Die Europäische Union fordert von den Mitgliedstaaten mehr Investitionen in die Verteidigung. Die neue Regierung bekennt sich in ihrem Programm dazu, die Ausgaben werden aber durch das Budgetdefizit gedämpft.
Wir dürfen wieder Schulden machen – allerdings nur für Verteidigungsausgaben. Die Europäische Union kündigte Anfang März eine Rüstungsoffensive an und schraubt dafür auch an den Schuldenregeln: Mitgliedstaaten dürfen demnach für Investitionen in die Verteidigung die Schuldengrenze von drei Prozent überschreiten, ohne ein Defizitverfahren zu riskieren. Österreich hat diese Schwelle bekanntlich vergangenes Jahr überschritten und muss jetzt das Budget sanieren. Deshalb ist die Frage, wie viel Geld die Regierung in die Verteidigung stecken will, umso spannender.
„Rearm Europe“
„Wir leben in einer höchst bedeutsamen und gefährlichen Zeit. Ich brauche nicht zu beschreiben, wie ernst die Bedrohungen sind, denen wir ausgesetzt sind“, mit diesen Worten leitet EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Erklärung zum sogenannten „Rearm Europe“-Plan ein. Dieser sieht vor, dass die EU ihre Mitgliedstaaten mit einem Darlehen in Höhe von 150 Milliarden Euro bei den Investitionen unterstützt. Außerdem fordert die Kommissionspräsidentin, dass die Staaten ihre Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Wirtschaftsleistung, erhöhen. So könnten laut Berechnung der EU weitere 650 Milliarden Euro mobilisiert werden.
Von Österreich wird davon nur ein Bruchteil kommen, auch wenn die neue Regierung noch keine konkreten Investitionspakete angekündigt hat. Die Staatsausgaben für Verteidigung lagen laut den jüngsten Zahlen der Statistik Austria im Jahr 2023 bei 2,88 Milliarden Euro, das Bruttoinlandsprodukt betrug 473,2 Milliarden Euro. Die Verteidigungsausgaben machten demnach nur 0,61 Prozent des BIP aus. Das soll aber nicht so bleiben – sofern es die Staatskasse erlaubt.
Verteidigungsausgaben sollen massiv erhöht werden
Im Regierungsprogramm bekennt sich die Dreiparteienkoalition zum Aufbauplan „Unser Heer 2032+“, mit dem die alte und neue Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ein Budget von 16 Milliarden Euro für vier Jahre ab 2023 zugesichert hat. Dieser Aufbauplan soll aber „evaluiert und an die konkreten finanziellen und personellen Rahmenbedingungen angepasst“ werden. Es könnte also sein, dass die geplanten Ausgaben angesichts des Haushaltslochs reduziert werden. Langfristig will die neue Regierung die Verteidigungsausgaben aber bis 2032 auf zwei Prozent des BIP erhöhen. Bei einem angenommenen BIP von 500 Milliarden Euro im Jahr 2032 würden also zehn Milliarden Euro in die Verteidigung fließen.
Mit dem Zwei-Prozent-Ziel liegt Österreich sogar über den Forderungen der EU, allerdings strebt die EU das 1,5-Prozent-Ziel in den nächsten vier Jahren an. Momentan entsprechen Österreichs Ausgaben nicht einmal der Hälfte des vorgesehenen BIP-Anteils, bei den gesamten Staatsausgaben machte die Verteidigung 2023 einen Anteil von 1,2 Prozent aus, etwa gleich viel wie die Ausgaben für Umweltschutz.
Das Geld soll laut dem Regierungsprogramm in den nächsten Jahren vor allem in die Beschaffung von Maschinen für die Luftraumsicherung „Sky Shield“ und in Nachfolgeflugzeuge der Eurofighter fließen. Außerdem wollen ÖVP, SPÖ und Neos in Personal investieren, die Bezahlung im Grundwehrdienst erhöhen und den Frauenanteil im Heer steigern.
Österreich ist mit seiner Neutralität und als Nicht-NATO-Mitglied nur ein kleiner Akteur in der europäischen Verteidigung. Die EU-Offensive könnte aber laut Beobachter:innen die europäische Sicherheitspolitik entscheidend verändern und den Mitgliedstaaten mehr Engagement abverlangen, womit auch Österreich mehr Verantwortung übernehmen müsste.
Elisabeth Oberndorfer schreibt jede Woche eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.
Dir hat dieser Beitrag besonders gut gefallen oder du hast Hinweise für uns – sag uns deine Meinung unter [email protected]. Willst du uns helfen, unser gesamtes Produkt besser zu machen? Dann melde dich hier an.
Infos und Quellen
Daten und Fakten
-
2023 gab Österreich 2,88 Milliarden Euro für die Verteidigung aus.
-
Das Verteidigungsministerium sicherte dem Bundesheer 2022 16 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren zu. Wie viel davon tatsächlich fließen wird, ist noch unklar.
-
Die EU stellt den Mitgliedstaaten einen Fonds in Höhe von 150 Milliarden Euro für Rüstung und Verteidigung zur Verfügung.
Quellen
Das Thema in anderen Medien
Der Standard: EU-Sondergipfel könnte Europas Militär- und Sicherheitspolitik im Kern verändern