Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer hervorgeht.
Norbert Nemeth – Klubdirektor
Der 55-jährige FPÖ-Klubdirektor (eine Position, die er bereits seit 2006 innehat) ist eine weitere blaue Schlüsselfigur, die am liebsten im Hintergrund agiert. Auch er gehört schon 2017 dem blauen Verhandlungsteam an, das mit der ÖVP unter Parteichef Sebastian Kurz die erste türkis-blaue Regierung bildet.
Der Jurist ist federführend an der Erstellung des FPÖ-Wahlprogramms beteiligt und gehört zudem dem „Atterseekreis“ an, jenem Gesprächskreis, den der damalige Parteichef Friedrich Peter 1971 initiiert und Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner 40 Jahre später wiederbelebt.
Wie andere hochrangige Freiheitliche ist auch er Alter Herr der Burschenschaft Olympia, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder für Kontroversen sorgt – so erst Ende September, als bei der Beisetzung eines Olympen das Treuelied der SS gesungen wird. Nemeth ist wie auch die beiden Abgeordneten Harald Stefan und Martin Graf unter den Trauergästen.
Nach einer Anzeige nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung auf. Im Dezember beschließt der Nationalrat die Auslieferung von Nemeth und den beiden anderen Abgeordneten.
Arnold Schiefer – Manager
Der 58-jährige Manager sitzt ebenfalls schon 2017 im FPÖ-Verhandlungsteam und wird damals wie heute als FPÖ-Wirtschafts- oder Finanzminister gehandelt. Schiefer ist maßgeblich am FPÖ-Wirtschaftsprogramm für diese Wahl beteiligt – traditionell nicht das Kernthema seiner Partei.
Der branchenintern sehr angesehene Manager – wie so viele FPÖ-Spitzenleute ebenfalls Burschenschafter – bekleidet in der Vergangenheit eine Reihe von Spitzenpositionen bei den ÖBB – etwa als Aufsichtsratschef und als Finanzvorstand. Zudem wickelt Schiefer die Hypo-Bad-Bank Heta ab.