Anna (ihr Name wurde geändert) ist Anfang zwanzig, zierlich – und sie war eine Frau in einer Männerdomäne. Genaugenommen bei der Polizei. Als Frau hat sie Sexismus männlicher Kollegen erlebt, Überstunden gehörten zur Tagesordnung. Bis es ihr zu viel war: Anna hat die Uniform an den Nagel gehängt – und die Polizei eine Idealistin verloren.
Diese Podcast-Folge der WZ „Warum ich nicht mehr Polizistin bin“ ging vor wenigen Wochen online. Das Feedback – vor allem von Ex-Kolleg:innen – war enorm. „In jedem Raum, den man betreten hat, wurde man gemustert, die Figur wurde offen von Kollegen kommentiert. Auch sexuelle Belästigungen waren in gewissem Sinn normal und wurden meist aus Angst vor Folgen nicht gemeldet“, schreibt etwa eine Ex-Kollegin Annas.
Einige unterstützen allerdings auch die Kolleg:innenschaft bei der Polizei und teilen Annas Erfahrungen nicht. So etwa eine weitere Ex-Kollegin: „Sehr schade, dass es nicht auch möglich ist, die Polizistinnen zu einem Gespräch zu holen, die sich in diesem Job durchgesetzt haben, jeden Tag eine tolle Leistung bringen und eine Bereicherung für die Polizei sind.“ Ganz generell wird eine geringe Solidarität unter den Frauen angeprangert. „Diese traurige Erkenntnis musste ich auch machen“, heißt es in einer Zuschrift. Die Ex-Kollegin solle sich die „dummen Kommentare“ jedenfalls nicht zu Herzen nehmen.
Die WZ-Hosts Petra Tempfer und Mathias Ziegler haben alle Social-Media-Kommentare und Zuschriften für euch gesammelt, führen durch diese Folge und und lesen euch daraus vor.
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Infos und Quellen
Genese
Nachdem das Feedback auf unsere Podcast-Folge „Warum ich nicht mehr Polizistin bin“ enorm war, haben die WZ-Hosts Petra Tempfer und Mathias Ziegler die Social-Media-Kommentare und Zuschriften gesammelt, um euch eine Auswahl zu präsentieren.
Gesprächspartnerin
Die Gesprächspartnerin des ursprünglichen Podcasts „Warum ich nicht mehr Polizistin bin“, auf die sich das Feedback bezieht, ist Anna (die in Wirklichkeit anders heißt). Nach der AHS-Matura war sie lang in verschiedenen Ländern der Erde unterwegs, ehe sie sich für die Polizeischule bewarb. Insgesamt vier Jahre hat sie bei der Polizei gearbeitet, bis sie gekündigt und umgesattelt hat. Jetzt macht sie die Ausbildung zur Physiotherapeutin, dazwischen hat sie als Betreuerin in einem Kindergarten gejobbt.
Daten und Fakten
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Der Frauenanteil bei der Polizei beträgt derzeit etwa 30 Prozent – in der Führungsebene sind es allerdings nur zehn Prozent. Im Führungskräftelehrgang „Erfolgreich Führen“ für Bedienstete aus dem Exekutiv- sowie dem Verwaltungsbereich sind immerhin 43 Prozent weiblich, berichtet das Innenministerium. In der Grundausbildung liegt der Frauenanteil derzeit bei 38 Prozent, manche Klassen seien sogar mehrheitlich weiblich. Die Drop-out-Quote wird mit neun Prozent beziffert.
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Zum Thema Sexismus ist es schwierig, konkrete Zahlen zu bekommen, weil es vermutlich eine hohe Dunkelziffer gibt. Seitens der Personalvertretung ist die Rede von „einigen Fällen“, die bekannt seien, „aber Polizisten sind wohl nicht sexistischer als andere Männer“.
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Was Sexismus im Job insgesamt betrifft, hat die Arbeiterkammer Wien in ihrer Arbeitsrechtsberatung in den vergangenen Jahren eine starke Zunahme von sexueller Belästigung verzeichnet. Stark betroffen sind grundsätzlich die Dienstleistungsbranchen, insbesondere der Tourismus, der öffentliche Verkehr und die Pflege. Die AK Wien, die Gewerkschaft vida und die Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien arbeiten deshalb gemeinsam an einem Schutzkonzept.
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Zum im Podcast ebenfalls angesprochenen Personalmangel: Laut Innenministerium wurde im Jahr 2024 mit rund 32.000 Polizist:innen in Österreich ein neuer Höchststand erreicht, etwa 2.500 Neuaufnahmen sind geplant. Trotzdem fehlen laut der Gewerkschaft mehrere tausend Polizist:innen, was vor allem bei den Überstunden zu spüren ist: Insgesamt zehn Millionen Überstunden wurden im Jahr 2023 verzeichnet – das wären pro Kopf im Durchschnitt 23 Überstunden im Monat. Allerdings leisten Innendienst und Sonderabteilungen weniger Überstunden, sodass diese Durchschnittszahl wenig Aussagekraft hat. Laut Personalvertretung kommt zum Beispiel der Streifendienst in einem Hotspot wie Wien-Favoriten zum Teil auf 50 bis 100 Überstunden pro Monat.
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Die Problematik des Personalmangels sei nicht neu, sondern seit Jahrzehnten bekannt, so die Gewerkschaft. Denn vor 40 Jahren gab es ebenfalls ein Personalproblem, und damals wurden viele neue Polizisten (Frauen gibt es erst seit 1991 im Streifendienst) aufgenommen – und die gehen jetzt in Pension. „Die Polizeiinspektionen sind leer, dort fehlen zwischen 30 und 40 Prozent an Personal“, warnt die Personalvertretung. Auch, weil es so viele Austritte aus dem Aktivbereich gibt wie noch nie. „Früher war das ein Einzelfall, jetzt bekommen wir täglich solche Nachrichten“, heißt es auf Nachfrage der WZ.
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Seit Juni läuft dazu ein Volksbegehren „Polizei – kritischer Personalmangel“. Dessen Text lautet wörtlich: „Seit Jahrzehnten wird die Polizei in Österreich systematisch ausgedünnt und dezimiert. Auch geschönte Statistiken ändern nichts daran, dass vor allem in Wien, letztendlich aber in ganz Österreich, immer weniger Personal, sprich Exekutivbedienstete, zur Verfügung stehen. Durch ein Bundes-Verfassungsgesetz muss eine von der Wohnbevölkerung abhängige Mindestzahl an Polizisten:innen sichergestellt sein, was zu einer Aufstockung der Exekutive um mindestens 25% führt, sowie leistungsgerechte Gehälter.“
Quellen
Das Thema in der WZ
Podcast: Warum ich nicht mehr Polizistin bin